Im Gegensatz zu dem heute verstärkt verbauten Flachdach war die Frage nach der Dachkonstruktion zu vergangenen Zeiten eine entscheidende konstruktive und in der Folge gestalterische Angelegenheit. Was bei dem geneigten Dach die konstruktive Fähigkeit auszeichnet, die Struktur durch die konstruktive Ausbildung der Details vor dem Wassereintritt zu schützen, muss beim Flachdach über künstliche Abdichtungsbahnen wieder gut gemacht werden mit der Konsequenz, dass das Bauen weniger naturnah ist.
Geneigte Dächer stehen für die konstruktiven Fähigkeiten, den Raum zu überdachen und damit die menschliche Behausung zu schützen. Mit der Dachdeckung kommt schlussendlich der äußerste Bahn hinzu, die die Dachlandschaften im baukulturellen Sinne ausmacht. Ob Metalldach, gebrannter Ziegel in diesem oder jenem Format oder Holzschindeln – der gestalterische Eindruck ist ein gänzlich anderer.
Grundsätzlich stehen bei historischen Dachkonstruktionen zwei verschiedene Bautypologien – und in der Folge eine Vielzahl an Kombinationen – zur Verfügung. Die Sparren sind bei der Dachkonstruktion jene Struktur, die die Dachhaut trägt. Synonym könnte man auch von Dachschräghölzern sprechen. Bei Sparrendächern bilden die Sparren selbst die primäre Konstruktion, während bei Pfettendächern die Sparren auf senkrecht verlaufenden Pfetten aufliegen, die Sparren folglich eine sekundäre Struktur darstellen.
Beim Sparrendach stützen sich die gegenüberliegenden Sparren gegenseitig ab und bilden unverschiebliche Dreiecke, die tragend wirken und keine Pfetten benötigen. Daraus ergeben sich Spannweiten von bis zu 10 Metern, die stützenfrei ausgeführt werden können. Das Sparrenpaar wird als „Dachgebinde“ bezeichnet und wirkt statisch als Dreigelenkrahmen. Die Dreiecke stellen unabhängige Tragsysteme dar und werden mechanisch mittels Normalkraft, Biegemoment und Querkraft belastet. Die Lasten werden ausschließlich über die Außenwände, die so genannte Mauerbank, abgetragen. Am Sparrenfuß entstehen nach außen gerichtete Horizontalkräfte, die durch Zugverankerungen aufgenommen werden müssen.
Beim Pfettendach sind demgegenüber tragende Innenwände oder Stützen notwendig, wodurch die Flexibilität im Grundriss negativ beeinflusst wird. Die Pfetten bilden die Auflager für die Sparren und verlaufen parallel zur Traufe. Die Sparren sind beim Pfettendach als biegebeanspruchte Träger zu erachten, die mehr oder weniger frei aufliegen und in der Regel als Durchlaufträger wirken, während die Normalkräfte untergeordnet sind.
Durch den Umstand, dass die Sparren Durchlaufträger sind, entstehen an den Pfetten Biegemomente und Verdrehungen. Durch Einkerbungen – die so genannten Sparrenklauen – erfolgt eine kraftschlüssige Verbindung der Sparren zu den Pfetten, über welche die horizontalen und vertikalen Kräfte an die Pfetten übertragen werden. Außerdem erfolgt eine Lagesicherung über Nägel, um dem Windsog zu widerstehen. In der eigentlichsten Form verfügt das Pfettendach im First über keine konstruktive Verbindungen zwischen den gegenüberliegenden Sparren. Würde sich nämlich eine Kraftübertragung einstellen, liegt faktisch durch die Kräfteverteilung ein Sparrendach mit statischer Dreieckswirkung vor, was nicht beabsichtigt ist.
Mitunter werden durch die Einkerbungen an den Pfetten Torsionsmomente übertragen. Umso steiler die Sparren, umso weniger ausgeprägt müssen die Einkerbungen sein und umso geringer sind entsprechend die Torsionsbelastungen für die Pfetten. Dadurch ist der Dachneigung eine mechanische Grenze gesetzt, die sich baulich darstellt.
Aus den unterschiedlichen Konstruktionsarten ergeben sich verschiedene Ausprägungen und Neigungen. Sparrendächer eignen sich für Dächer ab 30 Grad und können auch bis über 60 Grad ausgeführt werden. Unter 30 Grad nimmt der Horizontalschub im Fußpunkt überproportional zu, weshalb die Verbindung nicht mehr ökonomisch ist. Prinzipiell sind für die Aufnahme des Schubes beim Sparrendach am Fußpunkt aufwändigere Holzverbindungen notwendig. Die Verbindung wird in der Regel als Versatz ausgeführt. Dazu ist eine Vorholzlänge notwendig.
Schwierig ist beim Sparrendach hingegen der Dachvorsprung auszuführen. Steiles Dach ohne Dachvorsprung – charakteristisch für zahlreiche Gegenden nördlich der Alpen.
Vorteilhaft ist beim Pfettendach der Umstand, dass die Dachschrägen selbst keine unabhängigen Tragsysteme darstellen und es folglich relativ einfach ist, das Dach an den Grundriss anzupassen sowie Dachgauben über Auswechslungen auszuführen. Hinzu kommt, dass Dachüberstände effizient herzustellen sind und folglich in der Praxis auch ausgeführt werden – die Sparren werden einfach mit Überstand aufgelagert.
