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Steinschlag und Felssturz

Aktive Maßnahmen im Bereich von Felssturz und Steinschlag setzen am Ursprung der Naturgefahr an, während passive Maßnahmen am Ort der Schutzgüter schützend wirken.

Felssturz- und Steinschlagereignisse scheinen zuzunehmen. Faktisch wirken heftige Niederschlagsereignisse treibend. Vergegenwärtigt wird uns dadurch die Fragilität unserer gebauten Umwelt. Insbesondere in einem alpinen Land wie Südtirol, wo zahlreiche Dörfer, Straßen und Bauwerke am Fuße von Steilhängen angeordnet sind, ergeben sich vielfältige Risiken, die bewertet werden müssen, um konkrete Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Begrifflich wird wie folgt unterschieden [3]:

Steinschlag: Aus der Wand fallen Gesteinsstücke in der Größe von Mittelkies, Grobkies, Steinen oder kleineren Blöcken.

Blocksturz: Aus Fels- oder Steilwänden im kohäsiven Lockermaterial (Moräne, Verwitterungslehm mit Steinblöcken aus der Wollsack- verwitterung, Hangschutt) können einzelne Blöcke herausfallen.

Eissturz: Durch Gletscherbewegung können aus Gebirgsgletschern Eismassen abbrechen und abstürzen.

Erdsturz: Steilwände im Lockermaterial (Sandgruben, Kiesgruben, Baugruben, Schürfgruben, Gräben, Steilküsten) können plötzlich ausbrechen, und zusammenhängende Erdmassen (Erdschollen) können abstürzen.

Felssturz: Das Ausbrechen zusammenhängender Felspartien aus der Fels- wand wird als Felssturz bezeichnet. Die Felsmasse löst sich längs einer oder längs sich verschneidender Abrissflächen. Im Fels bleibt eine Abrissnische zurück. Die stürzenden Massen zerbrechen beim Aufprall.

Bergsturz: denen größere Teile einer Bergkuppe oder Bergwand abbrechen und abstürzen, werden als Bergsturz bezeichnet. Die Berg- sturzmasse geht in aller Regel aus einer gleitenden Bergmasse hervor.

Aktive Maßnahmen setzen am Ursprung der Naturgefahr an, während passive Maßnahmen am Ort der Schutzgüter schützend wirken.

Aktive Sicherungsmaßnahmen haben den Zweck, die Massen zurück zu halten. Die konkreten Maßnahmen umfassen:

  • Felsabtrag: Felsabtrag und Abflachung, um übersteile Geländesprünge zu entschärfen. Zudem können diese durch Geländeauffüllung gestützt werden.
  • Entwässerung: Durch Entwässerungssysteme, wie Drainageleitungen und -gräben, wird das Wasser kontrolliert abgeleitet, um die Stabilität des Hangs zu verbessern.
  • Stützmaßnahmen: Vorbau von Stützkonstruktionen und Sicherung durch Stützknaggen
  • Injektionen: Durch das Injizieren von Zement oder anderen stabilisierenden Materialien in Risse und Spalten im Gestein kann die innere Struktur des Hangs gestärkt und die Stabilität verbessert werden.
  • Netzverhängung: Diese besteht darin, lose oder instabile Felsbereiche mit Drahtnetzen oder Gittern abzudecken und zu sichern. Diese Netze verhindern, dass kleinere Steine und Felsen herabfallen, und tragen dazu bei, die Erosion zu verringern.
  • Spritzbeton: Der bewehrte Spritzbeton, der im Normalfall rund 15 cm dick ist, wirkt der Entfestigung des Hanges entgegen und geht eine Verbundwirkung mit dem Boden ein. Zudem wird das Eindringen von Wasser verhindert.
  • Vernagelung: Nägel sind lange Stahlstangen oder -rohre, die schräg in den Hang oder die Felswand eingebracht werden, um das lockere Gestein zu fixieren und die Stabilität zu erhöhen.
  • Verankerung: Felsanker sind Stahlstangen oder -seile, die in den Fels eingebracht, verankert und vorgespannt werden, um lose oder instabile Felsblöcke zu stabilisieren und zu sichern. Sie helfen, Spannungen im Gestein zu reduzieren und die Struktur des Hangs zu festigen

