Immobilien in Südtirol: Knappheit und Hochpreislage – Visionen eines effizienten ökologischen Bauens

Die Immobilienpreise in Südtirol erreichen Höchstwerte. Hintergrund sind eine natürliche sowie eine politische Verknappung des verfügbaren Baulandes. Die natürliche Verknappung resultiert aus dem Umstand, dass in Südtirol natürlich nur ein Bruchteil des alpinen Landes für die Bebauung zugänglich ist. Der Rest wäre vielleicht theoretisch zugänglich, aber aus Landschafts- und Naturschutzgründen nicht. Letztlich ist privates Bauland in Südtirol eine vollkommene Ausnahme. Der so genannte „Bedarf“ an Bauland wird von den Gemeinden im Bauleitplan auf 10-Jahres-Basis festgelegt. Dass gerade in klein strukturierten Gemeinden der Anlass den Bedarf schafft und die strukturierte Entwicklungsplanung eher theoretisch als praktisch ist, muss nicht spezifisch angemerkt werden. Keine Gemeinde will eine „unkontrollierte“ Entwicklung durch übermäßiges Bauland. Bauen ist folglich ein exklusives Prinzip.

Daraus resultiert, dass nur ein paar wenige Subjekte mehr oder weniger frei bauen können. Etwa die Landwirtschaft. Der „geschlossene Hof“ ist eine kulturelle Institution der aus einer Selbstversorger-Landwirtschaft resultiert, die allerdings heute nur noch begrenzt vorhanden ist.

Aus diesen Umständen heraus kann es gar keinen Mietwohnungsmarkt geben; die vorhandenen Mietgelegenheiten erreichen aufgrund der Knappheit ein Niveau, das kaum zu stemmen ist. Wobei viele Immobilien auch gar nicht dem Mietmarkt zugänglich gemacht werden. Die Zweitwohnung wird vielfach als Wertanlage aufgefasst. Mieter machen „Probleme“ und auf Mieten ist man vielfach nicht angewiesen. Einen „vollkommenen“ Markt im Sinne der klassischen Marktwirtschaft gibt es folglich nicht.

Hinzu kommt der Umstand, dass Südtirol auch für Außenstehende für den Erst- oder Zweitwohnsitz zunehmend interessant ist, was die Marktpreislage anhebt. Im Gegensatz zum Gardasee ist es in Südtirol allerdings relativ schwer, – trotz Geld – zur exklusiven Immobilie zu kommen.

Soziale Wohnbauförderung

Das Land Südtirol schiebt der Spekulation gewissermaßen einen Riegel vor. Erstens durch die relativ großzügige Wohnbauförderung, die an soziale Kriterien gebunden ist und zwar nicht nur bei Antragstellung, sondern eine Zweckbindung für 20 Jahre vorsieht. Die Weitervermietung ist an soziale Kriterien sowie an eine soziale Miete gebunden.

Zweitens durch Immobiliensteuern auf Zweitwohnungen und leerstehende Wohnungen. Freilich ist das alles nur ein Tropfen auf den mehr als heißen Stein. Die Marktpreise sind unverändert überhitzt. Und um in den Genuss der Wohnbauförderung zu kommen, ist zuallererst einmal ein entsprechendes Startkapital notwendig, um überhaupt bauen und ein Darlehen aufnehmen zu können. Startkapital ist in Zeiten wie diesen, in denen der Sparzwang die gesamte Wirtschaft und vor allem auch die Gehälter betrifft, zunehmend selten. Hinzu kommt, dass das Lohnniveau in Südtirol mit dem DACH-Umland nicht mithalten kann.

Das so genannte „leistbare Wohnen“ ist in Südtirol folglich seit Jahren und Jahrzehnten ein politisches Schlagwort, das höchstens noch von der „Entbürokratisierung“ getoppt wird.

Anders bauen

Bei einer Investition in Immobilien ist es grundsätzlich wesentlich, die zu erzielenden Erträge quantitativ zu erfassen. Ökonomisch agieren bedeutet, die Refinanzierung der Immobilie zu bedenken. Dazu ist es notwendig, dass sich die Immobilie in einem bestimmten Zeitraum durch die erzielbaren Erträge refinanziert. Wo diese Refinanzierung nicht gegeben ist, handelt es sich mehr um „Liebhaberei“ als um eine Investition. Selbstverständlich kann auch die erhoffte Wertsteigerung das Ziel des Investments sein. Fragt sich, ob diese Ziele verwirklicht und in Gewinne umgesetzt werden können oder ob es sich ausschließlich um theoretisches Kapital handelt.

