Wasserversorgung und Wasserknappheit: Maßnahmen und Strategien in Zeiten des Klimawandels

Beim Thema Wasserversorgung und Wasserknappheit spielen verschiedene Faktoren zusammen: Erstens, natürlich, die Klimaerwärmung. Zweitens, damit zusammenhängende Extremsituationen, nämlich extreme Dürre und extreme Hochwassersituationen. Drittens, unser deutlich gestiegener Wasserbedarf. Es kommt folglich nicht von ungefähr, dass sich die Lage zunehmend zuspitzt und Gegenstrategien notwendig werden, auch in einem Land wie Südtirol, das allgemein für seinen Wasserreichtum bekannt ist.

Abseits vom Vorhaben, das Klima zu retten, gilt es einmal mehr, im Hier und Jetzt Strategien zu finden, die mit veränderten Rahmenbedingungen zurecht kommen müssen.

Eine Wasserwirtschaft ist dann „nachhaltig“, wenn nicht alle zur Verfügung stehenden Wasservorräte wahllos angezapft werden, sondern ausschließlich jenes Wasser, das im Wasserkreislauf steht und folglich verdunstet und als Niederschlag wieder zurückkehrt. Weil das Trinkwasser ein Gemeingut ist, darf die Privatisierung des Trinkwassers darüber hinaus grundsätzlich keine Option sein.

Die Art und Weise, wie Wasser gewonnen wird, hängt stark von den geographischen, geologischen und klimatischen Bedingungen ab:

„Hauptsächlich von Oberflächengewässern abhängig ist die Wasserversorgung in Schweden und Norwegen, wo in dem aus kristallinen Gesteinen bestehenden Untergrund kaum nutzbares Grundwasser zur Verfügung steht. Traditionell überwiegt auch in Großbritannien die Oberflächenwassergewinnung. Spanien ist aufgrund seines mediterranen Klimas ebenfalls stark auf Oberflächenwasser angewiesen, das dort in etwa 500 Talsperren gesammelt und über weitläufige Ausgleichssysteme in die Verbraucherzentren transportiert werden muss. In Fremdenverkehrszentren an der Küste ergänzt entsalztes Meerwasser das Wasserdargebot. Länder mit großer landschaftlicher und geologischer Vielfalt – wie Frankreich, Belgien und Deutschland – bevorzugen zwar die Grundwassernutzung, müssen aber dennoch regional auf Oberflächengewässer zurückgreifen. Gebirgige Länder wie Österreich oder die Schweiz können ihre Wasserversorgung zum größten Teil aus Grund- und Quellwasser (etwa zu gleichen Anteilen) sicherstellen. Vollständig mit Grundwasser versorgt sich dagegen Dänemark, wo oberirdische Gewässer nur wenig ausgeprägt sind. Allgemein sind im Bereich von geologischen Becken und großen Flusstälern – bei ausreichender Grundwasserneubildung – die Voraussetzungen für die Gewinnung gut geschützter Trinkwässer von einwandfreier Beschaffenheit besonders günstig. Dabei muss die Rohwasserqualität durch wirksamen flächendeckenden Grundwasserschutz und durch gewinnungsbezogenen Trinkwasserschutz erhalten oder erforderlichenfalls durch Sanierung wieder verbessert werden“ [1].

Wasser steht zur Verfügung als Grundwasser oder Oberflächenwasser. Wenngleich im Sprachgebrauch häufig zwischen Grundwasser und Quellwasser unterschieden wird, sind die Unterschiede zwischen beiden nicht wirklich gegeben. Das Quellwasser tritt „natürlich“ an die Oberfläche, während das Grundwasser im Untergrund versickert und erst gewonnen werden muss. „Quellwasser ist zutage tretendes Grundwasser. Man unterscheidet echtes Quellwasser, das dem Grundwasser in der Qualität gleichzusetzen ist, und oberflächennahes Quellwasser, das nicht immer als Trinkwasser geeignet ist“ [2].

Das theoretisch gegebene Wasservorkommen entspricht im Sinne einer nachhaltigen Wasserwirtschaft noch lange nicht dem praktisch nutzbaren Wasservorkommen. „Maßgebend für die Wahl des Wasserdargebots und die Art der Wassergewinnung sind: benötigte Wassermenge, hydrogeologische Verhältnisse, Wasserbilanz, Wasserbeschaffenheit, Möglichkeit des Einrichtens wirksamer Schutzgebiete, Grundstückserwerbsmöglichkeit, Einordnung in die wasserwirtschaftlichen und sonstigen Planungen, Wirtschaftlichkeit der Erschließung oder Beileitung. Bei der Wahl der Wassergewinnung ist diejenige vorzuziehen, welche bei ausreichendem Wasserangebot die beste Wasserbeschaffenheit und den besten Schutz bietet und ohne oder mit einfacher Aufbereitung genutzt werden“ [1].

Die Planung der Wassergewinnungsanlagen geht vom geschätzten Tagesbedarf aus. Als Wassergewinnungsanlagen dienen Quellfassungen, Stauquellenfassungen, Brunnen, Sickerfassungen, Stollenfassungen, Oberflächenentnahmen (Talsperre, Fluss, See). Stehen Wasserspeicher als Zwischenspeicherungen zur Verfügung, gleichen diese Spitzenbelastungen aus und garantieren eine zeitlich begrenzte Selbstversorgung im Notfall. Grundsätzlich werden Wasserversorgungsleitungen als Druckleitungen geplant, die – insofern Höhenunterschiede zur Verfügung stehen – allein durch die Schwerkraft und den Druckunterschied laufen.

