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DMN*Timber _ Modernes Bauen mit Holz: Feuchteschutz im Holzbau _#3

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Das Bauen im mehrgeschossigen Holzbau macht umfangreiche Überlegungen zu den Themen Tragwerk, Feuchteschutz und Bauabdichtung, Wärmeschutz, Schallschutz und Brandschutz notwendig. Nur wenn das Bauwerk bis ins letzte Detail geplant ist, sind die Grundlagen für einen nachhaltigen und dauerhaften Holzbau geschaffen.

Grundsätzlich bildet die Außenhaut oder Hülle im Holzbau ein komplexes Ganzes, an welches vielfältige Anforderungen gestellt werden müssen:

  • Außenseitig sind die Winddichtheit sowie eine Abdichtung zu garantieren.
  • Innenseitig ist eine Luftdichtheit sicherzustellen, die Wärmeverluste, Feuchteleckagen oder die Schallübertragung verhindert.
  • Zwischen diesen beiden Lagen ist dann auch noch eine Wärmedämmung vorzusehen.

Darüber hinaus sind an der Innenseits sowie an der Außenseite der Außenhaut unterschiedliche Wasserdampfdiffusionswiderstände sicherzustellen.

Grundsätzlich verfügen unsere Gebäude über eine Ventilation oder Lüftung. Die Außenluftraten, also die Austauschraten, über welche ein Gebäude verfügen muss, um die biophysikalischen und hygienischen Anforderungen zu erfüllen und um Schadstoffe abzuführen, bestimmen die Dimensionierung von Durchlässen zur natürlichen oder mechanischen Lüftung.

Die natürliche Lüftung ist der Luftwechsel, der durch Temperaturdifferenzen, Druckunterschiede oder durch Luftbewegungen hervorgerufen wird. Der natürliche Luftwechsel vollzieht sich über die Fugenlüftung, die bei Windanfall auch bei geschlossenen Fenstern als unangenehme Zuglufterscheinung wahrgenommen wird, durch die Fensterlüftung sowie durch die Schachtlüftung, die sich als Auftriebshöhe der Zuluftkanäle ergibt.

Die mechanische Lüftung wird unabhängig von der natürlichen Temperatur und Druckluftverhältnisse konzipiert, indem mechanische Entlüftungsanlagen zum Einsatz kommen, welche mit oder ohne Luftaufbereitung laufen. In allen Fällen sind die Lüftungsanlagen nur im haustechnischen Ganzen im Sinne des Wärmehaushaltes sowie der Luftdichtheit und des Feuchteschutzes zu planen, sodass der Übergang zur Bauphysik gegeben ist.

Um die Behaglichkeitskriterien zu erfüllen, wird Luft in mechanischen Lüftungsanlagen mit geringen Geschwindigkeiten eingeblasen, ohne dabei Zuglufterscheinungen aufkommen zu lassen. Wesentlich ist der physikalische Umstand, dass wärmere Luft aufgrund des geringeren Gewichtes dazu tendiert, aufzusteigen, sodass die haustechnische Planung diesem Charakteristikum Rechnung zu tragen hat. Zur Behaglichkeit gehört auch der Schallschutz bei mechanischen Geräten.

Die Luftdichtheit der Gebäudehülle ist dabei gleich aus mehreren Gründen essenziell. Erstens ist nur bei Luftdichtheit ein Wärmehaushalt ohne wesentliche Energieverluste zu bewerkstelligen. Zweitens wird dadurch die Feuchtekonvektion sowie die Dampfdiffusion nach außen hin durch Leckagen verhindert. Drittens wird auch der Wind- und Feuchtigkeitsdurchdrang nach innen verhindert. Und viertens wird der Schallschutz ermöglicht.

Typische Schwachstellen im Sinne der Luftdichtheit sind alle Diskontinuitäten in der Gebäudehülle, wozu Fugen, Übergänge, Durchdringungen und Anschlüsse gehören. Gerade im Holzbau stellen Leckagen typische Schadensursachen dar. Folglich ist eine umlaufende innere Luftdichtheitsebene zu realisieren, welche alle Schwachstellen durch Überlappungen und Klebebänder überbrückt.

