Die wichtigste Voraussetzung für ein Bauwerk, zur Baukultur und zum Denkmal zu werden, ist die Fähigkeit zum Altern und zum Älterwerden. Darin besteht aber auch schon das Hauptproblem unserer Zeit: Wir bilden uns ein, am Ende der Geschichte angelangt zu sein, denken weder an das Gestern und schon gar nicht an das Morgen, bauen im Irrglauben, dass Materialien alle Zeit die gleiche Optik haben werden und sind dann schier enttäuscht, wenn es andersherum ist.
Das Glas vergilbt und ist dann alles andere als transparent und durchsichtig. Der Beton „lebt“ entgegen der Erwartungen doch, indem sich Mikroorganismen an der Oberfläche anheften und dort ein Habitat finden. Die Betonoberfläche platzt ab. Der Bewehrungsstahl platzt aus, es bleiben die orangen Rostflecken übrig. Wider Erwarten gibt es sie doch, die Tragstruktur hinter der vermeintlich amorphen Masse Beton. Der Baustahl rostet und korrodiert. Der Kunststoff verliert seine Oberflächeneigenschaften, wird spröde und ranzig. Das Dämmmaterial erweist sich als eine Ansammlung von synthetischem Sondermüll.
Anders verhält es sich bei natürlichen Werkstoffen wie Stein und Holz. Diese natürlichen Werkstoffe haben eine Geschichte in der Natur. Sie vollziehen ein natürliches Leben mit Werden und Vergehen. Sie altern mit uns. Sie begleiten uns. Sie bereichern uns mit Geschichten und mit Spuren der Vorhergehenden. Sie konservieren Erinnerungen- Sie gehen dann, nachdem ihr Zweck innerhalb unserer Behausungen erfüllt ist, wieder an die Natur zurück. Sie sind Teil eines Kreislaufes, das Holz eines zeitlich absehbaren, der Stein eines für menschliche Maßstäbe überzeitlichen Zeithorizontes.
Freilich kommt es immer auch darauf an, dass wir historische Werkstoffe in ihrer historischen Funktion erhalten und ertüchtigen. Ein Ersatz ist keine Option und ein Schlag gegen das Historische.
Noémi Achammer-Kiss hat recht, wenn sie schreibt: „Qualität der historischen Tiefe: Alt sein und Zusammengewachsen-Sein sind Qualitäten, die gespürt werden (…) Alles, was eine Geschichte hat, vermittelt das Gefühl einer sicheren Stetigkeit des Lebens“.
Die Natur ist der Baumeister und wir beweisen als Menschen unsere Kreativität, zwischendurch auch Genialität, indem wir von der Natur nehmen, aber der Natur in Form der Baukultur auch wieder zurück geben. Als Menschen nehmen wir uns dabei bewusst zurück und versuchen, die Natur durch unsere geistige Tätigkeit optimal in Form zu bringen. Am besten laufen die Dinge, wenn wir sie laufen lassen.
In diesem Sinne bildet das Bauen mit Holz heute den Höhepunkt der technischen Entwicklung mit der Natur, weil es uns gelungen ist, Holz im modernen Sinne mit einem enormen Innovationsvorsprung gegenüber anderen Werkstoffen einzusetzen. Dazu sind allerdings hohe konstruktive Fertigkeiten notwendig, weil wir die konstruktiven Versäumnisse nicht mit Kunststoffen ausgleichen wollen. Auch beim Holzbau kommt es auf das Wie an.
Um die Natürlichkeit weiter zu treiben, sind grüne Fassaden sowie grüne Dächer heute im Fokus unserer Aufmerksamkeit – und zwar zu Recht. Der Landschaftsgarten ist nicht mehr nur horizontal, sondern auch vertikal.


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