Die Sensibilität gegenüber schallschutztechnischen Problemstellungen nimmt grundsätzlich stark zu. Die Abschottung in den eigenen vier Wänden ist für eine individualistische Gesellschaft ein Wert für sich. Die Art und Weise, wie wir bauen, entscheidet in besonderem Maße über die Behaglichkeit, die auch eine schallschutztechnische Angelegenheit ist.
Von essenzieller Bedeutung im heutigen Bauen ist das luftdichte Bauen, welches sich nicht nur wärme- und feuchteschutztechnisch, sondern auch akustisch bezahlt macht. Ohne tiefer reichende Kenntnisse über technische Akustik zu haben, leuchtet diese erste Feststellung ein.
Zur Eingrenzung akustischer Problemstellungen ist zuallererst einmal die Begrenzung auf den bauakustisch relevanten Bereich sinnvoll, also auf jenen Bereich, in dem sich Schallquellen und Schallimmissionen abspielen. Dieser Bereich liegt zwischen 100 und 3150 Hz. Es ist folglich notwendig, dass wir in diesem Frequenzbereich über annehmbare Schalldämmungen verfügen.
Der Ursprung des Schalls liegt im Schwingen elastischer Medien. Damit ein Medium zum Schwingen beginnt, ist ein Erreger notwendig, welcher das Medium aus seinem Gleichgewicht auslenkt. Der Erreger kann in einem Stoß oder in einer induzierten Schwingung bestehen. Schallwellen sind in der Folge dem atmosphärischen Luftdruck überlagerte Wechseldrücke, die als Schalldruck bezeichnet werden. Die Amplituden des Schalldrucks, also die Intensität, führen dazu, dass der Schall mehr oder weniger stark beziehungsweise laut wahrgenommen wird.
Die Frequenz besteht in der Anzahl der Schwingungen in einer bestimmten Zeiteinheit. Da unser menschliches Ohr verschiedene Frequenzen verschiedenartig aufnimmt, stufen wir Frequenzen zwischen 50 Hz und 100 Hz als tief und Frequenzen von 2000 Hz bis 5000 Hz als hoch ein.
Wird ein Körper durch einen Stoß angeregt, dann schwingt dieser in seiner Eigenfrequenz. Entspricht eine äußere Erregerfrequenz dieser Eigenfrequenz, dann stellt sich eine Erhöhung des Schwingungsverhaltens ein, weil der Erreger den Körper genau in seiner Eigenfrequenz zum Schwingen verstärkt. Inder Praxis bestehen alle unsere Bauteile aus mehr oder weniger ausgeprägten Masse-Feder-Systemen mit mehr oder weniger ausgeprägter Dämpfung.
Da wir die Erregerfrequenzen vielfach nicht verändern können, setzt das moderne Ingenieurwesen bei den Eigenfrequenz der Bauteile an und verschiebt diese in jene Bereiche, in denen möglichst keine Erregerfrequenzen liegen.
Je nachdem, wie sich ein System verhält, kann dieses einschaliges oder mehrschaliges Bauteil schwingen. Die Definition ist allerdings eine akustische. Einschalige Bauteile schwingen als Ganzes. Mehrschalige Bauteile schwingen wie Masse-Feder-Systeme.
Da mit dem Erreichen der kritischen Frequenz oder Koinzidenzgrenzfrequenz in einem einschaligen Bauteil die Schallübertragung erhöht ist, ist das Schalldämpfmaß deutlich reduziert. Bei sehr tiefen Frequenzen unter 100 Hertz dominieren Plattenschwingungen, die im Rahmen der Erschütterungen wesentlich sind. In diesem Bereich ordnen sich die Platten-Eigenfrequenzen ein. Bei tiefen Frequenzen unterhalb der Grenzfrequenz gilt das Bergers’che Massegesetz, welches die Schalltransmission von der flächenabhängigen Masse abhängig macht. Bei höher gelegenen Frequenzen, die über der Koinzidenzgrenzfrequenz liegen, spielt sich eine Biegewellenanregung ab und das Schalldämmmaß wird theoretisch um 6dB pro Oktave gegenüber dem Massegesetz verbessert, weil die Abstrahlung des Körpers abnimmt. Einschalige Baustoffe werden bauakustisch durch das Massegesetz charakterisiert.
Auf Grundlage der Koinzidenzfrequenz lassen sich Baustoffe wie folgt klassifizieren: Biegesteife Baustoffe sind solche, die Grenzfrequenzen zwischen 50 und 100 Hertz haben. Dazu zählt etwa Beton. Bei biegeweichen Baustoffen mit Grenzfrequenzen von 2500 bis 3000 Hertz wirkt hingegen das Massegesetz. Dazu zählen Bleche. Bauakustisch günstig sind biegesteif dicke sowie biegeweiche Baumaterialien, während biegesteif dünne Materialien problematisch sind. Problematisch sind Bauteile mit einer Koinzidenzfrequenz im bauakustisch relevanten Bereich zwischen 160 und 2000 Hz.
Während einschalige Bauteile im Wesentlichen nur durch Masse bauakustisch verbessert werden können, können zweischalige Bauteile auch ohne erhebliche Massenerhöhung ein akustisch günstiges Verhalten an den Tag legen. Eine Beplankung mit dünnen Platten, welche ein mehrschaliges Bauteil verwirklicht, ist günstiger als die dickere Ausführung eines einschaligen Bauteils.