Grundsätzlich sind Pfettendächer für größere Spannweiten geeignet. Bei Sparrendächern sind die ausgeprägten Dachneigungen irgendwann einmal nicht mehr wirtschaftlich.
Fügt man dem Sparrendach ein horizontales Tragelement, den Kehlbalken, ein, um das Tragsystem zusätzlich auszusteifen und um die Durchbiegungen folglich zu vermindern, ist von Kehlbalkendach die Rede. Der Kehlbalken wird mittels Zapfen, Versatzzapfen, externe Laschen und Zangen oder durch Blattung und Nagel – oft auch durch kombinierte Verbindungen, etwa Versatzzapfen und Laschen – angeschlossen.
Die Konstruktion, die die Dachhaut trägt, wird als „Dachstuhl“ bezeichnet. Der Dachstuhl kann ohne Mitwirkung der Sparren stehen. Es handelt sich sozusagen um das tragende Gerüst der Dachkonstruktion. Beim Sparrendach bilden die unverschieblichen Dreiecke den Dachstuhl. Mit zunehmender Spannweite kann mittels Kehlbalken die Verformung reduziert und folglich die Stabilität erhöht werden. Beim Pfettendach ist bei einfachen Konstruktionen, bei denen die Pfetten auf Wänden aufliegen und die Sparren auf Biegung wirken, der Dachstuhl hinfällig.
Bei größeren Spannweiten ist hingegen eine eigene Konstruktion notwendig, die die Unterkonstruktion bildet und auf welcher in der Folge die Sparren aufliegen. Nicht immer ist die Zuordnung zu Pfetten- oder Sparrendach ohne weiteres möglich.
Der Dachstuhl bildet ein längs zum First verlaufendes Tragwerk – die Stuhlwand –, und ein quer zum First verlaufenden Tragwerk – den Binder. Dort, wo die Binder – in der Regel Fachwerkträger – voll ausgeführt sind, ist von Vollgespärre die Rede. Dazwischen besteht der Dachquerschnitt aus so genannten Leergespärren, die sich aus Pfetten und Sparren bilden. Grundsätzlich ist zwischen zwei Formen des Dachstuhls zu unterscheiden:
- Beim stehenden Dachstuhl erfolgt die vertikale Lastabtragung durch vertikal verlaufende Stiele, die in der Regel über Kopfbänder ausgesteift sind. Die Binder werden eigentlich nur bei asymmetrischen Lastverteilungen, etwa Wind, stark belastet. Durch die stehende Dachstuhlkonstruktion ergeben sich Einschränkungen in der Dachraumnutzung. Der stehende Dachstuhl ist typisch für die süddeutschen Gegenden und für den Alpenraum. Dieser Umstand hängt mit der massiven Ausführung der darunter liegenden Wände zusammen, die die Dachlasten abzutragen haben.
- Beim liegenden Dachstuhl wird hingegen auf die vertikalen Tragelemente verzichtet, indem die Binder die Lasten über liegende Stiele in das Mauerwerk weiterleiten. Dadurch ergeben sich Vorteile in der Dachraumnutzung. Durch den Umstand, dass die Lasten schräg in Richtung der Außenwände und nicht vertikal wie beim stehenden Dachstuhl abgetragen werden, ergeben sich statische Vorteile, nämlich geringere Biegemomente, da die Lasten eher über Normalkräfte (Druckkräfte) abgetragen werden, somit auch der hotizontal in Deckenebene verlaufende Zerrbalken nicht durch vertikale Kräfte belastet wird. Typisch ist der liegende Dachstuhl für Frankreich und die norddeutschen Gebiete.
Insbesondere im Kathedralenbau war es mehr denn je eine Anforderung an den Zimmermann, effiziente Lösungen zu entwickeln, die den vielfältigen Bedingungen zu entsprechen hatten.
Das Walmdach ordnet sich zwischen Sparren- und Pfettendach ein, weil grundsätzlich beide Konstruktionsarten für ein Walmdach denkbar sind. Walmdächer haben den Vorteil, dass sie durch die geneigten Walme die Dachkonstruktion in Längsrichtung zusätzlich aussteifen. Hinzu kommt ein konstruktiver Schutz der Giebelseite gegenüber Niederschlägen durch die Dachschräge. Nachteilig ist bei Walmdächern der geringere Dachraum. Das Krüppelwalmdach ist eine Zwischenform, welche Vorteile und Nachteile ausgleicht. Der Walm ist dabei nur zum Teil ausgeführt.
Was die räumliche Verteilung betrifft, ist das Sparrendach in der Regel in Gebieten mit Laubholz zuhause, während das Pfettendach in Gebieten mit Nadelholz – aufgrund der langen und regelmäßigen Baumstämme – beheimatet ist.


Weiterführende Literatur:
Friedrich Ostendorf: „Die Geschichte des Dachwerks erläutert an einer großen Anzahl mustergültiger alter Konstruktionen“, Leipzig 1908
Klaus Zwerger: „Das Holz und seine Verbindungen“, Birkhäuser Verlag 2012