Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen. Der Bau und die Erhaltung von Straßen beeinflussen die gangbaren Wege entscheidend und fortlaufend. Heute kommt es mehr denn je darauf an, einen möglichst geringen Fußabdruck zu hinterlassen.
Die Geschwindigkeit, die auf einer Straße gefahren wird, wird durch die Straßenplanung vorgegeben. Die Breite der Straße, die Randabstände, die freie Sicht, die gestaltenden Elemente wie Gerade, Übergangsbogen und Bogen, Radien und die Neigung definieren die Fahrgeschwindigkeit – zumindest den Großteil und den Durchschnitt der Verkehrsteilnehmer betreffend. Dort, wo die Entwurfsgeschwindigkeit und die durch die Straßenverkehrsordnung zulässige Geschwindigkeit divergieren, sind Geschwindigkeitsübertretungen die Folge und es geht in Richtung Gebote, Verbote, Kontrollen und Repression.
Eine erfolgreiche Straßen- und Verkehrsplanung lässt derartige Divergenzen gar nicht erst aufkommen. Die gefahrene Geschwindigkeit ergibt sich aus den Entwurfsparametern. Es ist auch abweigig und logikfern, eine Straße für 130 km/h zu planen, die dann nur mit 60 km/h befahren werden darf.
Freilich ist eine Straßenplanung im unbebauten Gelände heute kaum möglich. Zwangspunkte geben den Straßenverlauf vor, vorwiegend bestehend Straßenverläufe. Meistens geht es in der Folge darum, bestehende Straßenbauwerke zu erhalten, zu verbessern und anzupassen. Gerade im alpinen Gebiet, wozu weite Teile Österreichs und nahezu das gesamte Südtirol gehören, geben Geländemorphologie, Geologie, gewachsene Strukturen und Wasserläufe, sowie die Natur mit ihren Schutzräumen den Straßenverlauf in besonderem Maße vor.
Es liegt auf allen Fällen in der Verantwortlichkeit der Straßenplanung, die Zusammenhänge richtig einzuordnen. Diese Zusammenhänge sind heute – mehr denn je – das Verkehrssystem mit dem Versuch, den Verkehr effizienter, schonender und nachhaltiger abzuwickeln. Es muss bei einer Straßenplanung folglich immer auch um zuverlässige Prognosen gehen, die das künftige Verkehrsaufkommen betreffen – jeder Eingriff in das Verkehrssystem führt nämlich zu weitreichenden Veränderungen, zu einer Veränderung des Verkehrsangebotes und in der Folge im Sinne der Verkehrspsychologie zu einer Verkehrsumlagerung. Eine schnelle Straße für den motorisierten Individualverkehr hat Folgen für das gesamte Verkehrssystem und für das Ökosystem, hängen die Auswirkungen doch nicht nur mit den Emissionen aus der Verbrennung und Lärm, sondern ebenso aus Reifenabrieb, Bremsen, Straßenbau, Baumaterialien zusammen.
Insbesondere in touristischen Gebieten, die nicht nur durch hohes Ziel-Aufkommen gekennzeichnet sind, sondern wo auch der Transit seine Rolle spielt. Es stellt sich dabei einmal mehr die Frage, welchen Tourismus wir wollen und wie wir ihn lenken können. Dazu zählt ein Destinationsmarketing ebenso wie zeitgemäße Anforderungen an das Verkehrssystem. Bei beiden sind heute Lösungen auf der Höhe der Zeit notwendig.
Immer sind mögliche Auswirkungen und Alternativen in der gesamten Komplexität abzuwiegen. Schließlich sind viele Straßen nicht mehr nur Verbindungselemente, sondern oftmals auch unüberwindbare Barrieren in der Landschaft, die zerschneiden, trennen und hindern.
In der Folge geht es im Sinne einer schonenden Straßen- und Verkehrsplanung darum, die Straße selbst in die Landschaft einzugliedern und möglichst naturnah und schonend auszugestalten. Es geht darum, die Schwingung der Landschaft mitzunehmen und diese vielleicht auch noch zu verstärken, wobei materielle sowie immaterielle Ebenen ihre Berücksichtigung finden.
Der Bauingenieur Gottfried Prenner hält zu diesem Thema in seiner Dissertation mit dem Titel „Landschaftsschonende Eingliederung und Gestaltung von Straßen“ an der Technischen Universität Graz im Jahr 1990 fest:
„Ein für das Landschaftsbild wesentlicher Faktor ist die Gliederung der Landschaft durch die landschaftsprägenden Elemente, wie Relief und Vegetation. Maßgebend ist durch Flächen (Wälder, Wiesen), Linien (Hecken, Uferbegleitbepflanzungen, Waldränder, Terrassenkanten) und Punkte (Einzelbäume) gebildete Landschaftsstruktur, die möglichst unverändert bleiben sollte. Dies erfordert bei der Planung die Erhaltung der vorhandenen Räume im großen wie im kleinen“. Wesentlich erachtet Prenner die „Anpassung der Trassenführung an das Gelände“: „Die Straße soll die Schwingungen der Landschaft, die sich am besten am Verlauf der Schichtenlinien zeigen, mitmachen„. Gestaltungsprinzipien sind: Landschaftsstruktur, Vielfalt, Eigenart, Natürlichkeit, Abwechslung, Raumbildung und Verzahnung.
Straßenbau ist in der Folge immer eine Querschnittsmaterie: Es geht um die Trassierung der Straße selbst mit ihren Entwurfselementen, die die Fahrdynamik bestimmen und Kommunikation, Mobilität und Verbindung zulassen, um die Eingliederung in das natürliche Umfeld, um die Berücksichtigung der Anforderungen, die durch das Ökosystem selbst gestellt werden, um die Ingenieurbiologie und um die Vegetation, in der Folge um Risikomanagement bei potenziellen Naturgefahren, um den Boden und um den Wasserhaushalt, um Grundbau und Geomechanik, um die Verwendung der für den Straßenbau erforderlichen Baumaterialien, ihren Transport und ihren Einbau, um eine effiziente Bauwirtschaft und letztlich um die Tragwerksplanung, wo es um Stützmauern, Brücken und Tunnelbauwerke geht; nicht zuletzt um eine möglichst hohe Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit.
Weiterführende Literatur:
Michael Demanega: „Das Verkehrswertmodell als Grundlage für eine intelligente und transparente Verkehrsplanung am Beispiel Südtirols“, Technische Universität Wien 2017 (Link)
Gottfried Prenner: „Landschaftsschonende Eingliederung und Gestaltung von Straßen“, Dissertation an der Technischen Universität Graz, Fakultät für Bauingenieurwesen 1990
Stichworte: Verkehrsplanung, Verkehrsplaner, Infrastrukturplanung, Infrastruktur, Südtirol, Mobilität, Mobilitätsmanagement