Über schnelle Mobilität und aussterbende Dörfer

Schnelle Mobilität ist für alle ein Vorteil. So weit, so gut. In der verkehrstechnischen Praxis ergibt sich davon ausgehend besonders für Großunternehmen ein entscheidender Vorteil.

In den Wirtschaftswissenschaften besagt der „Skaleneffekt“, dass mit zunehmender Produktionszahl die Fixkosten je Gut abnehmen. Großunternehmen können folglich billiger produzieren als kleinere Anbieter. Diesen Vorteil können Unternehmen allerdings erst dann ausnutzen, wenn sie einen unbehinderten Zugang zum Markt haben, womit Mobilität und Erreichbarkeit ins Spiel kommen.

Diesen unbehinderten Zugang zur Mobilität erzielen Großunternehmen besonders durch die Ansiedlung an verkehrstechnisch günstigen – oder zentralen – Orten.

Die Theorie der „Zentralen Orte“ bezieht sich auf den Geographen Walter Christaller. Die Theorie geht davon aus, dass jedes Gut bei einer gegebenen Nachfrage über ein Mindestabsatzgebiet verfügt, um durch die erzielbaren Erlöse die Produktionskosten abzudecken. Anders ausgedrückt: Bei einer gegebenen Nachfrage ist eine bestimmte Versorgungsweite notwendig. Güter, die auf einen möglichst großen Markt angewiesen sind, müssen folglich an Orten mit einer hohen Zentralität oder Erreichbarkeit angeboten werden. Und verlangen ein entsprechendes Verkehrssystem.

Der Radius hängt wiederum von den Geschwindigkeiten ab. Mit der Geschwindigkeit wird die in Umlauf gebrachte Menge naturgemäß größer und es können die Skaleneffekte erst voll ausgenutzt werden. Die schnelle Mobilität nutzt folglich in entscheidendem Maße jenen Unternehmen, die einen großen Markt konkurrenzfähig abdecken können und wollen. Es wird damit erst jener Markt erreicht, den man anstrebt.

Und wer sind die Verlierer? Lokale Betriebe, gewachsene und kleinstrukturierte Ortskerne, der ländliche Raum.

Die Wahl liegt auf jeden Fall auf politischer Seite. Das Argument: „Schneller, weiter, flüssiger“ ist allerdings nicht immer das nachhaltigste, wenngleich vielfach das opportunste. Durch gezielte Szenarienerforschung ist es auf jeden Fall möglich, die Auswirkungen verkehrstechnischer Entscheidungen konkret zu beleuchten und Folgeerscheinungen abzuschätzen. Und erst dann zu entscheiden.

Literatur:

Klaus Schöler: „Raumwirtschaftstheorie“, Verlag Vahlen, München 2005

Michael Demanega: „Verkehrsplanung im Spannungsfeld zwischen Erreichbarkeit und Nachhaltigkeit – Leistungsfähigkeit der Verkehrswertanalyse bei strategischen Entscheidungen im Verkehr am Beispiel Südtirols“, Technische Universität Wien 2017 (Link)

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