Unser Boden ist der Baugrund. Im Lehmbau aber auch der Werkstoff. Im Gegensatz zum Beton ersparen wir uns dabei zahlreiche Fertigungsprozesse und Energie, weil der natürliche Baustoff Lehm mit Wasser versetzt, getrocknet und somit fest wird. Entsprechend ökologisch ist die Bauweise, die nahezu unbegrenzt durch Wasserzugabe und Trocknung modellierbar ist. Am Ende des Lebenszyklus ist der Baustoff entsprechend einfach an die Natur wieder abzugeben.
Befasst man sich mit historischem Bauen, etwa mit dem Fachwerksbau, wird der Lehmbau ohnehin relevant.
Man könnte sich als Bauingenieur auf nur einen Werkstoff, etwa Holz, konzentrieren. Das schränkt allerdings den Blick ein, gerade in der Altbausanierung, aber auch im Neubau, der bauaufgabenspezifisch die „beste“ Lösung findet. Standardlösungen gibt es ohnehin nicht und die Kundenwünsche sind vielfältig: Es geht um viel Kapital und um die Verwirklichung im Bauwerk. Die Konzentration auf nur einen Werkstoff schließt zahlreiche Dimensionen des Bauens aus.
Mit Baubiologie ist die Beziehung zwischen dem Menschen und seiner gebauten Umwelt bezeichnet. Verbaut werden Baustoffe, die möglichst natürlich sind und menschliches Leben durch keinerlei Schadstoffe belasten. Dieser Materialien sollen möglichst naturbelassen, diffusionsoffen, hygroskopisch und sorptionsfähig sein [4].
Wesentlich ist im Sinne der Baubiologie die Verwendung ökologischer Baustoffe, die intelligent kombiniert werden und folglich möglichst wenige synthetische Hilfsmittel benötigen. Bauen mit Holz und Lehm ist einfach, erfordert aber entsprechenden planerischen Einsatz, um Fehler zu vermeiden, die bei natürlichen Baustoffen immer gravierend sind, weil diese Baustoffe mit der Umwelt interagieren. Den konstruktiven Details ist viel Sorgfalt zu widmen, um mit möglichst wenigen künstlichen Hilfsstoffen auszukommen.
Der Begriff der Behaglichkeit ist im Sinne der Baubiologie essentiell. Das so genannte „gesunde“ Raumklima ist natürlich eine subjektive Angelegenheit, ist in Grenzen aber objektivierbar. Dazu gehört die Temperatur der Materialien, die optimalerweise 2°C kühler oder maximal 5°C wärmer sind als die Raumluft. Steigen die Raumtemperaturen, bedeutet dies kältere Oberflächen und damit erhöhte Gefahr der Schimmelpilzbildung. Wichtig ist ebenso die Luftfeuchtigkeit, die idealerweise zwischen 40 und 60% liegen soll. Dies wird durch die Lüftung als auch durch diffusionsoffene Bauweisen positiv beeinflusst [4].
Lehm wirkt in diesem Sinne komfortsteigernd. Lehm ist dampfdurchlässig und wirkt in Form von Lehmputz regulierend. Dadurch sind Feuchtekonzentrationen und Schimmelpilzbildung verhindert. Zudem wirkt Lehm wärmespeichernd, was sowohl im Sommer als auch im Winter Vorteile eröffnet.
„Lehm, Holz und Dämmstoffe aus Pflanzenfasern: Kaum eine Baustoffkombination dürfte so ressourcenschonend, bewährt und dauerhaft sein und auch in weiter Zukunft nachhaltig eingesetzt werden können“ schreibt das Baubiologie-Magazin.
Heute ist die Natürlichkeit aber auch eine ästhetische Kategorie. Wir fühlen uns „besser“, wenn wir wissen, dass das Gebaute ökologisch verträglich und möglichst viel Natur ist und mit dem Boden im Zusammenhang steht.
