Der Kalterer See als Ekstase des Südens

Der Kalterer See erwärmt heute die touristischen Herzen, handelt es sich am Weg von Norden nach Süden doch um die erste Ekstase des Südens in alpiner Umgebung. Baukultur und Landschaft deuten auch heute noch auf die Bedeutung der Landwirtschaft für die Entwicklung der Umgebung hin. Heute spielt der Fremdenverkehr eine entscheidende Rolle.

Mit dem Aufkommen des Massentourismus, besonders in der Bundesrepublik Deutschland, sollte sich das Gesicht allerdings zum Fremdenverkehrsort entwickeln. Die Geschichte des Tourismus am Kalterer See hängt unmittelbar mit der touristischen Entwicklung Südtirols im 20. Jahrhundert zusammen. In den 1960er- und 1970er-Jahren stieg der Bedarf an Fremdenverkehrseinrichtungen immens an. Heute bildet Kaltern mit zahlreichen Hotels und touristischen Einrichtungen eine sommerliche Tourismus-Hochburg in Südtirol.

Heute sind die Grenzen des Wachstums wohl erreicht und es geht um qualitative Entwicklungen. Auch, was die Ressourcen betrifft. Aber nicht nur: Es gilt, Inseln der Ruhe in einer hektischen Welt des Massentourismus zu finden.

Die geologische Einbettung bedingt ein mildes Klima, das sich auf den Weinbau günstig auswirkt. Nördlich schützen die Bergketten vor der Kälte, im Süden weht die „Ora“ vom Gardasee herauf, während am Abend der Fallwind von den umliegenden Bergen das Klima ausmacht. Fallwinde entstehen, wenn Wind auf Gebirge trifft und sich auf der anderen Seite, der Leeseite, ein abwärts gerichteter Wind entwickelt.

Der Kalterer See selbst entstand durch den Rückzug der Gletscher als Toteissee. Derartige Seen entstehen geologisch durch Ablagerung eines Eisblockes. Darüber und rundherum sammeln sich durch das Schmelzwasser Sedimente. In diesem Sinne dürften sich auch südlich des Kalterer Sees Kiessedimente abgelagert haben. Schmilzt der Eisblock, bleiben die Vertiefung sowie die Sedimentation zurück. Der See entsteht durch einfließendes Grundwasser und ist zumeist ohne hydrologischen Zu- und Abfluss.

Betrachtet man die geologische Karte Südtirols, wird einem klar, wie der Kalterer See in das Porphyr-Gestein eingebettet ist und im Talboden, in dem der See liegt, die Quartären Ablagerungen, also Kies-Sand-Folgen, den Grund bilden. Ringsum erheben sich aber die Dolomit-Felswände. Das Mendelmassiv besteht aus Dolomit, ebenso wie der Etschtaldolomit südlich von Margreid.

Der Quarzporphyr ist bis zu 1000 m mächtig und bildet das Grundgestein. Über dem Porphyr findet sich der Grödner Sandstein in Mächtigkeiten von 40 bis 70 Metern, welcher ein sandig-toniges Flusssediment darstellt. Auf der westlichen Talseite liegt der Grödner Sandstein rund 500 Meter tiefer als oberhalb von Branzoll. Die Werfener Schichten sind hingegen marine Sedimentschichten. Immer wieder trieten roter Sandstein, die fossile Erosionsrinnen darstellen sollten.

Die Geschiebesande und teilweise stark verdichteten Geschiebelehme sind auf die Grundmoräne zurück zu führen. Durch den Rückzug des Eises bilden sich seitliche Schmelzwassertäler, die aus kiesigen Lateralmoränen bestehen. Daneben entstehen Mursedimente als sandig-schluffige Grundmasse mit zahlreichen grobkörnigen Einlagerungen, die besonders standfest ist und die Murfächer darstellen, die sich gegen die Eisränder gedrückt haben. Da und dort finden sich sandig-schluffige Seesedimente sowie gut sortierte und abgerundete Schmelzwasserschotter.

Geologisch ist von „Kalterer Zunge“ die Rede, um eine Zunge des Etschgletschers und entsprechende kiesige Lateralmoränen, Kamesterrassen, also Sedimentkörper, der zwischen Gletscherrand und Talhang von seitlich am Gletscher entlangfließenden Wasserläufen sowie die Talfüllung, die auf die letzte Eiszeit zurück zu führen ist.

Dieses Terroir bildet terrassenartig auch die Heimat des Kalterer See, eines autochthonen Weines aus Vernatschreben. Heute bieten Weinbauern, die Genossenschaftskellereien sowie altehrwürdige Ansitze ihre Spitzenweine an, die nicht nur den Kalterer See betreffen. Der Wein steht in Kaltern im Mittelpunkt.

Immer wichtiger wird auch das Thema einer modernen Architektursprache in Eingliederung in Landschaft und Baukultur. Was baulich das Herz berührt, ist immer und überall der Ausgleich zwischen Gestern und Heute, das Aufgreifen des Vorgefundenen und das Weiterentwickeln für morgen. Heute mehr denn je im Einklang mit der Natur. Auch und vor allem, indem der historische Bestand im Sinne einer Bausubstanz weiterentwickelt wird. Ob historisches Mauerwerk oder Holzbaukonstruktion mit Geschichte: Immer berührt uns das, das tiefer geht, während das Oberflächliche verfliegt.

Der Kalterer See selbst ist nur zwischen 4 und 6 Meter tief und erreicht entsprechend hohe Temperaturen. Dadurch, dass der See warm und nährstoffreich ist, bildete sich eine reiche Fischfauna. Aber auch für Vögel und Zugvögel bildet der Schilfgürtel Nistplätze. Das Biotop am Kalterer See bietet Heimat für unzählige Tierarten. Neben Fischen und Vögeln sind dies Frösche, Libellen und Insekten.

Literatur:

[1] Herbert Scholz, Karl-Heinz Bestle und Sebastian Willerich: „Quartargeologische Untersuchungen im Überetsch“, Geo.Alp, Band 2 / Volume 2, Innsbruck 2005

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