Seit geraumer Zeit ist ein erhöhter Reiseverkehr durch Camper bemerkbar. Spätestens seit Pandemie und Krise, also seit einer Zeit, in der Regierungen den Reiseverkehr drastisch eingeschränkt und Beherbergungsbetriebe geschlossen haben, wurde das Alleinsein in der Natur wieder wichtiger. Natürlich – und das kommt immer erschwerend hinzu – nur nicht, ohne auf modernen Komfort verzichten zu wollen.
Es ist wohl der romantische Traum, inmitten der unberührten Natur aufzuwachen, jenes zu erleben, das „der Tourismus“ durch seine unbegrenzte Erreichbarkeit und Verbauung nicht mehr erleben kann, ein erweckter Abenteuer-Geist, den die kühnsten Chalet- und Bergdörfer nicht mehr erfüllen können, bei denen immer öfter ein Gefühl der unauthentischen Produktion von Landschafts-Mythen wie im Potemkin’schen Dorf bemerkbar wird. Auch und vor allem, weil auf baulicher Ebene keine tiefe reichende Auseinandersetzung mit dem Territorium, der Geschichte und der Tradition mehr betrieben werden. Billig und schnell bauen – den Rest macht das Marketing. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Eher nicht, schon gar nicht langfristig. Das Kratzen an der Oberfläche verändert oft vieles.
Dass eine Region wie Südtirol für Camper interessant ist, liegt auf der Hand: Die atemberaubende Kulisse der Dolomiten, aber vor allem auch die mediterranen Landschaften in den Tallagen wecken das Interesse.
In Südtirol wird beim Thema Campen immer öfter das Wildcampen zum Problem. Da und dort sollen folglich Camping-Plätz entstehen, die politische Entscheidungsfindung wirft zahlreiche Debatten und Konflikte auf. Verständlich, hängen damit nämlich zahlreiche wirtschaftliche Interessen zusammen, die der eine wahrnimmt und die dem anderen verwehrt bleiben. In diesem Sinne besteht der Trend vom „Urlaub am Bauernhof“ zum „Campen am Bauernhof“. Konfliktpotential vorprogrammiert.
Der allgemeine Trend in Richtung Nachhaltigkeit wird natürlich auch beim Camping relevant und deutlich. Das grüne Camping-Resort wird zum Leitstern der ganzen Branche. Das Camping-Erlebnis muss dabei so schonend wie möglich in die gewachsene Umgebung eingeplant werden, dabei den größtmöglichen Ausblick in die Natur, aber gleichzeitig so viel Abschottung wie möglich bieten, damit die Camping-Karawane die Landschaft nicht beeinträchtigt. In diesem Sinne dürfen es eigentlich keine groß angelegten Camping-Monster sein, sondern die kleinteilige und vielfältige Strukturierung macht den Reiz aus. Den „besten“ Camping-Platz nimmt man gar nicht erst wahr, man fährt daran vorbei, übersieht ihn, weil er sensibel und durchdacht in die Landschaft geplant ist-
Essentieller denn je wird in Zeiten wie diesen die Ressourcen-Planung: Woher werden die Ressourcen – Wasser und Strom – bezogen, woher beziehen wir die Lebensmittel, wo landen die Abfälle und wie vermeiden wir diese gänzlich, wie begegnen wir dem Thema der grünen Mobilität, gibt es Zugang zu E-Ladesäulen und inwiefern stehen überhaupt schon elektrische Camper am Markt zur Verfügung? Vor allem aber: Wie minimieren wir den motorisierten Individualverkehr auf ein Minimum? Schwer, wo doch gerade das Camping-Leben den Traum der Freiheit im motorisierten Individualverkehr lebt.
Das Um und Auf sind die soziale und kulturelle Nachhaltigkeit: Wie kann ein Camping-Abenteuer in eine Gesellschaft integriert werden, wie wird verhindert, dass einige wenige ein „Geschäft“ mit einem exklusiven Angebot machen und stattdessen garantiert, dass alle auf die eine oder andere Art und Weise daran teilhaben können?
Schwierige und komplexe Fragen, denen heute weder die Politik noch die Planung begegnen will, die aber die Zukunftsfähigkeit einer Branche und einer Destination entscheiden werden.