Lehm ist eine Bodenart, die sich aus Ton, Schluff und Sand zusammen setzt. Indem der Lehm trocknet, ist dieser als Werkstoff einsetzbar. Vielfach kommt Lehm mit Holz oder Schilf zum Einsatz, wobei das Holz oder das Schilf dann wie eine Bewehrung wirken. Gerade in warmen Gegenden wirkt der Lehm mit seinen Wärmespeicherfähigkeiten den Temperaturspitzen entgegen und gleicht den Feuchtehaushalt aus. Folglich wird Lehm heute als ökologischer Baustoff zunehmend im Sinne der Gegenmaßnahmen betreffend sommerlicher Überhitzung wichtig.
Üblicherweise wird Lehm in nichttragenden Bauteilen verwendet. Der Lehm kann mit Zement oder Kalk stabilisiert werden, wodurch dieser fester und resistenter gegenüber Feuchtigkeit wird. Dadurch geht allerdings die Reversibilität verloren. Alternativ kommen Pflanzenfasern zur Anwendung, etwa Stroh.
In diesem Sinne werden tragende und nichttragende Bauteile zumeist getrennt, sodass das Skelett in Holz und die Ausfachung in Lehm ausgeführt wird. Lehm kann aber auch im Massivholzbau als speicherwirksame Schicht gegen sommerliche Überwärmung Anwendung finden.
Zur Anwendung kommt der Lehm aber auch in tragender Form als Lehmziegel oder als Massivlehm oder Stampflehm, wobei durch Verdichtung eine erhöhte Festigkeit erzielt wird. Lehmziegel sind ungebrannte Ziegel und werden mit Lehmmörtel oder Kalkmörtel gemauert. Der Stampflehm wird schichtenweise in Schalungen eingebaut. Stampflehm findet in Teilen Nordafrikas (Marokko), aber auch in Europa im vernakulären Bauen Anwendung. Wird der Lehm tragend eingesetzt, werden die Dicken größer. Kommt dann auch noch eine Wärmedämmung dazu, wird der Wandaufbau oftmals übertrieben dick. Zudem besteht die Möglichkeit, in Lehmstrangbauweise zu arbeiten, wo der Lehm auf der Baustelle in Stränge geschichtet wird.
Lehm hat eine enorme Bandbreite von 400 bis 2000 kg/m³. Bei leichten Lehmen kommen Fasern zum Einsatz wie Stroh und Holzhäcksel. Mineralische Leichtzuschläge sind Blähton, Perlite oder Bims. Gestampfter Lehm erreicht 2000 kg/m³ und mehr. Leichte Lehme sind lufthaltig und wärmedämmend, schwere Lee haben wenige Luftporen und wirken als Massespeicher. Bei einer mittleren Dichte besteht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wärmedämmung und Wärmespeicherung. In der Regel wird der Lehm mit einer Wärmedämmung ergänzt.
Wesentlich ist der Feuchteschutz wie beim Holzbau mit – für unser europäisches Klima – tendenziell robustem Aufbau, also moderat dampfbremsend innen und diffusionsoffen außen. Ansonsten ist der Lehm ohne Feuchteschutz keine dauerhafte Angelegenheit. Bauteile gehören ohnehin immer bauphysikalisch berechnet und geschützt. Zur Anwendung kommen Membranen. Da Lehm aber sehr leitfähig ist, geht die Trocknung schnell vor sich.
Entsprechend feuchteregulierend wirkt auch ein Lehmputz. Die Anbringung von Lehmputz auf mehr oder weniger glatten Holzoberflächen erfordert das Aufbringen eines Putzträgers, vielfach wird dafür Schilfstuckatur oder Hanfvlies verwendet. Oder aber die Wärmedämmung, etwa Holzweichfaserplatten. Im Gegensatz zu Kalkputz entwickelt der Lehmputz nämlich keine Adhäsion.
Da Lehm eine geringe Ausgleichsfeuchte hat, entzieht dieser dem Holz immer Feuchte, was positiv ist.
