Baugruben im Wasser: Grenzen und Gefahren

Baugruben müssen in der Regel trocken gehalten werden. Oberflächenwasser und Grundwasser müssen folglich abgeführt, abgesenkt oder abgesperrt werden. Unter Wasserhaltung werden grundsätzlich Verfahren bezeichnet, die den natürlichen Grundwasserspiegel absenken.

Baugruben müssen in der Regel trocken gehalten werden. Oberflächenwasser und Grundwasser müssen folglich abgeführt, abgesenkt oder abgesperrt werden. Unter Wasserhaltung werden grundsätzlich Verfahren bezeichnet, die den natürlichen Grundwasserspiegel absenken. Wasserhaltungsmaßnahmen könne offen oder geschlossen sein:

  • Offene Wasserhaltung: Es werden Entwässerungsgräben angelegt und das Wasser in einem Pumpensumpf, der tiefer gelegen ist, abgepumpt, sodass eine trockene Baugrube ermöglicht wird. Bei größeren Durchflussmengen stößt die Methode an ihre Grenzen.
  • Geschlossene Wasserhaltung: Es werden Brunnen angelegt, sodass der Grundwasserspiegel abgesenkt wird. Die Grundwasserabsenkung kann im umliegenden Gelände durch den wegfallenden Auftrieb Setzungen verursachen.

Weiters gibt es folglich die Möglichkeit, Sperren zu errichten, die etwa in Form von Spundwänden ausgeführt werden und in Kombination mit der offenen Wasserhaltung das abzuführende Wasser begrenzen. Die Trogbauweise bezeichnet neben Absperrwänden auch eine sperrende Ausführung der Sohle.

Bei schluffigen oder feinsandigen Böden reicht die Schwerkraftentwässerung nicht mehr aus und es sind Maßnahmen in Richtung Unterdruckentwässerung zu setzen.

Es ist in der Baupraxis alles andere als einfach, die Grundwasserverhältnisse sowie die Grundwasserschwankungen und Grundwasserströmungen in einem vorhandenen Boden abzubilden. In der Praxis werden folglich Annahmen getroffen und in der Folge Strömungsnetze modelliert, bei denen die Filtergeschwindigkeit nach dem Gesetz von Darcy angenommen wird.

Aus geotechnischer Sicht wirft das Bauen im Grundwasser natürlich immer Schwierigkeiten auf. Einerseits wird in den ökologischen und geologischen Haushalt eingegriffen. Andererseits steht der Boden teilweise unter Auftrieb, wobei ein Strömungsdruck entstehen kann, der im hydraulischen Grundbruch endet. Baugrubenwände müssen folglich entsprechend tief ausgeführt werden, um das hydraulische Gefälle zu reduzieren. Zudem werden Belastungsfilter aufgebracht, welche folglich nicht durch die Durchströmung beeinträchtigt sind. Aufwändiger sind wasserdichte Sohlen, die unter Umständen verankert sind. In der Baugrube werden Überlaufbrunnen und Pumpbrunnen angeordnet.

Die Anströmung der Bodenoberfläche bezeichnet die äußere Erosion oder die Kolmation als Selbstabdichtung durch Kornumlagerung. Die Kontakterosion findet im Übergang verschiedener Böden statt. Dabei wird das Material, das an die durchlässige Schicht angrenzt, ausgewaschen.

Der Korntransport im Inneren eines durchströmten Bodens bezeichnet die Suffosion oder innere Erosion.

Die Suffosion ist ein örtlicher Auswaschungsprozes feiner Fraktionen ungleichförmiger nichtbindiger Böden durch die Strömung. Dabei bleibt die grobkörnige Matrix erhalten. Es werden der Porenraum und entsprechend die Strömung vergrößert.

Der Erosionsgrundbruch oder Piping ist hingegen eine rückschreitende Erosion und kommt in vorhandenen Lockerzonen, in Sandadern in schwach bindigen Bodenschichten (welche eine Durchströmung ermöglichen) sowie in Hohlräumen, die durch Bohrungen entstehen, vor [1]. Das Bodenmaterial wird im Zuge des Erosionsgrundbruchs ausgespült. Damit es zum Piping kommt, der vom Austrittspunkt ausgeht, muss das hydraulische Gefälle entsprechend hoch sein. Das Piping ist eine Sonderform der Suffosion an Böschungsfüßen.

Derartige Versagensmechanismen kündigen sich in der Baugrube durch Quellbildung mit Bodenkörnern an. Kiesfilter verhindern die Bodenausspülung. Im Ernstfall kann das Fluten der Baugrube erforderlich werden. Gegenmaßnahmen sind Filtereinbau auf der Unterwasserseite, Tiefenrüttlung oder die Grundwasserabsenkung.

