Bedingt durch den Klimawandel, aber auch durch unsere Art und Weise, wie wir heute bauen, wird die sommerliche Überhitzung immer mehr zum Problem. Der Glasbau ohne Verschattung mit künstlicher Kühlung in Form von Motoren ist zunehmend ein Problem thermischer, vor allem aber auch ästhetischer Natur.
Die Klimaanlage an der Hausfassade ist dann nicht nur eine unästhetische Randerscheinung, sondern die reinste Energieverschwendung, die darüber hinaus auch noch zusätzliche Wärme produziert, gleichzeitig aber auch offensichtliches Versäumnis einer vernünftigen bauphysikalischen Planung. Das Bauwerk baukultureller Bedeutung mit Klimaanlage – undenkbar!
Grundsätzlich bezeichnet die Wärmekapazität die Fähigkeit von Baumaterialien, die Wärmeübertragung auf das Rauminnere durch Phasenverschiebung auszugleichen. Indem die effektive Wärmeübertragung durch die materielle thermische Trägheit auf jene Stunden verschoben wird, in denen die Außentemperatur ohnehin bereits abgekühlt ist, also nachts, werden Temperaturspitzen abgetragen und das Raumklima wird spürbar angenehmer.
Die thermische Behaglichkeit geht in der Bauphysik von einer Soll-Raumtemperatur aus, die – entweder nach Normen oder individuellen Vorstellungen – irgendwo bei 25 bis 26 Grad Celsius liegt. Diese Soll-Temperatur darf dann allerdings wiederum in 5 – 10 % der Jahrestage überschritten werden. Wie immer erfolgt die Bemessung im Bauwesen nämlich nicht am erwartbaren Maximalwert, sondern an einem Soll-Wert mit einer bestimmten Überschreitungswahrscheinlichkeit, weil das Bauen ansonsten ineffizient werden würde und immer überbemessen wäre. Die Soll-Raumtemperatur ist heute immer höher werdenden Außentemperaturen konfrontiert.
Allerdings – und das kommt in Mitteleuropa erschwerend hinzu – machen auch die tiefen Wintertemperaturen zu schaffen. Dort ist dann die Wärmekapazität ein Nachteil, weil es auf die hohe Wärmedämmfähigkeit ankommt, für welche gegenteilige bauphysikalische Eigenschaften maßgebend sind.
Die Wärmekapazität bezeichnet die zugeführte Wärme relativ zur Temperaturdifferenz, drückt folglich die Wärmespeicherfähigkeit eines Materials aus und ergibt sich aus der Summe Dichte, Volumen und spezifischer (molarer) Wärmekapazität der Materie. Die spezifische Wärmekapazität von Holz ist aufgrund des eingelagerten Wassers vorteilhaft – allerdings ist die Masse als Produkt von Dichte und Volumen im Vergleich zu schweren Massivwerkstoffen zu gering.
Von Natur aus haben schwere Werkstoffe wie Beton folglich eine hohe Wärmekapazität. Beim Ziegel hängt die Angelegenheit von den den konkreten thermischen Eigenschaften des Ziegels ab – die Produktvielfalt ist groß. Beim Holz ist die Wärmekapazität entsprechend schlechter, im Gegensatz ist die Wärmedämmwirkung relativ hoch. Allerdings kommt noch ein anderer Umstand hinzu, der die Wärmekapazität drastisch senkt: Wird der massiven Wand oder Decke eine wärmedämmende Schicht vorgelagert – die abgehängte Decke, die Möblierung, die Verkleidung -, so sinkt die Kapazität deutlich ab.
Positiv ist allerdings ein anderer Umstand: Die Wirkung einer Verschattung ist in der Praxis deutlich größer als die Wärmespeicherkapazität, sodass es sich in allen Fällen auszahlt, sich um eine ausreichende Verschattungswirkung zu kümmern. Der Baum, die Lamellen, die Markise – oder sonstige bauteilige Lösungen – versprechen Abhilfe vor Überhitzung.
Insbesondere die Begrünung und Bepflanzung speichert Wasser und wirkt damit in hohem Maße vorteilhaft. Pflanzen reagieren auf die hohen Temperaturen durch Verdunstung. Ähnlich wesentlich ist eine geringe Versiegelung, damit das Regenwasser versickern kann. Da die Energie für die Verdunstung des Wassers nämlich aus der Umgebung in Form von Wärme entnommen wird, wird durch die Vegetation eine Temperatursenkung erzielt. Gleiches gilt für das nahe Gewässer. Die Begrünung des Außenbereiches: Ökologisch notwendig, thermisch vorteilhaft und ästhetisch unabdingbar.