Die Bauüberwachung als Bauleitung wird häufig – nur – als ein notwendiges, aber passives Instrument in der Bauausführung betrachtet. Den anderen Beteiligten beim Thema Zeitprogramm, Kostenprogramm und Bauqualität auf die Finger schauen und dabei dieses oder jenes ermahnen, beanstanden und zur Last setzen, lässt sehr bald schon ernsthafte Konflikte entstehen.
„Wer Bauprojekte realisieren möchte, sollte Konfikte lieben lernen!“ schreibt Nina Schwab [4]. Aus der Konflikttheorie wissen wir allerdings, dass Konflikte klein zu halten und frühzeitig abzukühlen sind und der geschürte Konflikt letztlich der Problemlösung nicht nützt und keiner positiven Projektkultur entspricht. Entsprechend müssen Konfliktmanagement-Maßnahmen frühzeitig durch ein transparentes und klares Änderungsmanagement gesetzt werden.
Begrifflich ist im Rahmen einer Bauausführung zwischen Projektsteuerung (beratende Stabstelle) und der Projektleitung (Entscheidungsbefugnis) zu unterscheiden [4], die beide unter den Begriff des Projektmanagements fallen:
„Projektsteuerer verantworten den konzeptuellen Aufbau und die projektbedingte Weiterentwicklung der Kommunikationsstruktur“. Und: „Projektleiter verantworten das Konfiktmanagement im Hinblick auf gemeinsame Projektziele. Sie führen Kommunikationsprozesse wie Besprechungen und Verhandlungen mit dem Ziel der Entscheidungsfndung“.
Davon zu unterscheiden ist die Bauobjektüberwachung, welche mit der Überwachung der Bauausführung betreut wird. Zu den wichtigsten Aufgabengebieten gehören die Überwachung des Baus sowie die Dokumentation. Daraus ergeben sich die folgenden Verantwortlichkeiten:
- Übereinstimmung des Bauobjekts mit der öffentlich-rechtlichen Genehmigung oder Zustimmung
- Übereinstimmung des Bauobjekts mit den Verträgen der ausführenden Unternehmen
- Übereinstimmung des Bauobjekts mit den Ausführungsunterlagen
- Übereinstimmung des Bauobjekts mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik
Die Abnahme einer Bauleistung ist im Sinne der Bauleitung ein zentraler Prozess. Die Abnahme hat verschiedene Rechtsfolgen, nämlich die Wirkung der Erfüllung durch den Auftragnehmer, der Übergang der Leistungsgefahr (Erfüllungspflicht) vom Auftragnehmer zum Auftraggeber, die besonders bei Abweichungen vom Plan-Soll relevant wird, die Fälligkeitsvoraussetzung für die Vergütung sowie den Beginn der Verjährungsfrist für Mangelansprüche.
Grundsätzlich hat der Auftragnehmer ein Recht auf Abnahme seiner Leistung, womit diese als formal abgeschlossen gilt. Potenziell mit Mängeln, die vor oder nach der Abnahme bekannt und deklariert waren.
Die Abnahme muss nicht förmlich oder ausdrücklich erfolgen, sondern besteht auch bei konkludentem Handeln. Eine fiktive Abnahme bezeichnet das Ausbleiben einer Abnahme durch den Auftraggeber trotz Setzung einer „angemessenen Frist“ durch den Auftragnehmer, wobei die Abnahmewirkung gegeben ist. Über allfällige Rechtsfolgen einer nicht erfolgten Abnahme und die entsprechenden Verjährungen bei Mängeln dürfen sich die Gerichte streiten.
Bei Vorliegen „wesentlicher“ Mängel ist eine Abnahmeverweigerung möglich.
Eine Abnahme erfolgt im Wesentlichen aber auch „unter Vorbehalt bekannter Mängel“. Erfolgt dieser Vorbehalt trotz Kenntnis der Mängel nicht, geht der Anspruch grundsätzlich verloren, wobei viel juristischer Interpretationsspielraum besteht.
Für die Bauüberwachung oder Bauleitung zahlt es sich wie für alle Beteiligten aus, ein möglichst hohes Fachwissen an den Tag zu legen und auch abseits der Bauüberwachung stark in der Projektabwicklung beteiligt zu sein. Ansonsten wirkt die Bauüberwachung baupraxisfern.
Eine immense Bedeutung nimmt das Nachtragsmanagement (Claim-Management oder Anti-Claim-Management) ein, das bei Mengenänderungen, Leistungsänderungen oder Bauzeitverzögerungen schlagend wird. Das Nachtragsmanagement befasst sich mit dem Abwehren oder Durchsetzen entsprechender Forderungen.
Wie immer lautet Agieren statt Reagieren das Schlüsselkonzept, geht es in der Bauüberwchung doch um das aktive Aufstellen von Projektrahmenbedingungen, welche den Zeitplan, das Kostenmanagement, den Umgang mit Änderungen, das Mängelmanagement sowie die Qualitätskontrolle umfassen. Es geht um das Steuern und nicht nur um die Verwaltung der Umstände. Folglich ist eine aktive Rolle gefragt, die mit Planung, Ausführung und Auftraggeber auf Augenhöhe am Projekterfolg arbeitet.
Literatur:
[1] Egon Leimböck , Andreas Iding , Heiko Meinen: „Bauwirtschaft: Grundlagen und Methoden“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2017
[2] Bernd Kochendörfer , Jens H. Liebchen , Markus G. Viering: „Bau-Projekt-Management – Grundlagen und Vorgehensweisen“, Springer Verlag, Wiesbaden 2021
[3] Falk Würfele , Bert Bielefeld , Mike Gralla: „Bauobjektüberwachung Kosten – Qualitäten – Termine – Organisation – Leistungsinhalt – Rechtsgrundlagen – Haftung – Vergütung“, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2012
[4] Nina Schwab: „Konfliktkompetenz im Bauprojektmanagement: Konfliktrisiken vermeiden – Konfliktpotenziale nutzen“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2019


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