„Der Grundwasserdurchfluss im Boden wird bei einer gegebenen Grundwasserströmung nur im homogenen und isotropen Boden eine gleichmäßige Verteilung aufweisen. Bei Anisotropien im Boden oder Baugrund (Variation im Korngefüge bei Kornform, Korngröße, Anlagerungsweise, Lagerungsdichte, Porosität und Durchlässigkeit im Sediment, Gestein oder Verwitterungsboden, tektonischer Beanspruchung oder Auflockerung in Gesteinen und Böden, Ungleichmäßigkeiten im künstlich aufgefüllten Baugrund, Risse, Klüfte, Wühlgänge, Wurzeln, Bohr- und Sondierlöcher, aufgelassene Dränagen und Rohrleitungen, Grabenfüllungen mit unzureichender Verdichtung, Lösungshohlräume) wird sich der Wasserdurchfluss in diesen Schwächezonen verstärken. Dabei kann es zum Austragen von Bodenmaterial kommen, wodurch das hydraulische Gefälle ständig anwächst und in Verbindung mit der Erosion zur Ausbildung von röhrenartigen Hohlräumen führt. Erreicht dieser röhrenartige Kanal freies Oberwasser und somit ungehinderten Zufluss, so führt das zuschießende Wasser zur verstärkten Erosion in den Wänden des Kanals. In kurzer Zeit können große Bodenmengen ausgespült werden und zum Erosionsgrundbruch und zur Zerstörung des Bauwerkes führen“ [2].

Die Erfassbarkeit ist aber auch ernüchternd: „Die Gefahr des Erosionsgrundbruches ist statisch und rechnerisch nicht zu erfassen. Sie ist bei lockeren Feinsanden und sandigen Grobschluffen sowie bei großem Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasserspiegel besonders gegeben. Bei feinkörnigeren Böden besteht diese Gefahr nicht. Liegt kein Oberwasser vor und entwickelt sich ein Erosionsgrundbruch nur aus dem Grundwasser heraus, so ist die Fortbildung des beginnenden Erosionsgrundbruches bis zur Katastrophe nur möglich, wenn ausreichende Wassermassen im Baugrund gespeichert sind und diese schnell ausfließen können. Dies ist allgemein nicht der Fall. Die von der Unterwasserseite aus fortschreitende Schlauchbildung läuft sich im Untergrund tot. Das geologische Baugrundgutachten wird beim Beschreiben des Bodens auf mögliche Inhomogenitäten und Anisotropien im Baugrund eingehen und diese im Hinblick auf den Erosionsgrundbruch diskutieren“ [2].

Für die Erosions- und Suffosionsanfälligkeit müssen meist drei Kriterien erfüllt sein [3]:

1. Die Körner der feinen Fraktion müssen klein genug sein, um durch die Porenengstellen der gröberen Fraktion zu passen.

2. Der Anteil der feinen Fraktion muss so gering sein (<30–40 %), dass die Zwischenräume der gröberen Fraktion nicht ausgefüllt werden.

3. Die Filtergeschwindigkeit muss hoch genug sein, um die Feinanteile in der gröberen Fraktion zu bewegen.

Für die Praxis ergibt sich in der Nähe des Dammes, dass im Falle einer Sickerlinie mit klarem Wasser zumindest Vorkehrungen zu treffen sind. Bei trübem Wasser ist schnelles Handeln notwendig: Sofortige Auflasten, das Anlegen eines Deichs zum Abfangen von Drainagewasser sowie sofortiger Dammbau im Hinterland. Der Qualmdeich erzeugt ein Gegengewicht, welcher die Standfestigkeit des Hauptdeiches erhöht.

Grundsätzlich ist gegen Erosionsgrundbruch bzw. Piping ein ausreichend dicker Stufen- oder Mischkiesfilter oder ein geotextiler Filter mit Schotterkies aufzulegen. Um die innere Erosion zu vermeiden, sind die Filterkriterien sowie das hydraulische Kontakterosionskriterium einzuhalten, wonach der vorhandene Gradient geringer sein muss als der kritische. Um Suffosion zu verhindern muss der hydraulische Gradient limitiert werden.

Bei Baugruben macht die Anforderung an den hydraulischen Grundbruch sowie an den Erosionsgrundbruch relativ tiefe Wandausführungen notwendig.

Literatur:

[1] Gerd Möller: „Geotechnik – Grundbau“, Ernst und Sohn Verlag, Hoboken 2016

[2] Wolfgang Dachroth: „Handbuch der Baugeologie und Geotechnik“, Springer Verlag, Berlin 2017

[3] Helmut Prinz und Roland Strauß: „Ingenieurgeologie“, Springer Spektrum, Berlin 2017

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