Künstliche Intelligenz im Hochbau und Tiefbau

Das Kürzel KI könnte Künstliche Intelligenz oder Konstruktiver Ingenieurbau bedeuten, vielleicht auch beides, potenziert und leistungsstark.

Das Kürzel KI könnte Künstliche Intelligenz oder Konstruktiver Ingenieurbau bedeuten, vielleicht auch beides, potenziert aber das Bauen, das Bauwesen und den Ingenieurbau,

Künstliche Intelligenz bietet die Chance, besser, effizienter, schlanker und leichter zu bauen. Allerdings braucht es letztlich geniale Menschen, die die Kontrolle übernehmen und gestalten wollen.

Künstliche Intelligenz (KI) respektive Artificial intelligence (AI) stehen derzeit in aller Munde. Obwohl Chat GPT natürlich nicht die Menschheit in Frage stellen wird, stehen weitreichendere Einsatzformen von Künstlicher Intelligenz am Horizont. Etwa komplexe Entscheidungsfindungen, auch im Krisenfall und Ernstfall, die durch Künstliche Intelligenz vermeintlich „gerechter“ ausfallen sollen, in dem Bewusstsein, dass künstliche Intelligenz vollkommen amoralisch ist. Vielfach geht es gar nicht um „gerechtere“ Lösungen, sondern einfach darum, dass sich bei sehr grenzwertigen Entscheidungen möglichst kein Mensch die Finger schmutzig machen will.

Das Positive an der Debatte rund um KI ist, dass endlich wieder philosophische Debatten über das Menschsein geführt werden, aber auch notwendige Grenzen der Technik im Raum stehen. Die Grenzen fallen, wie so oft, sehr subjektiv aus.

Das Bauwesen, das viele Innovationen nur am Rande des Geschehens mittragen kann, wird über Wohl oder Übel natürlich auch von künstlicher Intelligenz tangiert werden. Planungen sind heute extrem komplex. Unzählige technische und wirtschaftliche Anforderungen müssen unter einen Hut gebracht werden. Von der baulichen Anordnung zur Infrastrukturanbindung, von der Grundstückswahl zu den immobilienwirtschaftlichen Prognosen, von der Hochbauplanung mit dem konkreten Blick auf die potentiellen Bewohner und deren Anforderungen – am besten in Echtzeit -, von der Bauausführung zur Baufertigstellung, von den Nachhaltigkeits-Kriterien zur Energieversorgung, von der Langlebigkeit zur Umbaubarkeit und Rückbaubarkeit: Diese extrem umfangreichen und vielfach sich widersprechenden Projektziele, die sich auch noch laufend und dynamisch ändern (sollen), sind kaum noch durch nicht-künstliche Intelligenz handzuhaben.

Letztlich muss eine Entscheidung getroffen werden, die alle diese Anforderungen bestmöglich und vielleicht auch noch probabilistisch abdeckt. Die Potentiale für künstliche Intelligenz sind – theoretisch betrachtet – unbegrenzt. Aber auch die Herausforderungen und Grenzen.

Mit BIM (Building Information Modeling) sollen bereits heute weitreichende Fortschritte erzielt werden, doch hängt der zu erzielende Erfolg von zahlreichen Entscheidungen ab, die noch nicht einmal die digitale Welt betreffen, etwa unser Zugang zu einer integrativen Planung.

Die parametrische Planung, die einzelne Parameter im Rahmen der Planung und Modellierung so lange variiert, bis endlich zufriedenstellende Lösungen erzielt werden, liefert hingegen konkrete Ansätze, an denen sich die künstliche Intelligenz abarbeiten kann. Generatives Design ist ein Verfahren, bei dem zahlreiche Varianten für einen Entwurf erkundet werden. Umso mehr Varianten und Daten, umso mehr Handlungsansätze für die KI.

Das intelligente und generative Design ist vor allem auch in der Tragwerksplanung darauf bedacht, mit weniger Materialeinsatz im Sinne des Leichtbaus die „besseren“ Bauwerke zu schaffen. Auch heute noch ist das Verhältnis von Nutzlasten zu Eigenlasten und Ständigen Lasten im konventionellen Hochbau denkbar schlecht und etwa im Fahrzeugbau deutlich effizienter ausgelegt. Daran gilt mittelfristig zu arbeiten.

