Lager und Auflager im Bauwesen

Lagerungen sind im Bauwesen wesentlich. Jedes Tragwerk muss auf die eine oder andere Art und Weise auf dem Baugrund aufgelagert werden. Wenn sich ein Bauteil auf ein zweites Bauteil abstützt, so sind sowohl Verdrehungen als auch Verschiebungen auf drei Weisen möglich:

  • Durch Rollen
  • Durch Gleiten
  • Durch Verformen zwischengeschalteter Medien

Aus der Baustatik wissen wir, dass statisch unbestimmte Bauwerke Zwangskräfte hervorlösen, aus denen mehr oder weniger große Belastungen des Tragwerks resultieren.

Vielfach wird im Hochbau ein Auflager einfach nur durch Auflegen erzeugt. Eine spezielle Bemessung des Auflagers erfolgt nicht. Im Auflager selbst stellen sich aber mitunter komplexe Spannungszustände ein, welche Risse und Abplatzungen verursachen können, die allerdings vielfach unbemerkt bleiben.

Eine konstruktive Lagesicherung verhindert in vielen Fällen die entsprechenden Relativverschiebungen, verhindert aber im gleichen Ausmaße auch die Entspannung durch Dehnung, sodass sich Zwang einstellen kann. Solche feste Lagerungen sind nur begrenzt sinnvoll anwendbar: „Anschlüsse, bei denen weder Rotation noch Translation möglich ist, werden nicht durch Lager hergestellt. Man spricht in solchen Fällen von Einspannung. Solche Anschlüsse waren in der Vergangenheit im Hochbau die Regel. Sie sind im Allgemeinen die primitivere Konstruktionsform und stets dort gerechtfertigt, wo aufgrund des verwendeten Materials (Holz, Ziegelmauerwerk) oder der Unempfindlichkeit der Bauwerke (Durchlässe, Stützmauern) Schäden durch Bewegungen im Bauwerk oder im Untergrund nicht zu erwarten sind oder durch Fugen ausgeglichen werden können, bzw. wo es unbedenklich ist, wenn sich Gelenke selbsttätig ausbilden (durch Rissbildung)“ [1].

Lager sind in der statischen und dynamischen Berechnung natürlich immer nur Idealisierungen. Die realen Gegebenheiten weichen von der theoretischen Idealisierung ab. Wichtig ist, dass die Idealisierungen auf der sicheren Seite erfolgen.

„In der Mehrzahl der Fälle werden sich durch die monolithische Verbindung von Balken oder Platten mit Stützen, Wänden oder Unterzügen Lagerungsbedingungen einstellen, die zwischen der freien Drehbarkeit (gelenkige Lagerung) und der vollständigen Behinderung der Verdrehung (starre Einspannung) liegen“ [2].

Zu den idealisiertem Auflagern gehören:

  • Frei drehbare Lagerung: „Eine vollständig frei drehbare Lagerung stellt sich im Wesentlichen nur bei Anordnung spezieller Lager, z. B. Elastomerlager bzw. Lagerkonstruktionen des Brückenbaus ein. Balken oder Platten, die auf Mauerwerk oder Betonwänden ohne Anschlussbewehrung aufbetoniert werden, können als frei drehbar gelagert angesehen werden, sofern die freie Verformung nicht durch Auflasten o. ä. behindert wird. Eine gelenkige Lagerung bedeutet allerdings auch, dass sich Drehbewegungen z. B. aus der Biegeverformung des Balkens bzw. der Platte einstellen können, die zu einem teilweisen Aufreißen der Lagerfuge führen können“ [2].
  • Teilweise Einspannung: „Die freie Drehbarkeit wird durch Auflasten z. B. aus aufgehenden Wänden oder durch einen monolithischen Anschluss an stützende Bauteile (z. B. Anschluss von Balken oder Platten an Unterzüge ohne speziell dafür ausgelegte Einspannbewehrung) behindert. Die aus der teilweisen Einspannung entstehenden Zwängungen bzw. Biegemomente brauchen bei Befolgung konstruktiver Regeln i. d. R. nicht explizit berücksichtigt werden. Beispielsweise muss an gelenkig angenommenen Endauflagern zur Aufnahme der rechnerisch nicht berücksichtigten Einspannmomente konstruktiv obere Bewehrung angeordnet werden“ [2].
  • Einspannung: „Eine planmäßige Einspannung muss durch die explizite Bemessung für das Einspannmoment und eine entsprechende Bewehrungsführung erreicht werden. Der Einspanngrad ist dabei abhängig von den Steifigkeitsverhältnissen der verbundenen Bauteil“ [2]. Übersteigen die Schnittgrößen die Widerstände, für welche die Einspannung ausgelegt ist, erfolgt eine teilweise Einspannung und in weiterer Folge eine freie Drehbarkeit durch Riss- und plastische Gelenkbildung.

Wenn die Überbauten große horizontale Ausdehnungen haben, sind in der Folge biegesteife Anschlüsse unwirtschaftlich, sodass – wie im Brückenbau – spezielle Lager zur Anwendung kommen, welche übermäßige Schnittkräfte verhindern.

Elementare Grundsätze zur Wahl der Lagerung sind [1]:

  • Die Lagerung eines Bauwerks sollte zwängungsarm sein: „Eine zwängungsarme Lagerung eines Bauwerks wird erreicht, wenn nur ein festes Lager, ein einseitig bewegliches Lager mit Bewegungsrichtung zum festen Lager und im Übrigen nur allseitig bewegliche Lager vorgesehen werden“ [1].
  • Statische Berechnungen sollten stets auf der sicheren Seite liegen: Dies betrifft die Beurteilung der statistischen Verteilung der Widerstandswerte.
  • Die geometrischen und kinematischen Gegebenheiten müssen berücksichtigt werden.
  • Die rechnerischen Bauwerksverformungen bei einfachen Einwirkungen können in voller Größe auftreten: „Werden Schnittgrößen aufgrund von Bauwerksverformungen unter einfachen Lasten ermittelt, so ist die Sicherheit durch den Abstand zu den Widerstandsschnittgrößen gegeben. Ist die Verformung selbst Bemessungsgröße, wie beim Verschiebeweg von beweglichen Lagern und beim Kippwinkel von Topflagern, so müssten konsequenterweise Sicherheitszuschläge zu diesen Verformungswerten berücksichtigt werden“ [1].
  • Hochwertige Lager funktionieren nur bei ordnungsgemäßem Einbau. Lager sind Bauteile, die einer Kontrolle und Wartung bedürfen. Moderne Lager sind in der Folge als Verschleißteile zu betrachten.

Literatur:

[1] Tobias Block, Helmut Eggert, Wolfgang Kauschke: „Lager im Bauwesen“, Ernst und Sohn Verlag, Hoboken 2013

[2] Konrad Zilch , Gerhard Zehetmaier: „Bemessung im konstruktiven Betonbau nach DIN 1045-1 (Fassung 2008) und EN 1992-1-1 (Eurocode 2)“, Springer Verlag, Wiesbaden 2010

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