Thema Elektromobilität
Wasserstoff und Batterie sind theoretisch betrachtet konkurrierende Antriebe im Fahrzeugbau, die beide auf Elektromobilität beruhen, wobei eine wirkliche Konkurrenz gar nicht erst stattfindet, da die Vorteile des Batterieantriebs derzeit deutlich dominieren. Klar, Wasserstoff besticht gegenüber der Batterie durch die hohe erzielbare Energiedichte. Allerdings sind die Energieverluste aus Energieumwandlung ein ganz deutlicher Nachteil.
Vorteilhaft ist Wasserstoff im mobilen Bereich vor allem dort, wo der Aufladevorgang für Batterien einen zu hohen Zeitbedarf hat. Etwa beim Schwerverkehr oder beim Luft- und Seeverkehr. Entsprechend besteht die Wasserstoff-Strategie der deutschen Bundesregierung im Bereich Mobilität in der Bereitstellung von grünem Wasserstoff bis 2050.
Problematischer wird die Angelegenheit allerdings dann, insofern nicht nur die Energieeffizienz im Vergleich Wasserstoff und Batterie in Betracht gezogen wird, sondern die Ressourcen-Thematik ins Spiel kommt. In einer Zeit, in der bestimmte Ressourcen knapp oder geopolitisch nicht mehr verfügbar sind, wird die Frage nach der Herkunft von Ressourcen tendenziell wichtiger bis überlebensnotwendig. In diesem Sinne spricht für die Brennstoffzelle, also für den Einsatz von Wasserstoff im mobilen Bereich, das ist die Brennstoffzelle deutlich einfacher und weniger komplex ist als Akkumulatoren.
„So sind die Wasserstofftanks ungleich simpler aufgebaut als Batterien. Sie bestehen aus schlichtem Kohlefaserverbundwerkstoff, sind in drei Minuten gefüllt, und die Reichweite ähnelt der von traditionellen Autos. Der Ressourceneinsatz ist vergleichsweise gering. Dieser Erkenntnis haben sich japanische und koreanische Hersteller nicht verschlossen. Im Gegenteil, Hyundai zum Beispiel stellt im Januar in Las Vegas bereits die zweite Generation des Brennstoffzellen-SUV vor. Dazu gibt es immer mehr Anzeichen, dass China massiv in die Technik einsteigt. Der Verbrennungsmotor wird zunehmend unnötig – zumindest aus Sicht der asiatischen Industrienationen“ schreibt die Zeit.
Grundsätzlich werden wohl sowohl Wasserstoff als auch Batterien in einer ökologischen Mobilität ihre Anwendungen finden.
Entsprechend ist auch die Merck-Gruppe, die in der Chemie-Branche tätig ist, der Meinung:
„Batteriebetriebene Elektroautos sind keineswegs die Lösung aller Probleme. Die Herstellung der Batterien ist teuer, benötigt gewisse Mengen an Energie und verursacht entsprechend viel CO2. Die Gewinnung von Lithium ist alles andere als umweltfreundlich – und vor allem ist die Reichweite begrenzt: Nach spätestens 250 Kilometern Fahrt im Alltagsbetrieb müssen die meisten elektrischen Mittelklasse-Pkw wieder an eine Steckdose, was dann etwa 45 Minuten Wartezeit bedeutet. Für Millionen von Fahrzeugen ist die Reichweite normaler Lithium-Ionen-Akkus zwar ausreichend, da laut Deutschem Verkehrsministerium 95 Prozent aller Pkw-Fahrten pro Tag unter 50 Kilometer liegen, doch für längere Fahrten sind Batterien wenig praktikabel. Viel geeigneter ist dafür eine Technologie, die den Strom für die Elektromotoren direkt an Bord des Fahrzeugs produziert: in einer Brennstoffzelle (BZ), die Wasserstoff und den Sauerstoff der Luft zu Wasser umsetzt, wobei Energie frei wird – nicht explosiv wie in der bekannten Knallgasreaktion, sondern in Form von elektrischem Strom. Auch ein solches Fahrzeug stößt keinerlei Schadstoffe oder Treibhausgase aus, sondern nur etwas Wasserdampf“.
Die Herausforderung besteht darin, Wasserstoff regional und lokal und kostengünstig durch grünen Strom zu erzeugen.
Energie-Revolution
Disruptiv möchte das Unternehmen HH2E aus Hamburg wirken. Das Manager-Magazin 7/2022 jubelt in Bezug auf HH2E: „Wie eine Ü-50-Truppe die Wasserstoffrepublik rockt“. Das Selbstverständnis bis HH2E ist: „Das HH2E-Werk wandelt eine variable Einspeisung von Sonnen- und Windenergie in eine stabile Versorgung„. Das Business-Konzept sieht dabei wie folgt aus: „Das HH2E-Werk benötigt nur vier Stunden Wind- oder Sonnenenergie pro Tag, um einen konstanten Strom aus kohlenstofffreier Wärme, grünem Wasserstoff und Strom zu liefern. Und das zu ausgesprochen wettbewerbsfähigen Preisen. Denn es wird ausschließlich die Energie genutzt, die in den Stunden mit den niedrigsten Preisen für Sonnen- oder Windenergie gewonnen wird“.