Die Luftdichtheitsschichten werden über Folien realisiert, die gleichzeitig auch Feuchteschutz bieten und im Sinne einer „Membran“ bestimmte Dampfdiffusionsereignisse zulassen und andere ausschließen. Es erklärt sich von selbst, dass dazu intelligente Materialentwicklungen notwendig sind, die nur über Kunststoffe zu bewerkstelligen sind.

Abseits von der Materialtechnologie und Produktentwicklung bedeutet der ordnungsgemäße Einsatz solcher Folien, dass diese die Bewegungen, die das Bauwerk infolge Verformungen oder Schwingungen macht, mitmachen können muss, sodass ein spannungsfreier Zustand mit Bewegungsfreiheit gegeben ist. Dazu sind Klebebänder spannungsfrei zu montieren, damit diese Bewegungen der Folie zulassen, aber auch mit einer entsprechenden Klebekraft und gleichzeitigen Dehnungskapazität auszustatten.

Klebebänder stellen die Dichtheit an den Überlappungen her, bestehen aus Trägermaterialien und Klebstoffen. Grundstoffe für Klebebänder sind Polymersysteme: Natur- und Synthesekautschuk wie Butylkautschuk, Neopren, Reinacrylate und Polyacrylate, Lineare Polyester und Copolyester, Polyurethane sowie Polysiloxanelastomere. Der Grundstoff selbst definiert nicht alleine die Klebstoffeigenschaften, sondern zusätzlich sind Harze (20 – 40%), Weichmacher (10 – 30%), Füllstoffe (Bis 10%) und Stabilisatoren (1 – 2%) dafür zuständig. Neben der Verklebung der Überlappungsbereiche sind immer auch mechanische Befestigungen, tendenziell in den Randbereichen, notwendig. Grundsätzlich sind aber die klimatischen Bedingungen zu bewerten, die in Zeiten des Klimawandels auch aufseiten der Starkwinde extremer werden.

Dichtstoffe und Klebstoffe sind sehr ähnliche Produkte mit ähnlichen Ausgangsprodukten: „Dichtstoffe haben primär die Aufgabe, die Durchlässigkeit einer Fuge für gasförmige und/oder flüssige Medien zu vermeiden oder zu vermindern. Die kräftemäßige Beanspruchung der Dichtstoffschicht wird durch die Relativbewegung der Fügeteile induziert und führt aufgrund des angestrebten niedrigen Schubmoduls nur zu sehr geringen Spannungen (…) Klebstoffe bzw. Klebschichten haben primär die Aufgabe, über die als Bestandteil der Konstruktion ausgebildete Klebfuge Kräfte zu übertragen, wobei es in der Klebfuge zu einer Spannungsausbildung kommt. Sie können ergänzend auch eine Dichtungsfunktion übernehmen. Der bestimmende Parameter der Klebschicht ist für diese Anwendungen ein hoher Schubmodul“ [3].

Dazu ist die folgende Übersicht aufschlussreich: Strukturklebstoff: ca. 10 N/mm² übertragbare Kräfte – ca. 0 – 70 % Reißdehnung; Elastischer Klebstoff: ca. 1-10 N/mm² übertragbare Kräfte – ca. 70 – 300 % Reißdehnung; Dichtstoff: ca. 0,1 – 1 N/mm² übertragbare Kräfte – ca. 300 – 700 % Reißdehnung. Die vinylgruppenhaltigen Klebstoffgrundstoffe werden verallgemeinernd als Acrylatklebstoffe oder auch Acrylate bezeichnet. Man „versteht darunter die Gruppe von bei Raumtemperatur abbindenden Klebstoffsystemen mit der Fähigkeit, eine Vielzahl an Werkstoffen mit ihren unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften durch im Allgemeinen gut alterungsbeständige Klebschichten zu verbinden“ [3]. Butylkautschuk wird in der Regel als Butyldichtstoff verwendet. Eine hervorragende Eigenschaft der Butyldichtstoffe ist die Haftung auch auf schwer klebbaren Kunststoffen wie Polyethylen, Polypropylen und auch EPDM.