Die Natürlichkeit des Lehms hat ökologische, aber auch ästhetische Vorteile. Die Natürlichkeit des Materials harmoniert folglich mit historischen Mauerkonstruktionen, erzeugt eine ästhetische Archaik und ein Gefühl der essentiellen Natürlichkeit.
Stampflehm kann natürlich nicht mit Beton oder Ziegel konkurrieren. Die Druckfestigkeit erreicht bei Stampflehm 3 bis 5 N/mm², während Beton den 10-fachen Wert erreicht. Beton erreicht eine Zugfestigkeit von 2,6 N/mm². Stampflehm erreicht die folgenden mechanischen Eigenschaften: Druckfestigkeit: 2,40 N/mm2, Biegezugfestigkeit: 0,52 N/mm, Scherfestigkeit: 0,62 N/mm2, Schwindmaß: 0,25 % bis 1,00 % je nach Material, Kriechmaß: 0,20 %, Wärmedehnung: 0,005 mm/mK [1].
Unbewehrter Beton ist ähnlich wie Lehm für nur druckbelastete Bauteile eine Möglichkeit, ressourcensparsamer zu bauen.
Stampfbeton findet historische Anwendung in hochbelasteten Fundamenten. Der Beton wird verdichtet und erreicht dadurch eine erhöhte Festigkeit: „Stampfbeton ist ein unbewehrter Beton, der üblicherweise aus einem Gemisch von Zement und Naturstein besteht. Durch entsprechende Schalungen kann er in beliebigen Formen hergestellt werden. Im Vergleich zu normalem Beton muss er jedoch viel trockener sein und eine erdfeuchte Konsistenz aufweisen. Die Verdichtung erfolgt schichtweise durch die Druckstöße des Stampfens. Eine Schichtdicke beträgt zwischen 15 und 25 cm. Vor dem Hinzufügen einer neuen Schicht muss die darunter liegende so lange gestampft werden bis der Beton eine geschlossene Oberfläche zeigt, auf der sich ein Feuchtefilm bildet. Dies führt zu einer homogenen und geschlossenen Schicht und verhindert die Entstehung von Kiesnestern“ [2].
Und weiter: „Stampfbeton besitzt durch die vielen Lufteinschlüsse eine geringere Druckfestigkeit als gegossener Beton. Allerdings entstehen fast keine Schwindrisse, da nur wenig Anmachwasser verwendet wird“.
Grundsätzlich ist das Bauen mit unbewehrtem Beton eine interessante Form der baulichen Effizienz. Unbewehrter Beton kommt in jenen Bereichen zur Anwendung, die in Ziegelmauerwerk ausgeführt werden, während Bauteile, die zur horizontalen Aussteifung eingesetzt werden, selbstverständlich bewehrt werden. Grundsätzlich alles hoch bewehren ist allerdings ökologisch ineffizient.
Der Stampfbeton, der in historischen Brückenkonstruktionen eingesetzt wird, entspricht in etwa den Eigenschaften eines C16/20 bzw. C20/25 [3]. Man erhält mit Stampfbeton eine dauerhafte und druckfeste Konstruktion mit einer markanten Oberfläche, bei der die Schichten ablesbar bleiben.
Selbstverständlich sind die mechanischen Eigenschaften von Stampflehm und Stampfbeton in keinster Weise mit Stahlbeton vergleichbar. Ein Einsatz in tragenden Bauteilen geringerer Belastung, etwa im einfachen Wohnbau, ist möglich, sinnvoll und ästhetisch wirkungsvoll.
Literatur:
[1] Martin Rauch: „Gebaute Erde – Gestalten & Konstruieren mit Stampflehm“, Detail Verlag, München 2015
[2] Horst Schroeder: „Lehmbau – Mit Lehm ökologisch planen und bauen“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2013
[3] Franz Volhard: „Bauen mit Leichtlehm. Handbuch für das Bauen mit Holz und Lehm“, Birkhäuser Verlag, Basel 2021
[4] Nurgül Ece: „Baubiologie: Kriterien und architektonische Gestaltung“, Birkhäuser, Basel 2018


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