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Konstruktive Baubiologie: Ganzheitliches Denken vom Boden zum Wohnhaus

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Das ökologische Bauen ist nicht nur eine materielle, sondern vor allem auch eine individuelle Angelegenheit. Letzten Endes geht es um die Verbindung mit der Natur und um das Eins-Sein mit uns selbst.

Nachhaltiges Bauen verschreibt sich der Schutzgüter natürliche Ressourcen sowie der globalen, vor allem aber der lokalen Umwelt. Nachhaltigkeit etwas breiter aufgefasst deckt aber auch die nachhaltige Wertsicherung sowie menschliche Gesundheit, Wohlbefinden und das soziale und kulturelle Gefüge ab.

In ökonomischer Sicht bedeutet Nachhaltigkeit, dass die Werterhaltung gegeben ist, indem Risiken minimiert werden, die Gestaltung anpassbar und zeitlos ist und eine Umbaubarkeit gegeben ist.

Die Baubiologie ist stark individuell geprägt und es ist folglich nicht immer zweckmäßig, allgemeine Grundsätze zu formulieren. Baubiologie ist „die Lehre von der ganzheitlichen Beziehung zwischen den Menschen und ihrer Wohn- und Arbeitsumwelt. Sie ist der Nachhaltigkeit, der Gesundheit des Menschen und dem vorbeugenden Bauen verpflichtet“ [1]. Wichtig sei die menschenbezogene Maßstäblichkeit.

Mit Baubiologie ist die Beziehung zwischen dem Menschen und seiner gebauten Umwelt bezeichnet. Verbaut werden Baustoffe, die möglichst natürlich sind und menschliches Leben durch keinerlei Schadstoffe belasten. Dieser Materialien sollen möglichst naturbelassen, diffusionsoffen, hygroskopisch und sorptionsfähig sein [1].

Wesentlich ist im Sinne der Baubiologie die Verwendung ökologischer Baustoffe, die intelligent kombiniert werden und folglich möglichst wenige synthetische Hilfsmittel benötigen. Bauen mit Holz und Lehm ist einfach, erfordert aber entsprechenden planerischen Einsatz, um Fehler zu vermeiden, die bei natürlichen Baustoffen immer gravierend sind, weil diese Baustoffe mit der Umwelt interagieren. Den konstruktiven Details ist viel Sorgfalt zu widmen, um mit möglichst wenigen künstlichen Hilfsstoffen auszukommen.

Der Begriff der Behaglichkeit ist im Sinne der Baubiologie essentiell. Das so genannte „gesunde“ Raumklima ist natürlich eine subjektive Angelegenheit, ist in Grenzen aber objektivierbar. Dazu gehört die Temperatur der Materialien, die optimalerweise 2°C kühler oder maximal 5°C wärmer sind als die Raumluft. Steigen die Raumtemperaturen, bedeutet dies kältere Oberflächen und damit erhöhte Gefahr der Schimmelpilzbildung. Wichtig ist ebenso die Luftfeuchtigkeit, die idealerweise zwischen 40 und 60% liegen soll. Dies wird durch die Lüftung als auch durch diffusionsoffene Bauweisen positiv beeinflusst [1].

Auf jeden Fall ist die Orientierung an der Natur und folglich an der Bauökologie immer eine notwendige Festlegung. Bauästhetik und Baukultur sind ein nicht zu vernachlässigender Faktor für das individuelle Wohlbefinden. Der Bezug zum Ort, zum Genius Loci, ist essentiell. Die Versorgung mit genügend natürlichem und künstlichem Licht ist heute ohnehin allgemein gültig, nur nicht immer – besonders im Altbau – verwirklicht. Entstanden ist diese Orientierung nach dem gesunden Leben in der Reformbewegung. Die Frage, worauf wir dann blicken, wenn wir aus dem Fenster und aus genügend Fensteröffnungen blicken, ob auf unberührte Natur oder Industrie, liegt leider meistens nicht an uns, aber vielleicht können wir im Sinne der Außenraumgestaltung und der Gartenplanung grüne Akzente setzen.

Neben der Versorgung mit Licht ist die Bauakustik heute ein Thema, das wesentlich unser Wohlbefinden, aber auch unsere Gesundheit beeinflusst.

Ziele des ökologischen Bauens sind in der Folge: Minimierung der Bodenversiegelung, Senkung des Ressourcenverbrauches, Minimierung des Energiebedarfs durch Wärmedämmung und natürliche Beschattung und Kühlung, Einsatz regenerativer Energiequellen, Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Wasserhaushalts, Sammlung und Verwendung von Regenwasser, Regenwasserretention durch grünes Bauen, nämlich grüne Fassaden und grüne Dächer.

Vom nachhaltigen Bauen ist der Weg zum nachhaltigen Konstruieren ein unmittelbarer. Das nachhaltige Konstruieren oder die konstruktive Baubiologie verschreibt sich dem Bauen im Boden und mit dem gewachsenen Boden, den schonenden geologischen und geotechnischen Zusammenhängen durch naturnahe und sensible geotechnische Eingriffe und der Ingenieurbiologie, bei der Pflanzen statt Beton ingenieurtechnisch eingesetzt werden.

Alles, was Menschen schaffen, beweist sich im Ernstfall – oder eben nicht. Das Denken an den Ernstfall schließt die Auseinandersetzung mit Extremwetterereignissen mit ein, also extremen Dürren und extremen Niederschlägen. Gut ist das Bauwerk, das Antworten auf die dort drängenden Fragen hat.

Das ökologische Bauen befasst sich aber auch mit geringem Transportaufwand durch lokale Baustoffe, einfachen Ausführungen, die genial durchdacht und in diesem Sinne auch zugänglich und austauschbar sind, sowie dem Leichtbau als materialsparender Optimierung des Tragwerks- und Bauentwurfes.

Dann aber auch der Verwendung natürlicher Werkstoffe wie Holz, Naturstein oder Lehm mit der Frage, wie diese dauerhaft eingesetzt werden können. Die Option für den natürlichen Werkstoff ist eine Absage an synthetische Baustoffe aus der Erdöl-Industrie, die nicht oder nur sehr begrenzt zu einem ökologischen Klima beitragen. Holz ist natürlich prädestiniert, es sind allerdings auch Überlegungen zu Holzschutz oder konstruktive Kunststoffe anzustellen, nämlich Folien und Abdichtungsbänder. Als diffusionsoffener Baustoff gerät Lehm stark in den Fokus. Strohballen kommen dabei ergänzend zur Anwendung, erfordern aber immer einen Feuchtigkeitsschutz. Gerade aufgrund der Dauerhaftigkeit sowie der Unempfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen kann es bei größeren Bauvorhaben aber auch da und dort Stahlbeton sein.

Weil Bauen heute eine hochtechnologische Angelegenheit ist, wir folglich nicht nur ein Bauwerk als eine Hülle schaffen, sondern ein steuerbares und automatisiertes Stück Technik, muss der Weg auch in Richtung Hinterfragung der eingesetzten Technik gehen, indem die Komplexität und der Technisierungsgrad reduziert werden.

Literatur:

[1] Nurgül Ece:“ Baubiologie – Kriterien und architektonische Gestaltung“, Birkhäuser, Basel 2018

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