Holzbau damals und heute
Holzbau ist derzeit in aller Munde. Dieser Umstand resultiert nicht nur, aber auch, aus einem ästhetischen Bewusstsein heraus. Holz ist ein natürliches Baumaterial, das wie wir Menschen wächst, lebt, vergeht – und im Bauwerk weiter wirkt. Holz verfärbt mit der Umgebung, ist natürlichen Umständen ausgeliefert, kann aber auch – wenn es in Form gebracht wird – erhöhen, erstaunen und und nachhaltig beeindrucken. Holz hat eine geringe Wärmeleitfähigkeit, ist warm, es fühlt sich gut an, es riecht nach Natur und Wald und beglückt uns folglich.
Mit dem Holz stehen wir in Verbindung mit dem Wald. Nur wenn wir eine nachhaltige Waldwirtschaft und Forstwirtschaft betreiben, sind wir in der Lage, das Holz zum Bauen zu verwenden und das Holz, das wir nicht zum Bauen benötigen, zum Heizen zu nutzen. Der Wald ist immer den natürlichen Prozessen ausgeliefert, hat in Form des Schutzwaldes aber auch einen ganz konkreten kulturellen Nutzen.
Im tradierten Holzbau, kann der Zimmerer in Form der konstruktiven Verbindungen des Holzbaus, die dauerhaft, fest und ästhetisch ansprechend sein sollen, sein technisches Können unter Beweis stellen. Die Schönheit, Kühnheit und Kreativität der Holzverbindungen im tradierten Holzbau besticht.

Im modernen Kontext gewinnt der Holzbau durch die Nachhaltigkeit des Werkstoffes Holz gegenüber Beton immens an Bedeutung. Vom Werkstoff Holz und von den traditionellen Holzverbindungen ausgehend, stehen durch verklebte Holzwerkstoffe und moderne, hybride Holzbauverbindungen, die auf Stahl zurückgreifen, ungeahnte Möglichkeiten zur Verfügung. Hinzu kommt der hohe Vorfertigungsgrad, sodass Holzbauteile in der Werkhalle mittels moderner Maschinen gebaut und auf der Baustelle effizient verbaut werden, was deutliche Zeitvorteile bringt. Aus statischer Sicht ist die geringe Dichte des Werkstoffes Holz von Vorteil. Auch mehrgeschossige Holzbauwerke sind vergleichsweise leicht, belasten den Baugrund in weitaus geringerem Maße wie Beton und erzeugen im Falle von Erdbeben geringere Erdbebenkräfte.
Freilich, damit Holz seinen heutigen Stand erreichen konnte (und die Zukunft wird noch viel deutlicher in Richtung Holzbau zeigen), waren Pionierleistungen in Wissenschaft, Forschung, Planung und Industrie notwendig. Lange Zeit hatte der Holzbau im 20. Jahrhundert gegenüber vermeintlich „modernen“ Werkstoffen wie Beton und Stahl und Glas keinen leichten Stand, im Gegenteil. Gerade durch die bauliche Moderne bedingt, war der tradierte Holzbau ohnehin verpönt. Dafür sorgten die Größen der modernen Architektur mit ihren Theorien, die heute der Wirklichkeit kaum standhalten können.
Insbesondere der kürzlich verstorbene Bauingenieur Julius Natterer konnte dem modernen Holzbau durch Forschungen rund um das Holz zur Renaissance und zum Ingenieurholzbau verhelfen. Natterer gilt als modernen Holzbaupionier, der es verstand, die modernen Anforderungen an das Bauen mit der Mechanik des Werkstoffes Holz zu verbinden. Der unter anderem von Julius Natterer verfasste „Holzbau Atlas“ ist nach wie vor ein wichtiges Standardwerk zum modernen Holzbau, das als Inspiration für konstruktive Holzbaulösungen einen weitreichenden Fundus bietet.