Das HH2E-Kraftwerk arbeitet dabei mit verschiedenen Prozessen, um ein umfassendes Energie-Angebot zu liefern und Mehrzweckaufgaben zu übernehmen:
- Primärenergie aus erneuerbaren Energiequellen
- Wärme in Hochtemperaturspeichern für Städte und Gemeinden
- Wasserstoff durch Zink-Zwischenschritt-Elektrolyse, Verteilung über Wasserstoff-Tankstellen
- Strom aus Wasserstoff durch Turbine oder Brennstoffzelle für Industriekunden
Das Unternehmen schreibt: „Große Mengen an Wind- und Sonnenstrom werden in Form von Wärme gespeichert und dann als aufbereiteter Dampf zur Deckung des industriellen Bedarfs bereitgestellt. Das HH2E-Werk wandelt Spitzenstrom aus Wind und Sonne mit einer hocheffizienten, innovativen Elektrolysetechnologie in grünen Wasserstoff um. Dieser wird dann an Industrie und Kommunen geliefert oder als Brennstoff für Turbinen oder Brennstoffzellen zur Rückverstromung genutzt“.
Das Handelsblatt unterstreicht: „HH2E setzt für die Wasserstoffproduktion auf ein innovatives Konzept: Einerseits soll aus überschüssigem Windstrom per Elektrolyse Wasserstoff hergestellt werden. Andererseits soll mit einem Teil des überschüssigen Stroms Wärme erzeugt und in einem Hochtemperaturspeicher gelagert werden. Wärme und Wasserstoff sollen Industriekunden zur Verfügung gestellt werden. Ein Teil des Wasserstoffs soll außerdem in einer Turbine zur Stromproduktion eingesetzt werden können“.
Elektrischer Strom ist die eine Seite der heutigen Energiefrage. Wärme ist die andere Seite. Wenn russisches Gas künftig ausbleibt oder wir aus politischen Gründen entscheiden, gänzlich darauf verzichten zu wollen, wird die Wärme-Frage drängender. Hinzu kommt, dass Gas für die Industrie weitaus wichtiger ist als Strom.
Darüber hinaus wird Wasserstoff ganz unabhängig von der Elektromobilität in zahlreichen industriellen Prozessen benötigt, weshalb die Produktion essentiell ist: „Grüner Wasserstoff“ bedeutet, das Gas wird mithilfe von erneuerbarer Energie per Elektrolyse aus Wasser gewonnen, in diesem Projekt wird Windstrom genannt. Perspektivisch sei es möglich, den Wasserstoffbedarf der Hamburger energieintensiven Industrie komplett emissionsfrei zu machen, heißt es in einer Mitteilung der drei Unternehmen . Ein Teil der gespeicherten Energie soll als Prozessdampf an die Hamburger Industrie geliefert werden. Zudem soll grüner Wasserstoff mithilfe einer möglichst NOx-armen, hocheffizienten Gasturbine in klimafreundlichen Strom und grüne Fernwärme umgewandelt werden. Die geplante Wasserstoff-Handelsplattform soll zum internationalen Marktplatz für den physikalischen und bilanziellen Handel mit Wasserstoff werden. Denkbar sei auch der Handel mit weiteren, aus grünem Wasserstoff gewonnenen Energieträgern wie Ammoniak, Methanol oder synthetischen Kraft- und Brennstoffen.“
Ganz wesentlich ist für die Produktion von Wasserstoff die Verfügbarkeit von elektrischem Strom. Hinzu kommt allerdings auch der erhebliche Wasserbedarf für „grünen“ Wasserstoff, der vielerorts kritisch ist. Für 1 Kilogramm Wasserstoff werden alleine aus den chemischen Gleichungen, die sich auf die molare Masse beziehen, 9 Liter Wasser benötigt. Im Rahmen der industriellen Prozesse zur Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse dürften es allerdings eher 16 bis 20 Liter sein (Link). Um diese Zahlen einzuordnen: Die meisten Fahrzeuge mit Brennstoffzelle benötigen für 100 Kilometer rund 4 bis 5 Kilogramm Wasserstoff.
Das Problem mit dem „grünen“ Wasserstoff besteht folglich darin, dass dort, wo die Sonneneinstrahlung sich in besonderem Maße für die Stromerzeugung aus Photovoltaik eignet, das Wasser vielfach rar ist. Die Aufbereitung von Meereswasser ist allerdings kostenintensiv und ökologisch fragwürdig. Dadurch sinkt die Effizienz von Wasserstoff noch einmal deutlich. Dass folglich versucht wird, Wasserstoff aus Meereswasser zu erzeugen, liegt auf der Hand: Derzeit werden verschiedene Beschichtungen, Katalysatormaterialien sowie geeignete Membrane erprobt.