Bei zweischaligen Bauteilen verhalten sich die Dinge nämlich anders. Je nachdem, wie die Steifigkeiten eines Bauteiles verteilt sind, kann sich das System wie ein akustisch zweischaliges Bauteil verhalten, bei dem sich akustisch steife und akustisch weiche Schichten abwechseln. Das Bauteil entspricht folglich einem Masse-Feder-Masse-System. Unterhalb der Resonanzfrequenz des Systems gilt weiterhin das Bergersche Massegesetz, bei dem die Erhöhung der Masse das Schalldämpfmaß verbessert. Unterhalb der Resonanzfrequenz schwingen beide Schalen gleichphasig. Das Bauteil verhält sich wie eine einschalige Wand. Mit Erreichen der Resonanzfrequenz beginnen die Schalen gegenphasig zu schwingen (Doppelwandresonanz), sodass sich die Schallübertragung deutlich erhöht. Erst im darüber liegenden Bereich kommt die Dämmfunktion der zweischaligen Wand zum Tragen, sodass eine deutliche Verbesserung von 18 statt 6 dB pro Oktave gegenüber einschaligen Bauteilen gegeben ist. Im darüber liegenden Bereich wirken die Koinzidenzgrenzfrequenzen der einzelnen Schalen sowie Hohlraumresonanzfrequenzen.
Die Konzeption des Systems und seiner Massen und Steifigkeiten entscheidet folglich darüber, wo die Resonanzfrequenzen liegen. Bei zweischaligen Bauteilen sind neben der Masse der Schalen der Abstand der Schalen, das Dämmmaterial, die Biegefestigkeit der dünnen Schale sowie die konstruktiven Verbindungen relevant.
Bei zweischaligen Bauteilen sind die schalltechnischen Leistungen oberhalb des Resonanzbereiches durch elastische Entkopplungen zu verbessern. Ebenso wirken Dämpfung und Schallabsorption, vor allem durch poröse Materialien.
Häufig werden biegeweiche Vorsatzschalen ausgeführt, um insbesondere bei Sanierungen die Akustik zu verbessern. Damit sich diese vorsatzschalen günstig wie zweischalige Bauteile verhalten, sind einige baupraktische Anforderungen wichtig: Große Massen der Vorsatzschalen, große Hohlraumtiefen, die möglichst mit Dämmmaterial als Absorber wirken, Vermeiden von Undichtigkeiten und Körperschallbrücken [3].
Um folglich keine wesentlichen Einbrüche beim Schalldämmmaß zu verwirklichen, ist es unbedingt notwendig, dass die Resonanzfrequenz des Systems außerhalb, – in diesem Fall unterhalb – des bauakustisch relevanten Bereichs liegt. Es sollte unbedingt sicher gestellt sein, dass die Eigenfrequenz unter 100 Hz (oder unter 50 Hz) liegt.
Zum Verständnis für die anfallenden Frequenzen ist eine Analyse der erwartbaren Schwingungen notwendig.
Erschütterungen sind mechanische Schwingungen fester Körper im Bereich von 1 bis 80 oder 100 Hz mit potenziell schädigender oder belastender Wirkung. Als Körperschall werden hingegen Schwingungen der Bausubstanz im bauakustischen Bereich von 16 bis 2000 Hz bezeichnet [1]. Der Trittschall ist eine spezielle Form des Körperschalls: Das schwingende Medium gibt, sobald es schwingt, sekundären Luftschall ab. Wesentlich ist folglich, dass wir unsere Bauteile durch elastische Schichten und schwimmenden Estrich so ausführen, damit die Bauteile nicht zum Schwingen angeregt werden.
Trittschall ist der Lärm, der in einem anderen Raum wahrgenommen wird. Gehschall wird hingegen im gleichen Raum wahrgenommen. Tieffrequente Anregungen entstehen durch Gehen und Springen, vor allem bei Kindern durch Gehen auf den Fersen. Zu bedenken ist auch, dass die typischen Eigenfrequenzen von Fußbodenaufbauten mit Estrich bei 60 bis 100 Hz liegen, sodass dieser Frequenzbereich grundsätzlich aus den Betrachtungen ausgeklammert wird und es hier keine zufriedenstellende akustische Lösungen gibt.
Bei den tiefen Frequenzen sind die Systemeigenschaften des Bauteils sowie der Empfangsräume wesentlich. Die Resonanzfrequenz muss in einen noch tieferen Bereich verschoben werden, was durch weichere Trittschalldämmungen gelingen kann, aber auch von der Deckenbauart abhängt.
Ab 100 Hz sind die Frequenzen nicht mehr gut spürbar und äußern sich darum nicht als Erschütterung, sondern als Lärm. Sekundärer Luftschall, der aus dem Körperschall resultiert, spielt sich hingegen zwischen 16 und 315 Hz ab.
Literatur:
[1] Wolfgang Willems, Alexandra Wagner, Diana Stricker: „Schallschutz: Bauakustik – Grundlagen, Luftschallschutz, Trittschallschutz“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2020
[2] Helmut Kramer: „Angewandte Baudynamik“, Ernst und Sohn Verlag, Berlin 2013
[3] Michael Möser: „Technische Akustik“, Springer Vieweg, Berlin 2015
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