Weiterbauen an der Natur – Werner Sobek und der Holzbau

Werner Sobek relativiert das ökologische Bauen mit Holz, indem er unterstellt, dass ein neu gepflanzter Baum – aufgrund der Altersstruktur – weit weniger zum Klima beiträgt, als der gerodete. Eine kritische Auseinandersetzung.

Bauen mit der Natur und Weiterbauen an der Natur sind – zu Recht – notwendige Schwerpunktsetzungen des zeitgenössischen Bauens. Die Anfänge sind gesetzt, noch ist allerdings vieles nur Fassade und reicht nicht an den Kern der Dinge heran. Künftig ist das ökologische Bauen um ein Vielfaches weiter zu treiben.

Anregungen kommen von Werner Sobek. Der Bauingenieur Werner Sobek deklariert die Natur als das Maß aller Dinge: „Non deus neque homines neque pecunia mensura sunt. Nicht ein Gott und nicht der Mensch und auch kein Mammon sind für uns das zukünftige Maß der Dinge. Die Erhaltung einer intakten Natur ist oberste Aufgabe, denn ohne eine intakte Natur gibt es keine Grundlage für menschliches Leben. Unser Leben und Handeln muss an einer neuen Angemessenheit und an einer neuen Form der Zuneigung ausgerichtet werden. Zur unbedingten Wertschätzung des Anderen als eines Menschen gleicher Würde treten Wertschätzung und Fürsorge für die Natur hinzu, im Ganzen wie im Einzelnen. Ein Weiter-so-wie-bisher gibt es nicht mehr“ [1].

Sobek stellt das gute Bauen in unmittelbare Verbindung mit dem Begriff „Heimat“: „Wir wissen nicht, woher wir kommen, wir wissen nicht, wohin wir gehen. Hier, im Jetzt und Heute, suchen wir Sinn und Geborgenheit. Heimat. Wir suchen eine Heimat, die auch und wesentlich durch die gebaute Umwelt bedingt wird. Sollten wir nicht viel mehr Heimat bauen? Für alle. Städte, die gut klingen. Häuser, die gut riechen. Infrastruktur, die man gerne berührt“ [1].

Der Holzbau ist ein ganz großer Kreis, der sich in langen Zeiträumen vollzieht: Von einer nachhaltigen Forstwirtschaft über den aktiven Umweltschutz bis hin zur Holzverarbeitung muss die Betrachtung ganzheitlich erfolgen. Den Baum pflanzen wir nicht für uns, sondern für unsere Enkel. Ein erlösendes Gefühl. Und wenn wir „Nachhaltigkeit“ richtig verstehen, dann müssten wir am Ende unseres Lebens ebenso viele Bäume pflanzen, wie wir auf der anderen Seite „verbrauchen“. Das wird uns zwar nicht allen gelingen, doch können wir dieses Ideal zumindest anstreben.

Werner Sobek relativiert das ökologische Bauen mit Holz, indem er unterstellt, dass ein neu gepflanzter Baum – aufgrund der Altersstruktur – weit weniger zum Klima beiträgt, als der gerodete. Hinzu kommt das Problem, dass im Sinne des Holzbaus nur ein Teil des Baumes verwertet wird, während ein Teil der Masse thermisch verwertet wird und somit nicht positiv zum Klima beiträgt [2].

Sobek hält entgegen: „Wir müssen diese Hyper-Favorisierung von Holz relativieren. Wir müssen an neuen Rezepten für Beton experimentieren, viel mehr mit Rezyklaten arbeiten und den Zement anders herstellen. Und wir müssen die positive Tatsache vermitteln, dass von Luft umspülter Beton jede Menge Kohlendioxid aus der Atmosphäre zieht. Wir müssen mehr mit Lehm und mehr mit Naturstein bauen. Wir müssen existierende Gebäude sorgsam umbauen und umnutzen. Und wir müssen, letztlich, weniger bauen“ [2].

Aus der Gesetzes- und Normenwut im Bauwesen, welche Wärmeschutz, Brandschutz und Schallschutz betrifft, ergebe sich eine Künstlichkeit des Bauens durch Einpacken, Verkleidung und synthetischen „Müll“. „Diese Vollkaskomentalität der Gesellschaft, dieses Absichern gegen alles und jedes, ist letztlich nicht mehr finanzierbar,“ meint Sobek. Die gesellschaftliche Grundtendenz zeigt heute allerdings eher in Richtung weitreichender Absicherungen.

Ästhetik ist letztlich für Sobek unabdingbar, um Bauwerke über lange Zeiträume zu erhalten. „Ästhetik ist unabdingbar. Gute Gestaltung ist ein wichtiger Teil der Nachhaltigkeit“. Insofern der Kostendruck heute drückender werde, hält Sobek diesem entgegen: „Wenn die Kosten drücken, dann ist ein Reichtum an Fantasie gefragt“ [2]. Eine Ansage an das Bauen von heute und morgen.

Werner Sobek hat recht, wenn er meint, dass ein neu gepflanzter Baum aufgrund der Altersstruktur weitaus weniger zum Klimaschutz beiträgt. Allerdings ist das komplexe Ganze Wald auf ständige Walderneuerung angewiesen. Ansonsten sind die Funktionen des Waldes als Schutzwald und Wasserspeicher nicht haltbar. Darüber hinaus ist der gerodete und neu gepflanzte Baum für das Klima besser als der nicht gepflanzte Baum, weil die Konzentration auf Beton erfolgt. Alles andere sind akademische Diskussionen.

Und darüber hinaus: Das Bewusstsein, auf einen natürlichen Werkstoff zurückgreifen zu können, der wächst, vergeht, altert und lebt, gewinnt.

Vielleicht wird aus Sobek ja doch noch ein Holzbauer. Vielleicht.

Literatur:

[1] Werner Sobek: „17 Thesen“, Zumtobel Group Artistic Annual Report 2019/2020, Dornbirn 2020

[2] Marcus Woeller: „Wir müssen aufhören, Beton zu verteufeln“, Die Welt 79. 25.04.2022

Antwort auf „Weiterbauen an der Natur – Werner Sobek und der Holzbau”.

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