Materialität und Oberfläche beim Holz

Beim Holz scheiden sich grundsätzlich, alleine wegen der Materialität, die Geister: Die einen mögen es, wenn sich außen anliegendes Holz an den Fassaden als Zeichen der Natürlichkeit und Lebendigkeit verfärbt. Die anderen beurteilen dies als Makel.
Bei der Holzverfärbung wirken Sonne und Verwitterung zusammen. Die UV-Strahlung baut den Holzbestandteil Lignin ab, woraus sich eine intensive Braunfärbung ergibt. Die Witterung wäscht die wasserlöslichen Bestandteile des Lignins aus und hinterlässt eine graue Optik. Durch die Holzbefeuchtung siedeln sich allerdings auch Schimmelpilze an, die zu einer Schwarzfärbung führen, die wir häufig bei Bauernhäusern oder Almhütten erkennen [1].
Wer die Holzfarbe beständig will, muss zum Holzanstrich greifen – und diesen immer wieder einmal erneuern.
Vielfach ist die Farbe, über die historische Holzkonstruktionen verfügen, dem Holzschutzanstrich geschuldet. Johann Peer schreibt zu diesen Anstrichen: „Generell hat es sich bei historischen Fassadenmalereien um offenporige Anstriche auf Leinölbasis gehandelt, die dem Holz die »Atmung« erlaubt und Fäulnisbildung verhindert haben“ [2]. Bei historischen Holzschutzanstrichen, die rötlich sind, handelt es sich nachweislich um Eisenoxidprodukte und nicht um „Ochsenblut“.
Farbstoffe wurden grundsätzlich in Form organischer oder mineralischer Pigmente hergestellt. Organische Pigmente sind entweder pflanzlich oder tierischen Ursprunges. Die geringe Beständigkeit begrenzte deren Anwendung allerdings weitgehend auf die Innengestaltung. Das Schwedenrot, mit dem Holzbauten in Schweden klassisch eingefärbt sind – und jährlich neu gestrichen werden -, entstand seit dem 16. Jahrhundert aus einem Kupferpigment.
Wer es natürlich will und nicht ständig neu streichen möchte, lebt damit, dass sich das Holz – wie auch der Mensch – verändert. Und dass das Holz – aus der Natur entnommen – auch über die Schlägerung hinaus weiterlebt. So, wie sich der Baum, der bestenfalls neben dem Haus steht und dem Haus als Schutzbaum seinen Schutz stiftet, über den Jahreskreis hinweg verändert, verhält es sich auch mit dem Holz. Und dass das Holz dann – am Ende seines Lebenszyklus – wieder bedenkenlos an die Natur zurückgegeben werden kann. Ohne ökologischen Fußabdruck, zumindest weitgehend.
Gerade im modernen Bauen, wo Baubiologie und Ökologie sowie die viel zitierte „Nachhaltigkeit“ an Wert gewinnen, gilt es, sich mit natürlichen Bauweisen und Baumaterialien zu befassen, auf Kunststoff, Chemie und Künstlichkeit zu verzichten und nachhaltig zu gewinnen. Vielleicht ist dazu ein neuer Ansatz im Bauen notwendig: Mehr Qualität und genial entwickelte Details, weniger Quantität und Pfusch. Und vielleicht Bauwerke realisieren, die – weil genial geplant – auf natürliche Materialien setzen und das Künstliche ausmerzen.
Literatur:
[1] ProHolz Austria: „Veränderung von Holz durch Witterungseinfluss“, Netzpräsenz, 28.10.2020
[2] Johann Peer: „Holzschutz an den Bauernhäusern des Bregenzerwalde“, „Zuschnitt 21“ der Pro Holz Austria, Wien 2006
[3] Klaus Zwerger: „Das Holz und seine Verbindungen“, Birkhäuser Verlag, Basel 2012
[4] Thomas Herzog, Julius Natterer, Roland Schweitzer, Michael Volz, Wolfgang Winter: „Holzbau Atlas“, Birkhäuser Verlag, Basel 2003