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Projektleitung, Projektsteuerung und Bauleitung

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Die Projektbearbeitung in Großprojekten zeigt im Praktischen auf, dass ab einer bestimmten Größe der Baustelle sowie einem bestimmten Umfang der Beteiligten am Bau die Problemstellungen sich nach und nach von der technischen Ebene zur wirtschaftlichen und auch juristischen Ebene verlagern. Die Konflikte nehmen zu, werden auch heißer ausgetragen, die gegenseitigen Vorwürfe sind hart und die Projektlösung scheint in weiter Ferne. Der Übergang zur Krise naht.

Umso wichtiger ist eine „positive Projektkultur [4], die auf Ergebnisse ausgerichtet ist und alle Beteiligten zurück zu den Tatsachen ermahnt. Manchmal auch kreativ und agil – wir sind alle keine Maschinen. Die gegenseitige Klarheit minimiert das Konfliktpotential. Dazu ist es wesentlich, die Rollen von Beginn an zu klären und sich über Verantwortlichkeiten, aber auch über die baurechtliche Praxis im Klaren zu sein, um nämlich unnötige Verhandlungsrunden zu verhindern.

Umso größer und komplexer die Projekte, umso komplizierter die Projektbeziehungen und umso mehr tut eine kommunikative Klarheit not, die alles andere als selbstverständlich ist.

Bauprojekte eröffnen in der Regel komplexe rechtliche und wirtschaftliche Beziehungen, die mit einem hohen Risiko sowie hohen Kosten zusammenhängen und folglich spezielle rechtlich-wirtschaftliche Rahmenbedingungen erforderlich machen.

Das persönliche Interesse am Thema Bauen und an der effizienten Bauleitung wurde mir wahrscheinlich in die Wiege gelegt, war mein Vater doch über 40 Jahre lang Bauleiter auf Auftraggeberseite im sozialen Wohnbau in Südtirol. Daraus ergeben sich zahlreiche Einsichten, Erfahrungen, Herausforderungen und innerliche Festlegungen, die wertvoll sind.

Aus positiven und negativen Erfahrungen in der Baupraxis ergeben sich innovative Ansätze, die ausgehend von den Grundlagen die Thematik im internationalen Vergleich neu aufwerfen und an smarten Lösungen interessiert sind. Die Baubranche hat Innovation sowie neuartige Formen der guten und konstruktiven Zusammenarbeit nötig, um zunehmend attraktiv zu sein und am notwendigen technologischen Fortschritt zu arbeiten.

Das private Baurecht regelt die Rechtsverhältnisse der Personen und Gesellschaften, die an einem Bauprojekt beteiligt sind und umfasst folglich die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen. In der Regel entstehen diese Rechtsbeziehungen zwischen einem Auftraggeber und diversen Auftragnehmern.

Demgegenüber bezieht sich das öffentliche Baurecht auf das Verhältnis des Bauherrn zum Staat und umfasst folglich die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen, die das Bauvorhaben als solches umfassen. Diese Rahmenbedingungen resultieren aus der Raumordnung und der Bauleitplanung. Daraus ergibt sich eine Baugenehmigung. Der Staat nimmt im öffentlichen Baurecht eine hoheitliche Rolle wahr. Im öffentlichen Baurecht kommt folglich das öffentliche Interesse zutage.

Öffentliche Bauaufträge sind hingegen Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Auftragnehmern, werden nach dem öffentlichen Vergaberecht geregelt und definieren eine Planungsleistung oder eine Bauausführung.

Bauherr ist, wer ein Bauvorhaben selbst oder durch Dritte durchführt oder durchführen lässt. Auf Seiten des Bauherrn erfolgt die Entscheidung zur Entstehung eines Bauprojekts.

In der Regel werden Planer, dazu gehören Architekten, Bauingenieure und Fachplaner, beauftragt, die die Einreichplanung und in der Folge die Ausführungsplanung übernehmen. Rechtsbeziehung ist ein Planervertrag, welcher den Leistungsumfang definiert. Die Leistungsphasen sind: Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation, Objektbetreuung.