Aber auch abgesehen vom „intelligenten“ Design kann künstliche Intelligenz die allfälligen Fragestellungen zu den Themen Probabilistik und Sicherheits-Niveau neu beantworten. Nicht nur im Hochbau, also auf das Bauwerk selbst bezogen, sondern vor allem auch im Umgang mit Naturgefahren, indem natürliche Extremereignisse dynamisch in Relation zu Schutzbauwerken wie Hochwasser oder Rutschungen gesetzt werden, aber auch Auswirkungen von natürlichen Ereignissen auf Bauwerke realistischer erfasst werden.

Auf der anderen Seite sammeln Unternehmen grenzenlos Daten in der Hoffnung, diese Daten irgendwann einmal im Sinne von Big Data profitabel auswerten zu können. Die datenschutzrechtlichen Problemstellungen liegen auf der Hand.

In der Bauausführung liefern digitale Begehungen durch Menschen mit digitalen Endgeräten, aber auch durch Drohnen zahlreiche auswertbare Informationen in Echtzeit. Indem Drohnen potentielle Problemfälle „erkennen“, sind intelligentere Untersuchungen möglich. Abgesehen von Hochbauten eröffnen sich dadurch auch weitreichende Möglichkeiten für Untersuchungen und Analysen im unwegsamen Gelände bei Infrastrukturprojekten. Sensoren an Baumaschinen ermöglichen einen zunehmend effizienteren Einsatz sowie umfangreiche Auswertungen zum optimierten Einsatz der Maschinen, aber auch zur Wahl der richtigen Methode, etwa beim Thema Bodenmechanik und Grundbau.

Zunehmend kommen aber auch Sensoren in entstehenden oder fertigen Gebäuden für Verformungen, Setzungen, Baugrundbewegungen, Erschütterungen, Feuchteeindrang, Temperaturverhalten oder Energieverbrauch zum Einsatz, die eine Vielzahl an Daten sammeln, die in der Folge sinnvoll zugänglich gemacht werden sollen, ähnlich den vielen Anzeigen an einer Maschine oder in einem Fahrzeug, und die zielgerechte Maßnahmen in Echtzeit möglich machen sollen.

Auf die Entscheidung im Ernstfall kommt es an – diese liegt dann aber an den Menschen. Wenn dann alles optimal dokumentiert und analysiert ist, kommt es auf menschliche Handlungen an, die kohärent, aber auch konstruktiv sein müssen.

Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind aber natürlich gerade im Bereich Produktion, Vorfertigung und serieller Anfertigung, etwa im modernen Holzbau, sinnvoll, umfasst aber die gesamte Materialtechnologie und Materialoptimierung bis hin zur integrativen Design-Optimierung.

Letztlich muss am Horizont das genial konzipierte und genial vernetzte Bauwerk stehen. Der Weg in Richtung Apple und Tesla ist möglich, aber auch weit. Vor allem, weil das Bauwesen nicht auf Serienanfertigung ausgerichtet ist, sehr wohl aber zunehmend auf ganzheitliches Design-Thinking mit dem Ziel, intelligente Gebäude zu verwirklichen, die die Natur integrieren und vielleicht auch weiter denken. Ganz am Ende stehen in unserer Vision Bauwerke, die uns als Nutzer das Leben einfacher machen, sich vielleicht auch an uns anpassen und von uns lernen.

Ob künstliche Intelligenz oder künstliche Dummheit, ob natürliche Dummheit oder natürliche Intelligenz: Es kommt immer auf agile soziale Organisationsformen an, die in einer dynamischen Welt über Erfolg oder Nicht-Erfolg entscheiden.

Innovation ist ein Wachstumstreiber und wir können uns gar nicht keine Innovation leisten. Künstliche Intelligenz nimmt uns viel Aufwand ab, um resilientere und bessere Umgebungen zu verwirklichen, doch souverän entscheiden müssen wir selbst.