Güterverkehr der Zukunft: Effizient, nachhaltig, grün

Digitalisierung, zuverlässige Verkehrsmodelle, Bürgerbeteiligung durch soziale Medien, alternative Antriebe und ein Fokus auf Nachhaltigkeit und Ökologie versprechen eine „Logistik 4.0“

Der motorisierte Individualverkehr, ob als Personen- oder Wirtschaftsverkehr, bedrängt unsere natürlichen Umgebungen in entscheidender Art und Weise. Andererseits stellen Mobilität und Erreichbarkeit aber auch wesentliche Standortfaktoren dar. Wie immer geht es dabei um einen Mittelweg.

In unserer vernetzten Welt, in der Barrieren weitgehend abgebaut werden und wir zunehmend davon ausgehend, dass wir alle nur denkbaren Güter mit einem Klick überall möglichst schnell verfügbar haben, werden Logistik und Mobilität zu Schlüsselfaktoren. Dass Staaten wie China unglaubliche finanzielle Mittel in den Ausbau der Infrastruktur stecken, wird aufgrund dieses Umstandes plausibel. China investiert gezielt in die Güterverkehrsinfrastruktur, etwa auch in den Suezkanal.

Für die Wirtschaft gilt auch in Zukunft das, was für die Vergangenheit essentiell war: Damit Waren auf einem Markt gehandelt werden können, müssen Handelsbarrieren abgebaut werden, wozu auch die Barriere Distanz zählt. In Zukunft allerdings durch „grüne“ Ansätze.

Um Effekte baulicher und verkehrspolitischer Maßnahmen zielgerecht, transparent und sinnvoll zu prognostizieren, sind mehr denn je zuverlässige Verkehrsmodelle notwendig, weil es in Zeiten knapper Ressourcen nicht mehr angeht, ins so genannte „Blaue“ zu planen. Welche verkehrstechnichen Faktoren für den Wirtschaftsverkehr wesentlich sind, kann der folgende Vergleich wesentlicher Parameter verdeutlichen.

Faktoren im Wirtschaftsverkehr

Grundsätzlich gelten im Güter- und Wirtschaftsverkehr auch jene Gesetzmäßigkeiten, die auch im Personenverkehr gültig sind. Während im Personenverkehr Fahrtzeiten subjektiv bewertet und in der Widerstandsfunktion entsprechend berücksichtigt werden, ist im Wirtschafts- und Güterverkehr folglich von anderen Grundlagen auszugehen. Grundsätzlich ist nach Chlond zwischen Massengütern und hochwertigen Gütern zu unterscheiden  (Chlond, 2016). Im Wirtschaftsverkehr ist es folglich der Zweck, der die Verkehrsverteilungen wesentlich prägt:

  • Hochwertige Güter sind Güter, die überall nachgefragt, die allerdings nur an wenigen Produktionsstellen hergestellt werden. Für diese Produkte spielen räumliche Widerstände wie Fahrtkosten und Fahrtzeiten keine Rolle, da die Transportfaktoren im Verhältnis zum Produktwert gering sind. In der Verkehrsmodellierung ist das Zufallsmodell ein probates Analysemodell (Chlond, 2016).
  • Massengüter haben hingegen einen geringeren Wert im Verhältnis zu den Transportkosten. Hinzu kommt der Umstand, dass Massengüter im Regelfall an mehreren Produktionsstätten hergestellt werden (können). Es kann für Massengüter folglich das Gravitationsmodell angewandt werden, das auch für den Personenverkehr gilt, um die Verkehrsflüsse abzubilden. Das Modell geht grundsätzlich von einer Anziehungskraft zwischen Verkehrszellen aus, die von der Attraktivität abhängen, jedoch durch die Widerstände (Zeiten, Kosten, Unsicherheiten) beeinträchtigt wird.

Hinzu kommt neben den verkehrstechnischen Faktoren die Tatsache, dass Trends im Wirtschaftsverkehr eine bedeutende Rolle spielen  (Chlond, 2016). Derartige wirtschaftliche Trends sind etwa die Internationalisierung, die Zentralisierung durch Größeneffekte, sowie Kostensenkungseffekte in Relation zum Wert des Gutes und in der Relation zu sonstigen Kosten.

Da im Güterverkehr anders als im Personenverkehr rationale Entscheidungsmuster dominieren, können einige Änderungen am Verkehrswertmodell vorgenommen werden. Insbesondere sind die Fahrtzeiten im Güterverkehr von geringerer Bedeutung, als im Personenverkehr.

Im Wirtschafts- und Güterverkehr stellt sich etwa bei der Wahl des Verkehrsmittels die Zuverlässigkeit als zunehmend wichtiger Transportfaktor heraus, der weitaus wichtiger ist, als die Transportzeit.

Gleiches trifft auf die räumliche Verfügbarkeit eines Verkehrsmittels zu, die ebenso bedeutender ist, als die Transportzeit.