Eminent wichtig ist im Holzbau der Feuchteschutz. Holz ist nur dann nachhaltig und dauerhaft als Werkstoff einsetzbar, wenn konstruktive Regeln befolgt werden und alle Details konstruktiv richtig ausgeführt werden. Grundsätzlich ist eine Luftströmung ein konvektiver Fluss, der sich aufgrund von Druckunterschieden in Gang setzt und Wassermoleküle transportiert. Im Bereich der Wasserdampfdiffusion vollzieht sich kein Strom, sondern ein physikalischer Prozess, der im Ausgleich von Konzentrationsunterschieden besteht. Folglich bedeuten luftdicht und wasserdicht noch lange nicht wasserdampfdicht, was im Sinne mehrschichtiger Außenhüllenaufbauten auch gut so ist.

Während eine Wärmeleckage direkt durchströmt wird und ein geringes Befeuchtungspotential hat, vollzieht sich eine Feuchteleckage entlang der Kaltseite von Bauteilen mit einem hohen Befeuchtungspotential.

Der Wasserdampfdiffusionswiderstand wird über die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke (oder den sd-Wert) angegeben. Durch eine projektbezogene Dimensionierung der sd-Werte an der Innenseits sowie der Außenseite der Außenhülle können allerlei Probleme ausgeglichen werden, die sich alleine deshalb ergeben, weil die eingebauten Materialien über Einbaufeuchten verfügen oder weil sich Leckagen ergeben können. Eine robuste Konstruktion muss folglich so offen sein, damit sich eine Austrocknung vollziehen kann.

Der Konstruktionsgrundsatz lautet: Außen so diffusionsoffen wie möglich und innen so diffusionsoffen wie notwendig. Zwischen beiden Werten wird in der Regel ein bestimmtes Verhältnis angestrebt, welches sich aus technischen Empfehlungen ergibt, sodass beide Schichten aufeinander abgestimmt sind. Dabei ergeben sich allerdings einige Grenzen [4]:

  • Eine zu diffusionsoffene Konstruktion (sd,innen < 0,1m, sd,außen > 1m) ist problematisch, weil sich dadurch im Winter ein Feuchtestrom in die Konstruktion vollzieht und die außenseitige Membran durch Alterungseffekte tendenziell dampfdichter wird.
  • Eine zu diffusionsdichte Konstruktion (sd,innen < 0,3 bis 4m, sd,außen > 6m) ist ohnehin problematisch, weil dadurch kein Austrocknungspotenzial gegeben ist.
  • Im Sinne der Robustheit der Konstruktion anzustreben ist eine Konstruktion, die außen diffusionsoffen und innen moderat dampfbremsend ist (sd,innen < 0,3, sd,außen > 2m) .

Zu beachten ist im Holzbau immer auch, dass nicht nur Membranen und Folien, sondern ebenso Beplankungen wie OSB-Platten über einen sd-Wert verfügen und die Konstruktion potenziell dampdichter machen als beabsichtigt.

Grundsätzlich ist nicht nur der Rückgriff auf dynamische Modellierungen der bauphysikalischen Gegebenheiten ratsam, sondern ebenso der Rückgriff auf bewährte Details.

Literatur:

[1] Wolfgang M. Willems: „Lehrbuch der Bauphysik“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2017

[2] Thomas Laasch und Erhard Laasch: „Haustechnik – Grundlagen, Planung, Ausführung“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2013

[3] Gerd Habenicht: „Kleben: Grundlagen, Technologien, Anwendungen“, Springer Verlag, Heidelberg 2006

[4] Winter, Stefan / Peter, Mandy (Hrsg.): „Holzbau-Taschenbuch: Grundlagen“, Ernst und Sohn Verlag, Hoboken 2021

[5] Helmut Neuhaus: „Ingenieurholzbau – Grundlagen, Bemessung, Nachweise, Beispiele“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2017

4 Antworten zu „DMN*Timber _ Modernes Bauen mit Holz: Feuchteschutz im Holzbau _#3”.

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