Der Projektsteurer wird hingegen bei Bedarf zur Wahrung der Planungsziele durch den Bauherrn eingesetzt. Die Leistungen umfassen: Organisation, Information, Koordination und Dokumentation, Qualitäten und Quantitäten, Kosten und Finanzierung, Termine, Kapazitäten und Logistik, Verträge und Versicherungen.

Das bauausführende Unternehmen wird definitionsgemäß mit der Ausführung der Bauleistung beauftragt.

Als Organe der Bauüberwachung kommen Überwachungsorgane des Auftraggebers, Überwachungsorgane des Auftragnehmers sowie staatliche Überwachungsorgane zum Einsatz. Die Bauüberwachung umfasst die Terminkontrolle, die Kostenkontrolle sowie die Qualitätskontrolle.

Die Bauüberwachung kann im Prinzip durch den Auftraggeber selbst durchgeführt werden, wird aber in der Regel an Architekten und Ingenieure vergeben. Der Bauleiter wird folglich vom Bauherrn beauftragt, die Überwachung der Baumaßnahme durchzuführen und auch auf das öffentliche Baurecht hin zu prüfen.

Das Projektmanagement umfasst die Projektleitung sowie die Projektsteuerung. Die Projektleitung vertritt den Bauherrn gegenüber den anderen Projektbeteiligten im Hinblick auf die delegierbaren Bauherrenaufgaben und nimmt diese gegenüber Planern und Ausführenden wahr. Hier werden auch Fragen zur Finanzierung des Bauvorhabens sowie zur Vertragsausarbeitung mit den Planern und Ausführenden schlagend. Die Ausrichtung ist strategisch mit Blick auf den Projekterfolg. Die Projektleitung hat eine Entscheidungs- und Weisungsbefugnis.

Demgegenüber kann bei komplexen Bauvorhaben die Projektsteuerung zusätzlich mit dem Berichtwesen, der Dokumentation sowie der Beratung vertraut werden. Entsprechend hat die Projektsteuerung keine Entscheidungs- und Weisungsbefugnis, sondern insbesondere eine Informationsfunktion.

Die Bauaufsicht oder Örtliche Bauaufsicht ÖBA in Österreich kommt hingegen im Rahmen der Bauüberwachung zum Einsatz und ist in der Folge der Vertreter des Bauherrn auf der Baustelle. Die Örtliche Bauaufsicht übernimmt folglich die Dokumentationspflichten, die beim Bauherrn liegen. Eine Koordinationspflicht ist in der Verantwortungssphäre des Auftraggebers anzuordnen. Der Zweck ist die Kontrolle der Einhaltung der technischen und vertraglichen Regeln, dazu zählen Qualitätskontrollen und Terminkontrollen.

Häufig sind Projektleitung, Projektsteuerung und Örtliche Bauaufsicht bei kleinen Projekten in einem Planer vereint. Die Abgrenzungen werden bei größeren Projekten vertraglich bestimmt. Parallelitäten sind nicht auszuschließen. Insbesondere die Örtliche Bauaufsicht nimmt allerdings die laufende Koordination der Baustelle wahr und hat folglich eine aktive operative Rolle in der Bauausführung, die allerdings betreffend Zeitschiene später beginnt als jene der Projektleitung.

Daneben wird die begleitende Kontrolle vielfach mit einer rein internen Informations- und Dokumentationsverantwortung betreut, etwa die Ausschreibungs- und Planprüfung.

Im italienischen Zivilrecht könnte die Bauleitung eigentlich durch den Bauherrn ausgeübt werden, was bei kleineren Bauarbeiten durchaus möglich ist. Bei Baumaßnahmen größeren Umfangs, bei Eingriffen in Bauwerke oder bei der Verwendung von Stahlbeton – und inzwischen gemäß „Norme tecniche per le costruzioni – NTC 2018“ bei allen Baumaßnahmen, die die Tragwerksplanung betreffen -, schreiben die Bauvorschriften hingegen die Ernennung eines Bauleiters vor, welcher ein Techniker ist, der wie der Projektant sowie der Tragwerksplaner in die Berufskammern eingetragen ist.

