Die europäische Primärenergieversorgung stützt sich zu fast einem Viertel auf Erdgas. [1] Erdgas, welches durch die weitestgehende Ressourcenarmheit Europas, von Handelspartnern außerhalb der eigenen Gefilde importiert werden muss. Die beiden wichtigsten Bezugsakteure sind dabei Russland und die Türkei, für welche der Erdgasverkauf gutes Geld in die Staatskassen spült. Zusätzlich haben die beiden Staaten durch das Erdgas auch ein starkes politisches Druckmittel in der Hand, könnten sie doch einfach den Hahn zudrehen und in Europa damit die Energiesicherheit gefährden. Langfristig ist damit eine Abkehr vom Erdgasimport unausweichlich um die europäische Souveränität zu sichern. Nun stellt sich die Frage, welche Alternativen es gibt, die zudem noch im Sinne der Energiewende sind. Neben Windkraft, Solarenergie oder Wasserkraft ist hierbei besonders Biogas eine praktikable und entscheidende Alternative.
Laut Zahlen der International Energy Agency entstammen fast 65 Prozent der erzeugen Energie aus erneuerbaren Rohstoffen aus Biomasse, Biogas und biologisch abbaubaren Abfälle. [2] Damit bildet Biogas schon heute das Rückgrat der nachhaltigen und erneuerbaren Energien in Europa. Dieser hohe Anteil an Biogas kommt dabei nicht zufällig zustande, sondern fußt vielmehr auf positiven Aspekten in entscheidenden Punkten gegenüber den anderen alternativen Energieformen. Einer der wichtigsten Aspekte ist dabei die dezentrale Energieproduktion: Biokraftanlagen können theoretisch an allen Orten errichtet werden, an welchen die, hauptsächlich durch Landwirtschaft erzeugte, Ursprungsressource vorhanden ist. Der Betrieb der Kraftwerke könnte somit auch durch kleinen Unternehmer geschehen, was wiederum den Synergieeffekt der Stärkung regionaler Kreisläufe auslöst. Beispielhaft hierfür ist das Südtiroler Projekt „Zukunftsenergien und Arbeitsmarkt“, gemeinsam getragen vom Südtiroler Bauernbund und dem Landesverband der Handwerker, mit welchem die Zusammenarbeit zwischen Bauern und Handwerkern bei der Belieferung und Erbauung von Biomasseanlagen gestärkt werden soll. [3]
Durch die dezentrale Erzeugung könnten zudem kurze Transportwege der Energie zum Konsumenten geschaffen werden. Dieser Aspekt ist in Anbetracht der hitzigen Diskussionen in Deutschland zum geplanten Stromtrassenausbau, welcher für die Überführung des im Norden durch Windkraftanlagen produzierten Stroms notwendig ist, nicht zu unterschätzen. Ein wichtiger Punkt, welchen man im Zuge der Energiewende zudem nicht außer Acht lassen darf, ist die Thematik des Landschaftsschutzes. Die Errichtung von neuen Erzeugungsinfrastrukturen bringt unweigerlich einen Veränderung des Landschaftsbildes mit sich. Dieser Aspekt muss bei der Planung von Anfang an berücksichtigt werden, hängt davon nichts Geringeres als die Lebensqualität der Bevölkerung im entsprechenden Gebiet ab. Hierbei bietet das dezentrale und flächenmäßige Errichten von Biogasanlagen einen großen Vorteil. Durch das geringe Ausmaß der Anlagen lassen sich diese im Gegensatz zu Windkraftanlagen sehr leicht in die Umgebung integrieren, wodurch auch die Bedenken über die Errichtung seitens anderer Berufssparten (wie z.B. Touristiker, welche das heile Landschaftsbild zur Vermarktung ihrer Dienstleistungen benötigen) abnehmen.
Biogasanlagen bringen wie eben aufgezeigt entscheidende Vorteile mit sich und können bei der Verwirklichung einer erneuerbaren und eigenständigen Energieversorgung eine Schlüsselrolle spielen. Wichtig dabei wäre, ein langfristiges Denken an den Tag zu legen.
[1] Primärenergie ist die von noch nicht weiterbearbeiteten Energieträgern stammende Energie. Primärenergie-Versorgung = Primärenergie-Produktion + Importe – Exporte +/- Veränderung der Lagerbestände.
[2] International Energy Agency: Total energy supply (TES) by source, European Union – 28 1990-2018. Abrufbar unter: https://www.iea.org/data-and-statistics?country=EU28&fuel=Energy%20supply&indicator=TPESbySource. Paris 2018.
[3] Südtiroler Bauernbund: Zukunftsenergien und Arbeitsmarkt. Abrufbar unter: https://www.sbb.it/home/projekte/zukunftsenergien-und-arbeitsmarkt. Bozen 2012.
Weiterführender Artikel: Stromausfall dank Energiewende?