Der vollständige Umstieg auf erneuerbare Energie vollzieht sich zwar zögerlich, ist aber alternativlos. Die Problematik intermittierender Energiequellen wie Wind und Sonne macht auf jeden Fall Speichermedien (energy storage) notwendig, die die Dunkelflaute, also die zeitlichen Abschnitte, in denen weder Sonne noch Wind gegeben sind, ausgleichen, aber auch in Zeiten erhöhter Energieproduktion eine Zwischenspeicherung zulassen. Andernfalls müsste das Überangebot zum Spottpreis verkauft oder die Anlage temporär abgestellt werden.
Inwiefern sich die flächendeckende, dezentrale Speicherung in stationären und mobilen Batterien, die in Wohnhäusern und Fahrzeugen verbaut sind, wirklich für eine zuverlässige öffentliche Energieversorgung – auch im Ernstfall – eignen, darf allerdings bezweifelt werden.
Für die garantierte Versorgung mit Energie sind im Sinne eines funktionierenden Gemeinwesens zentrale und gezielte Energieerzeugungsmöglichkeiten wesentlich. Dass die Wasserkraft hier einen extrem hohen Wirkungsgrad hat und dass zudem extrem große Mengen an Energie produziert werden können, liegt auf der Hand. Allerdings hängt die Wasserkraft auch und gerade vom Wasserhaushalt und von der Witterung ab.
Folglich sind Pumpspeicherkraftwerke seit langer Zeit eine Option, die allerdings bisher oft an den gesellschaftlichen Widerständen gescheitert sind. Bedenkt man allerdings, dass unzählige Straßenbautunnels ohne jeden sozialen Widerstand – alternativlos und an der Bevölkerung vorbei – in den Fels gesprengt und gebohrt werden, dann sollte ähnliches – bei Abwegen aller hydrogeologischen Risiken – in Zeiten, in denen eine garantierte Energieversorgung weitaus wesentlicher wird, auch bei Wasserkraftwerken möglich sein.
Während im Flachland daran gearbeitet wird, die Energie als CO2 in Kavernen (wie in Sardinien) oder in Form von Großbatterie-Anlagen zu speichern und das Speichermedium Wasserstoff technologisch weiterentwickelt wird, lässt im alpinen Gelände die Morphologie eine ökologischere Energiespeicherung in Form von Wasserkraft zu. Es ist dann von „Hydro-Batterien“ die Rede.
Was gegen Pumpspeicherkraftwerke spricht ist, neben den hydrogeologischen Risiken und dem größer angelegten Eingriff in die Natur, dass bei jeder Energieumwandlung von potentieller Energie zu mechanischer Energie zu elektrischer Energie – und zurück -, Energieverluste oder Dissipationen anstehen, die sich folglich summieren und die Entropie erhöhen, was nicht gewünscht ist. Mechanisch macht es keinen Sinn, Wasser hinauf zu pumpen und wieder nach unten rauschen zu lassen, praktisch aber sehr wohl wegen der Divergenzen zwischen verfügbarem Öko-Strom und den Spannungsspitzen sowie unter dem Aspekt der fluktuierenden Strompreise.
Weichenstellungen für einen effizienten Einsatz der Pumpspeichertechnologie werden in der Schweiz gelegt. So durch das Kraftwerk Nant de Drance, das diese Tage im Jahr 2022 in Betrieb geht.
„Das Kraftwerk nutzt zwei Stauseen, einen oberen Speichersee und ein unteres Wasserbecken. Das im See Vieux Emosson gespeicherte Wasser wird abwärts geleitet, um in Spitzenzeiten Strom zu erzeugen. Aus dem rund 300 Meter tiefer gelegenen Emosson-See wird das Wasser wieder nach oben gepumpt und während Zeiten von Überproduktion gespeichert“.
Die Bedeutung ist von europäischer Dimension.
„Mit einer Leistung von 900 Megawatt gehört Nant de Drance zusammen mit Linthal im Kanton Glarus (1’000 MW) zu den leistungsstärksten Kraftwerken Europas. Das Kraftwerk ist für die Stromversorgung und die Netzstabilität unverzichtbar, „aber für die Schweiz ist es viel zu gross“, so der Ingenieur. „Es könnte eine Rolle bei der Stabilisierung des Netzes auf europäischer Ebene spielen. Wir befinden uns im Zentrum des Kontinents und der Strom fliesst durch die Schweiz. Wenn es in Deutschland eine Überproduktion von Windstrom gibt, können wir den überschüssigen Strom hier zum Pumpen und Speichern von Wasser nutzen.“
Zum Einsatz kommen in Pumpspeicherkraftwerken Pumpturbinen, die sowohl als Pumpe als auch als Turbine eingesetzt werden können. Dieser Umstand macht komplexe technische Anforderungen notwendig: Kurze Reaktionszeiten, häufiges Umschalten zwischen Pumpen- und Turbinen-Leistung, hohe Effizienz, hohe Zuverlässigkeit, aber auch ein effizienter wirtschaftlicher Einsatz mit Teillasten. Hinzu kommen durch das Umschalten zwischen Pumpe und Turbine hydraulische Instabilitäten.
Allerdings gilt es, die Technologie zu optimieren: „Die Pumpturbine ist eine ausgereifte Technologie“, sagt Benoît Revaz vom Bundesamt für Energie (BFE). Es seien jedoch noch Fortschritte erforderlich, um die Flexibilität des Systems in Bezug auf die aktuellen Betriebsbedingungen zu verbessern“.
Die Herausforderung ist nicht nur eine technische, sondern auch eine wirtschaftliche: Die schnelle Reaktion auf Preisschwankungen, um billigen Strom für das Pumpen und das Hochpreisniveau für die Turbinen zu nutzen. Um diese Reaktionszeiten zu optimieren, ist Technologie notwendig, die die Pumpturbinen schnell und flexibel zum Einsatz bringt.
Literatur:
[1] Jürgen Giesecke, Stephan Heimerl & Emil Mosonyi: „Wasserkraftanlagen – Planung, Bau und Betrieb“, 6. Auflage, Springer-Verlag Berlin-Heidelberg 2014
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