Auch die Schadensanfälligkeit erweist sich als wichtiger Transportfaktor.

Darüber hinaus kann beim Transit- und Fernverkehr, wo die Transportzeit ohnehin schon sehr hoch ist, davon ausgegangen werden, dass die Transportzeiten im Vergleich zu den Transportkosten eine weitaus geringere Bedeutung haben  (Chlond, 2016).

Güterverkehr der Zukunft: Effizient und nachhaltig

Um den Güterverkehr startklar für die Zukunft zu machen, verfolgt das deutsche Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur den Aktionsplan Güterverkehr.

Für die Zukunft sind folgende Punkte wesentlich:

  • Verkehrswege vermeiden, rationalisieren und bündeln – die Digitalisierung bietet durch die Bereitstellung offener Daten ein ungeahntes Potential, insbesondere in Zusammenhang mit „Big data“ und Künstlicher Intelligenz sowie durch das innovative Potential digitaler Start-up’s.
  • Strategische Maßnahmen zur Effizienzsteigerung durch zuverlässige Verkehrsmodelle frühzeitig erkennen und Engpässe und Probleme beheben – Digitalisierung und Künstliche Intelligenz bilden die Grundlage, um Verkehrsflüsse und Verkehrsanalysen effizient, transparent und zielgerichtet durchzuführen und um die Auswirkung von baulichen Maßnahmen frühzeitig abzubilden. Verkehrsprognosen werden wichtiger!
  • Nachhaltigkeit und Lebensqualität werden wesentliche Zukunftsparameter und sind bei Infrastrukturprojekten essentiell. Die Bürgerbeteiligung wird durch die Digitalisierung und das Potenzial sozialer Medien das Um und Auf. Dazu fordert der Aktionsplan Güterverkehr: „Mehr Akzeptanz in der Bevölkerung für notwendige Infrastrukturmaßnahmen schaffen“. Dann klapppt es auch mit schnellen Genehmigungsverfahren.
  • Den Schienenverkehr durch eine effiziente Infrastruktur und verkehrspolitische Rahmenbedingungen auf Schiene bringen. Insbesondere die verkehrspolitischen Maßnahmen bleiben heute weitgehend auf der Strecke. Dazu zählen Angebotspolitik sowie eine gezielte Steuerung der Nachfrage durch innovative Ansätze.
  • Alternative Antriebe wie Elektromobilität und Wasserstoff sind mehr denn je notwendig, um eine grünere Logistik durchzusetzen. Während für den PKW-Verkehr sich mittelfristig durchsetzen wird, schwenkt der Schwerverkehr auf Wasserstoff um. Wesentlich sind Infrastruktur, effiziente Produktionsprozesse sowie Fortschritte in der Brennstoffzellentechnologie.

Wesentliche Faktoren für einen Güterverkehr der Zukunft sind:

Blockchain im Infrastrukturbereich

Big Data, künstliche Intelligenz und Infrastrukturbau

Wasserstoff am Prüfstand

Für die Zukunft ist es mit Floskeln wohl nicht mehr getan. Während sich die „old economy“ noch weitgehend gegen innovative Ansätze wehrt, die auch drastisch vom bisher Bewährten abweichen, zeichnen sich digitale und innovative „Player“ wie Tesla ab, die – zumindest was die Erwartungen betrifft – auch im Logistik- und Infrastrukturbereich für die notwendige Disruption sorgen. Sich hinstellen und sagen, was alles nicht geht, wird künftig wohl in allen Bereichen eher als Teil des Problems denn als Teil der Lösung erkannt. Der Weg in Richtung einer Logistik 4.0 steht offen.

Weitere Beiträge:

Neue Seidenstraße – Mehr Risiko als Chance?

Brennerbasistunnel – und dann?

Wie smarte Mobilität und autonomes Fahren unsere Städte verändern werden

Alois von Negrelli: Verkehrsplaner und Eisenbahnpionier von europäischem Format

Weiterführende Literatur:

Chlond, B., 2016. Güterverkehr (und Wirtschaftsverkehr), Vorlesungsunterlagen. Karlsruhe: Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Verkehrswissenschaften.

Demanega, M.: „Das Verkehrswertmodell als Grundlage für eine intelligente und transparente Verkehrsplanung am Beispiel Südtirols“, Technische Universität Wien 2017 (Link)

Schnabel, W. & Lohse, D., 2011. Grundlagen der Straßenverkehrstechnik und der Verkehrsplanung: Band 2 Verkehrsplanung. Berlin: Beuth Verlag.

Schöler, K.: „Raumwirtschaftstheorie“, Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 2005

Stichworte: Verkehrsplanung in Südtirol, innovative Verkehrsplanung, Integrale Mobilität, Mobilitätskonzepte, Verkehrsgutachten, Güterverkehr, Logistik 4.0

2 Kommentare zu „Güterverkehr der Zukunft: Effizient, nachhaltig, grün

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