Heutzutage ist eines der obersten Anliegen bei jedem Neubau, jeder Sanierung oder jeder Umstrukturierung die Betrachtung des energietechnischen Haushalts der verwendeten Baumaterialien und ihrer langfristigen Wirkung im verbauten Zustand. Das mit diesem Nachhaltigkeitsansatz jedoch nicht dem gesamten Nutzungskreislauf inklusive Herstellung und Entsorgung Rechnung getragen wird, verdeutlicht die zunehmenden Verwendung von plastikhaltigen Materialien oder Verbundwerkstoffen. Eine wirklich nachhaltige Alternative könnte dabei die älteste Kulturpflanze der Menschheit im Zusammenwirken mit einem der bewährtesten Baumaterialien sein. Die Rede ist von Hanf und Naturkalk.
Seit mehr als 10.000 Jahren wird Hanf als Heilpflanze, zur Herstellung von Textilien oder Fischernetzen verwendet. Dank ihrer vielseitigen Einsetzbarkeit und der Tatsache, dass die Pflanze weitestgehend auf allen Bodenarten und in sämtlichen Klimaregionen gedeihen kann, ist sie ein wahrer Tausendsassa. Als weitere positive Eigenschaften kommt ihr schneller Wuchs und ihre Resistenz gegenüber Schädlingen hinzu. Der Gedanke liegt daher nahe, der Hanfpflanze eine neue Aufgabe als Baustoff zuzuweisen. Für den Baustoff an sich werden die harten Stiele verwendet, welche dank des schnellen Wachstums eine besondere Dichte und damit, im verbauten Zustand, Dämmwirkung haben.
Die geschredderten Stiele werden mit einem Naturkalk-Gemisch zusammengemengt und lassen sich so in „Hanfsteine“ formen oder zu „Hanfbeton“ mischen. Durch diese gezielte Kombination der beiden Materialien ergibt sich ein Baustoff, der nicht nur ein Vielfaches leichter als z.B. herkömmlicher Beton ist, sondern hervorragende wärmespeichernde, schallisolierende und feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften aufweist. In dieser Hinsicht lässt sich von einer monolithische Bauweise sprechen, bei welcher keine zusätzliche Dämmung von Nöten ist. Das Einsatzgebiet ist dabei ebenso vielfältig wie der Baustoff selbst, „Hanfsteine“ oder „Hanfbeton“ können sowohl für Neubauten als auch Sanierungen, Dachdämmungen, Trennwände, Unterböden oder Putzsysteme verwendet werden.
Mit einer verstärkten Nutzung von Hanf als Baustoff käme man dem Ziel eines nachhaltigen Bauens viele Schritte näher. Durch die Unempfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit, die monolithische Bauweise, die Abwesenheit von Eisen und die Verwendung von nur zwei Materialien ist das Bauwerk nicht nur in seiner Beständigkeit langlebig, sondern kann auch wieder vollkommen recycelt werden. Es entsteht so, ein so dringend benötigter, natürlicher Kreislauf ohne Abfall.