Der Bauleiter („direttore dei lavori“ oder „d.d.l“.) geht die Verpflichtung ein, alleiniger Verantwortlicher für das Verfahren zu sein und das Qualitätsniveau der Leistungserbringungen zu verifizieren. Entsprechend meldet der Bauleiter die Eröffnung der Baustelle, koordiniert die Bauausführenden, hält die Baufortschritte fest, genehmigt technische Änderungen am Projekt, vollzieht Prüfungen der Tragstrukturen oder ordnet diese an, verfasst die Baustellenprotokolle, nimmt Materialzertifikate an, bestätigt die korrekte Bauausführung.

Zu den Aufgaben des Bauleiters gehört folglich die Bewertung und Meldung der während der Vertragslaufzeit aufgetretenen Anomalien und die Ergreifung entsprechender Maßnahmen zur Gewährleistung der Mängelfreiheit der Arbeiten. Zudem ist der Bauleiter verpflichtet, die erforderlichen Anweisungen zu erteilen, damit die Arbeiten in Übereinstimmung mit den Erwartungen des Bauherrn ausgeführt werden. Entsprechend dieser Ausführungen ist die Verantwortlichkeit des Bauleiters hoch, weshalb höchstes technisches Verständnis in Belangen der Hochbauplanung notwendig ist. Es ist folglich üblich, in den Meldungen, die die Tragwerksplanung betreffen, einen separaten „statischen Bauleiter“ namhaft zu machen.

Neben den rein rechtlichen Anforderungen werden Managementmethoden und Methoden des Claim-Management, die aggressiv, defensiv, aber auch konstruktiv sein können, schlagend. Die sozialen, technischen und wirtschaftlichen Beziehungen sind komplex und folglich müssen auch das Krisenmanagement, Konfliktmanagement sowie die Kommunikation angemessen sein. Eine vielfach extrem unterschätzte Angelegenheit, die viel böses Blut und Eskalationen fördert. Am Ende freuen sich die Gerichte. Oder hoffentlich nicht.

Im Sinne der juristischen Probleme, die am Bau entstehen können und die – bestenfalls – strukturiert zu behandeln sind, ist im Rahmen von Großprojekten häufig von bauwirtschaftlichem und juristischem Projektmanagement die Rede. Der Ansatz ist ein integraler, es werden bereits bei der Zusammenstellung des Projektteams alle Eventualitäten berücksichtigt.

Literatur:

[1] Katharina Müller und Rainer Stempkowski: „Handbuch Claim-Management“, Linde Verlag, Wien 2015

[2] Axel Wirth, Cornelius Pfisterer: „Privates Baurecht praxisnah“, Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2011

[3] Egon Leimböck , Andreas Iding , Heiko Meinen: „Bauwirtschaft: Grundlagen und Methoden“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2017

[4] Bernd Kochendörfer , Jens H. Liebchen , Markus G. Viering: „Bau-Projekt-Management – Grundlagen und Vorgehensweisen“, Springer Verlag, Wiesbaden 2021

[5] Falk Würfele , Bert Bielefeld , Mike Gralla: „Bauobjektüberwachung Kosten – Qualitäten – Termine – Organisation – Leistungsinhalt – Rechtsgrundlagen – Haftung – Vergütung“, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2012

13 Antworten zu „Projektleitung, Projektsteuerung und Bauleitung”.

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    […] abgestimmte Baumanagent wird heute immer wesentlicher, um Kosten und Zeiten einzuhalten und folglich bauliche Investionen […]

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    […] soliden Planung müssen folglich Baubegleitung, Kommunikation, Public Relations sowie juristisches Projektmanagement Hand in Hand arbeiten, um den Projekterfolg zu […]

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    […] dass wir alle über unsere Grenzen hinaus denken, geht es um die intelligente und effiziente Bauausführung. Planung und Bauausführung müssen gemeinsam gedacht werden. Die Planung ist hochgradig digital. […]

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