Ein Wert muss letztlich anders gelagert sein und kann nicht den mitunter verwirrenden Marktgeschehnissen mit den spekulativen Effekten blind unterworfen sein.

Die hohen Tauschwerte mögen zwar Investoren anziehen. Für einen wirklichen Wert ist es allerdings notwendig, dass das Gebaute in einer wechselhaften Beziehung zur Umgebung steht und in lebendige ökologische, ökonomische und kulturelle Kreisläufe eingebettet ist. Ansonsten entpuppt sich das Bauwerk als reine Fassade und Inszenierung. Das Kratzen an der Oberfläche zerstört dann nicht nur den Lack, sondern die gesamte Struktur – und in der Folge den Wert, der sich als eine Blase entpuppt.

In diesem Sinne ist die historische Bausubstanz, die seit Jahrhunderten Beständigkeit und Gefallen findet, ein langzeitlicher Garant für Werterhaltung, während viele neuzeitliche Bauwerke lediglich einen Tauschwert haben, der im wahrsten Sinne des Wortes „austauschbar“ ist. Der Wert ist dann nicht mit dem Objekt zusammenhängend, sondern mit der Lage oder dem Baurecht, respektive dem ausbaubaren Volumen, während die verbaute Materie auf der Müllhalde landet.

Um beim Gebrauchswert zu bleiben: Das Gebaute, das den technischen und emotionalen Anforderungen über möglichst lange Zeiträume dauerhaft entspricht, verfügt über einen hohen Gebrauchswert. Wenn das Bauwerk hingegen nicht mehr im Gleichgewicht steht, weil die Bauteile versagen, sich als nicht dauerhaft erweisen, sich nicht selbstgenügsam in die Umgebung gliedern, die Baukosten und die Instandhaltungskosten explodieren, eine frühzeitige Sanierung notwendig wird, die Zufuhr an externer Energie eskaliert und die Investition sich nicht mehr in einer vernünftigen Zeitspanne lohnt, dann laufen die Dinge grundsätzlich falsch. Dann gilt es, umzukehren.

Günstig und effizient bauen ist möglich, in Zeiten wie diesen aber auch notwendig. Dazu sind allerdings einige Veränderungen am Planungs- und Bauprozess notwendig:

  • Interdisziplinäre Planung von Anfang an: Wer zuerst den architektonischen Entwurf verfasst und dann die Tragwerksplanung sowie die Haustechnik daran anpasst, verliert
  • Integrales Planen: Architektur, Tragwerksplanung und technische Gebäudeausstattung auf Mehrzwecklösungen ausrichten
  • Fokus auf geringsten Bauaufwand
  • Fokus auf geringsten Materialaufwand
  • Fokus auf hohen Vorfertigungsgrad und standardisierte Lösungen
  • Fokus auf den gesamten Lebenszyklus und auf den Energieverbrauch
  • Fokus auf Dauerhaftigkeit über Jahrzehnte und mehr
  • Mehr Baukultur und Bauqualität
  • Schönheit zahlt sich aus!
  • Bauen im Bestand und Weiterbauen am Bestand

Künftig werden beim Bauen die gegebenen Ressourcen sowie die Gefahren durch die natürliche Umwelt eine zunehmende Rolle spielen. Das Bauen muss infolgedessen konsequent „ökologisch“ sein und eine neue Symbiose mit der umliegenden Natur eingehen können. Nicht nur, um ästhetisches Gefallen zu finden. Sondern auch und vor allem, um effizient zu bauen und um die Mitwirkung der Natur in Rechnung stellen zu können. Ein tiefer reichendes Verständnis für die Natur und ihre Belange ist unerlässlich. Weiterbauen an der Natur wird zum unumstößlichen Grundsatz des guten Bauens.

Literatur:

Nico B. Rottke & Michael Voigtländer (Hrsgb.): „Immobilienwirtschaftslehre – Ökonomie“, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2017

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