Passive Schutzmaßnahmen bei Felssturz und Steinschlag sind Vorrichtungen und Methoden, die dazu dienen, die Auswirkungen von herabfallenden Felsen und Steinen auf Menschen, Gebäude, Straßen und andere Infrastrukturen zu mindern, ohne den eigentlichen Felssturz oder Steinschlag direkt zu verhindern:

  • Steinschlagschutznetze: Steinschlagschutznetze werden an Hängen installiert, um herabfallende Steine aufzufangen und abzubremsen, bevor sie die darunter liegenden Bereiche erreichen. Diese Netze bestehen oft aus hochfesten Stahldrähten und können in verschiedenen Stärken und Konfigurationen ausgeführt werden, je nach den spezifischen Anforderungen des Standortes.
  • Schutzdämme: Schutzdämme sind künstlich errichtete Erdwälle oder Betonwände, die den Aufprall von Felsstürzen und Steinschlägen abfangen und die Bewegungsenergie der herabfallenden Massen aufnehmen. Auffangbecken sind speziell gestaltete Vertiefungen im Gelände, die herabfallendes Material sammeln und verhindern, dass es weiter bergab rollt oder rutscht.
  • Steinschlagschutzwände: Diese Wände sind massive Barrieren, die in gefährdeten Bereichen errichtet werden, um herabfallende Steine zu stoppen. Sie bestehen in der Regel aus Beton oder Stahl und werden häufig entlang von Straßen oder Eisenbahnstrecken installiert.
  • Galerien und Tunnels: Galerien und Tunnels sind Überbauungen oder Unterführungen, die schutzbedürftige Infrastrukturen wie Straßen und Eisenbahnstrecken abdecken. Diese Strukturen leiten fallendes Gestein sicher über die gefährdeten Bereiche hinweg.
  • Fangzäune: Fangzäune sind ähnliche wie Steinschlagschutznetze, jedoch mit zusätzlichen Verstärkungen und starren Elementen. Sie werden oft entlang von Verkehrswegen installiert, um herabfallende Steine abzufangen und zu bremsen.
  • Erdrutschbarrieren: Barrieren werden errichtet, um größere Massenbewegungen wie Erdrutsche und Felsstürze zu stoppen oder umzuleiten. Sie können aus Beton, Stahl oder sogar aus natürlichen Materialien wie Holz bestehen.
  • Monitoring-Systeme: Obwohl sie eher als Teil der Überwachungsmaßnahmen betrachtet werden können, tragen Monitoring-Systeme indirekt zum passiven Schutz bei. Durch die Überwachung von Bewegungen und Veränderungen im Fels können Frühwarnungen ausgegeben werden, die es ermöglichen, gefährdete Bereiche rechtzeitig zu evakuieren oder zu sichern.

Literatur:

[1] Helmut Prinz und Roland Strauß: „Ingenieurgeologie“, Springer Spektrum, Berlin 2017

[2] Jürgen Suda und Florian Rudolf-Miklau: „Bauen und Naturgefahren – Handbuch für konstruktiven Gebäudeschutz“, Springer, Wien New York 2011

[3] Wolfgang Dachroth: „Handbuch der Baugeologie und Geotechnik“, Springer Verlag, Berlin 2017

[4] Konrad Bergmeister, Jürgen Suda, Johannes Hübl, Florian Rudolf-Miklau: „Schutzbauwerke gegen Wildbachgefahren – Grundlagen, Entwurf und Bemessung, Beispiele“, Ernst und Sohn Verlag, Berlin 2009