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Peter Zumthor und die Tiefe des Bauens

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Wenn es einen Architekten gibt, der Tiefe, Würde und Atmosphäre des Gebauten in Szene setzen kann, dann können diese Eigenschaften nur auf Peter Zumthor fallen.

Eingangs ist dazu erst einmal eine Auseinandersetzung mit dem Leben Zumthors nötig. Der Schweizer Architekt Zumthor war Möbelschreiner bevor er Architektur und Design studierte. Und landete dann im Denkmalschutz. Vielleicht ist das das wahrlich prägende Moment in der Vita Zumthors und unterstreicht den Umstand, dass die nicht-linearen Lebensläufe mit Kurven die eigentlich faszinierenden und bereichernden sind.

Vielleicht – oder ziemlich sicher – ließ ihn der Beruf des Schreiners die Materialität sowie die Konstruktivität essentiell wahrnehmen, während der Beruf des Denkmalschützers die Rhetorik des historischen, teilweise anonymen, immer aber essentiellen Bauens ins Blut übergehen ließ. Vielleicht entsteht dadurch auch die Ebene, die den Architekten mit dem Bauingenieur verbindet – und die Konstruktivität nicht als Beiwerk, sondern als gestaltendes Moment aufzufassen weiß.

Beflügelnde und erdende Gedanken

Dann gibt es da noch den Philosophen Peter Zumthor. Die theoretischen Gedanken Zumthors sind von einer Würde und Tiefe getragen, die man ansonsten vielleicht nur in philosophischen – oder theologischen – Texten findet. Vielleicht unterstreicht Zumthor damit aber nur, dass der wirklich herausragende Planer sich nicht nur mit dem Bauen befasst, sondern das Bauen als geistiges Werk versteht und dieses in ein umfassendes Weltbild, in eine Kultur und in eine Philosophie des Lebens eingliedert.

Peter Zumthor sprechen lassen, berührt die Seele. Jedes Wort ist am richtigen Ort. Das gilt ebenso für die Details seiner Bauwerke, die fast schon Teil der Umgebung werden.

„Ich finde es wichtig, Spuren der Vergangenheit einzubeziehen, sie in ein neues Bauwerk einzuweben, sie zu integrieren, durch Schichten durchscheinen zu lassen, zu absorbieren (…) Integriere Bestehendes, wann immer du die Gelegenheit hast. Auf diese Weise kann ich meinem Bauwerk größere Tiefe verleihen. Ich könnte natürlich Architektur entwerfen, die durch formale und materiale Anspielungen auf Geschichte Erinnerungen weckt, doch ich glaube, nichts hat mehr Kraft als die historische Substanz selbst„.

Peter Zumthor, „Die Geschichte in den Dingen“.

Die Tiefe, Höhe, Würde, Ehre, Größe seiner Gedanken können gar nicht besser auf den Punkt gebracht werden als durch die nachfolgenden Worte, die reine Lyrik sind. Peter Zumthor meint zum guten Bauen:

„Die Dinge sind dann zu sich gekommen, sind bei sich. Weil sie dann das sind, was sie sein wollen. Und Architektur ist gemacht für uns zum Gebrauchen. Es ist keine freie Kunst. Ich finde, es ist auch die vornehmste Aufgabe der Architektur, dass sie eine Gebrauchskunst ist. Aber eben das Schönste, die Dinge sind zu sich gekommen, sind stimmig. Und dann verweist alles aufeinander und Sie können das nicht auseinandernehmen. Der Ort, der Gebrauch und die Form. Die Form verweist auf den Ort, der Ort ist so und der Geruch ist so und so„.

Peter Zumthor, „Atmosphären. Architektonische Umgebungen. Die Dinge um mich herum“

Zumthor spricht auch schon das Essentielle an: Architektur ist keine reine Kunst, sondern zum Gebrauchen da. Sie ist nach funktionellen, ästhetischen und konstruktiven Gesichtspunkten umfassend zu bewerten. Die wesentliche Bewertung übernimmt die Zeit: Welches Bauwerk ist auch nach 200 Jahren noch eine Sanierung wert? Und was ist nach 30 Jahren besser ein Fall für den Abriss?

Weiters ist Bauen für Peter Zumthor mehr, als eine „nette“ und aufsehenerregende Fassade. Das Gebaute geht eine Verbindung mit uns und allen unseren Sinnen ein und ist damit eine „ernstzunehmende“ Angelegenheit, die viel Gespür, Kultur, Tiefgang, Reflexionsgabe, Erfahrung und Willen zur Gestaltung verlangt.

Zu den Bauwerken

Mit der Kapelle des Heiligen Benedikt in Sumvtig in Graubünden bringt Zumthor das Material Holz in Bewegung.

Zur Weltausstellung in Hannover konzipiert Zumthor den Schweizer Pavillon.

Die Therme Vals ist eigentlich ein Bauwerk aus Beton. Zumthor schafft es, eine Stimmung der Würde, Tiefe, Erdung durch den Beton, der in Form gegossener Stein ist, zu erzeugen. 1996 eröffnet und zwei Jahre später bereits unter Denkmalschutz, wird die architektonische Tragweite des Bauens bei Zumthor unter Beweis gestellt.

Das Hexenmahnmal in Vardø in Norwegen ist eine mehr als beeindruckende Holz- und Segeltuch-Konstruktion.

Entlang der norwegischen »Ryfylke«-Route konzipiert Zumthor schlichte, schwarze Gebäude, die an den traditionellen Holzbau angelehnt sind.

Im Jahr 2009 erhält Peter Zumthor den Pritzker-Preis, also den wichtigsten Architektur-Preis weltweit.

Zu den Werken: https://zumthor.org/

Anmerkung: Der vorliegende Text kann natürlich nicht darüber hinweg täuschen, dass der Verfasser Peter Zumthor für den bedeutendsten lebenden Architekten der letzten Jahrzehnte hält. Grundsätzlich soll die Auseinandersetzung mit Architektur in Erinnerung rufen, dass die Zweiteilung in Architektur und Bauingenieur selten zum Erfolg führt. Erfolg gibt es meistens nur gemeinsam. Wenn also der Bauingenieur gestaltend wirkt und der Architekt konstruktiv denkt.

Literarische Werke:

Peter Zumthor: „Architektur Denken“, Birkhäuser Verlag, Basel 1999

Peter Zumthor: „Atmosphären. Architektonische Umgebungen. Die Dinge um mich herum“, Birkhäuser, Basel/ Boston/ Berlin 2006

Peter Zumthor und Mari Landung: „Die Geschichte in den Dingen“, Scheidegger & Spiess, Zürich 2018

Bild:

Therme Vals, Screenshot

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14 Antworten zu „Peter Zumthor und die Tiefe des Bauens”.

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