Im historischen Baukontext – und nicht nur dort, sondern durchaus auch bei modernen Bauaufgaben – ist das Bundwerk im alpenländischen Bauen ein charakteristisches gestalterisch-ästhetisch-konstruktives Element, das so manchem Bauernhof oder landwirtschaftlichem Wirtschaftsgebäude das typische Aussehen gibt. Oft fälschlicherweise als „Fachwerk“ bezeichnet, wird durch diese Fehlinterpretation dem gestalterischen sowie konstruktiv-statischen Anspruch als Bundwerk nicht Rechnung getragen.
Während es beim Fachwerk statisch darum geht, unverschiebliche Dreiecke zu bilden und die Kräfte stabförmig in Zug- und Druckstäbe aufzuteilen, besteht das Bundwerk in einer Holzständerbauweise. Durch Schräghölzer, die so genannten Kopf- und Fußbänder sowie über Andreas-Kreuze wird die Konstruktion konstruktiv ausgesteift. Die Knoten sind traditionell formschlüssig ausgeführt und über Holzdübel gesichert.
Zu datieren ist das Bundwerk ab dem 17. Jahrhundert [1]. Diese Datierung resultiert durchaus aus der barocken Baukunst mit ihrer Überschwänglichkeit und dem Hang zur gestalterischen Theatralik. Im Alpenraum – und speziell im bayrischen Kulturraum – kommt die hohe handwerkliche Fertigungskunst hinzu, die in dem Können, das Holz konstruktiv in die Gestaltungsaufgabe einzugliedern, die Perfektion und auch die „Freiheit“ findet, über das Notwendige hinaus gestalterisch zu wirken.
Grundsätzlich gibt es innerhalb des bayrischen Kulturraumes zwei verschiedene Varianten:
- Der ostbayrische Typ: Dieser Bundwerk-Typ bezieht sich auf die ostbayrischen Vierseithöfe, wie sie im östlichen Bayern sowie in Oberösterreich vorzufinden sind. Die Ernte wurde nicht im obersten Geschoss gelagert, sondern grundsätzlich in eigenständigen Wirtschaftsgebäuden, sodass sich aus der Ständerbauweise durch gitternetzartige Verschließung das Bundwerk ostbayrischen Typs ergibt.
- Der tirolische Typ: Entwickelt hat sich dieser Typ aus offenen Dachstühlen, wo vielfach die Ernte eingelagert wurde. Der Giebel war in der Regel von der Wetterseite abgewandt und besteht aus einem Giebelbinder, der über Bundwerkskonstruktionen ausgesteift ist. Anders als beim ostbayrischen Typ mit seiner netzartigen Struktur bestehen die Wandkonstruktionen aus Kopfbändern, Fußbändern und Auskreuzungen.
Der tirolische Bundwerkstyp findet sich in der ländlichen Bauweise in Tirol inklusive Südtirol, in Vorarlberg sowie im Flachgau und kennzeichnet das bodenständige Bauen. Wichtiger als nur das Erkennen eines Symbols für bodenständiges oder vernakuläres Bauen ist die baukulturelle Einordnung in den bayrischen Kulturraum, der irgendwo in Südtirol und vereinzelt vielleicht auch weiter südlich seine geographischen Ausläufer kennt.


Literatur:
[1] Günther Knesch: „Das Bundwerk – meisterhafte Bautechnologie des 19. Jahrhunderts“ in „Kultur & Technik“, Deutsches Museum, 9. Jahrgang, Heft 2, München 1985
[2] Paul Werner: „Das Bundwerk in Bayern – Die schönste Zimmermannskunst der bäuerlichen Baukultur“, Verlag Anton Plenk, Berchtesgarden 2000
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