Im Rahmen der Wassergewinnung wird grundsätzlich wie folgt priorisiert [1]. Entsprechend der Reihenfolge nimmt auch die Wassergüte ab:

  1. Grundwasser – Einzugsgebiet anthropogen unbelastet, schützbar, ohne Aufbereitung
  2. Grundwasser – Einzugsgebiet anthropogen unbelastet, schützbar, geogen bedingt einfache Aufbereitung
  3. Grundwasser – Einzugsgebiet anthropogen unbelastet, mit Aufbereitung wegen mikrobiologischer Belastungen bei Grundwasserleitern mit schlechter Reinigungsfunktion, insofern teilwirksam schützbar
  4. Grundwasser – Einzugsgebiet anthropogen belastet, aber schützbar, ohne oder mit Aufbereitung, ggf. übergangsweise bei Sanierungsfällen
  5. Uferfiltrat – Einzugsgebiet anthropogen unbelastet, schützbar, ohne oder mit Aufbereitung
  6. Talsperren-, See- oder Flusswasser – Einzugsgebiet anthropogen unbelastet, schützbar, mit Aufbereitung
  7. Talsperren- oder Seewasser – Einzugsgebiet anthropogen belastet, aber schützbar, mit Aufbereitung
  8. Grundwasseranreicherung – durch Infiltration von unbelastetem oder aufbereitetem Oberflächenwasser, ohne oder mit Aufbereitung des gewonnenen Mischwassers
  9. Uferfiltrat – Einzugsgebiet anthropogen belastet, ohne oder mit Aufbereitung
  10. Grundwasseranreicherung – durch Infiltration von anthropogen belastetem Oberflächenwasser,
    mit Aufbereitung des gewonnenen Mischwassers
  11. Flusswasserentnahme – Einzugsgebiet anthropogen belastet, mit Aufbereitung“.

Bevor von Wasserversorgung die Rede ist, muss der derzeitige und künftige Wasserverbrauch kritisch analysiert werden. Der Wasserverbrauch in bestimmten Wirtschaftszweigen kann unter Umständen optimiert werden. Durch Verwendung und Sammlung von Niederschlagswasser und Wasseraufbereitung ist Wasser dem Wasserkreislauf zurück zu führen, das heute vielfach nicht verwendet wird. Der konsequente Schutz des Bodens und des Grundwassers birgt Perspektiven.

Die Planung und der Bau der Infrastruktur müssen darauf ausgelegt sein, auch im Notfall eine entsprechende Versorgung gewährleisten zu können. Da uns aber grundsätzlich Situationen zur Verfügung stehen, in denen die Niederschlagsmengen den maximal möglichen Abfluss übersteigern, ist es an der Zeit, der Wasserrückhaltung mehr Gewicht zu geben, um eine zusätzliche Resilienz gegenüber Niederschlagsschwankungen zu gewährleisten.

Prinzipiell bewirkt die Wasserrückhaltung oder Retention die Entlastung des Abflussnetzes bei Hochwasserereignissen, sodass Entwässerungsspitzen ausgeglichen werden und das Niederschlagswasser zeitlich verzögert durch Ablauf, Bindung in der Vegetation oder Versickerung im Erdreich an die Umgebung abgegeben wird.

Neben der Retention erfolgt die Rückhaltung konzentriert in Speicherbecken.

„Speicheranlagen mit sehr großem Inhalt werden in Form von Talsperren angelegt. Durch ein Sperrenbauwerk wird das Tal abgesperrt und das zufließende Wasser gesammelt. Trinkwassertalsperren
sind meist Mehrzweckanlagen, d. h. sie dienen nicht nur der Wasserversorgung (Ausgleich der Jahres-Verbrauchsschwankungen, Absetzbecken und Abkühlen durch entsprechende Entnahmetiefe für Oberflächenwasser), sondern aus Umwelt- und Kostengründen auch allgemeinen wasserwirtschaftlichen Interessen (wie z. B. Hochwasserschutz, Niedrigwasseraufhöhung der Vorflut für das unvermeidbare Einleiten von geklärtem Abwasser unterhalb der Talsperre, Erhöhung der Wasserführung
für die Schifffahrt, Stromerzeugung)“ [1].

Weil alles Wasser fließt und einen Wasserhaushalt bildet, gilt es, die längerfristigen Auswirkungen jeder einzelnen Maßnahme zu bewerten und die ökologischen Folgen zu beachten. Wasser sparen und Verluste minimieren ist auf jeden Fall ein Gebot der Stunde.

Literatur:

[1] Peter Fritsch, Werner Knaus, Gerhard Merkl, Erwin Preininger, Joachim Rautenberg, Matthias Weiß, Burkhard Wricke: „Mutschmann/Stimmelmayr – Taschenbuch der Wasserversorgung“, Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2019

[2] Klaus Cord-Landwehr: „Wasserversorgung“, Teubner Verlag, Stuttgart 1998

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