Demanega

Die Stadt Bregenz will den Großteil der gut 80 Jahre alten Südtiroler-Siedlung in der Rheinstraße abreißen und neu bauen. Argumentiert wird mit dem Sanierungsbedarf, der Energiebilanz sowie der städtebaulichen Verdichtung. Vorgesehen ist, dass 220 der 280 Wohnungen an der Rheinstraße abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Der Wettbewerb wurde am 4. November 2025 in die Wege geleitet und ist – verständlicherweise – umstritten.

Die Südtiroler Siedlungen erinnern bis heute an die Aufnahme von 10.500 Südtiroler Optanten in Vorarlberg. Alleine in Vorarlberg entstanden 16 Siedlungen mit 2.400 Wohnungen. Daneben entstanden zahlreiche Südtiroler Siedlungen in Nordtirol, in der Steiermark, aber auch in Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich und dem Burgenland. Insgesamt wanderten 75.000 Südtiroler im Zuge der „Option“ aus, die in 130 Gemeinden Österreichs eine neue Heimat fanden.

Die Alliierten forderten nach dem Zweiten Weltkrieg lediglich die Entfernung von NS-Hoheitszeichen [1]. Aufgrund der allgemeinen Wohnungsnot fanden hingegen keine weiterreichenden Debatten rund um das NS-Erbe statt. Diese setzten erst in den 1990er-Jahren an, es setzte sich aber auch zunehmend die Strategie des Erhalts der entsprechenden Bausubstanz mit historischer Kontextualisierung durch. Im Jahr 2006 stellte der Landeskonservator in Vorarlberg fest, dass zwölf Südtirolersiedlungen „eine hohe (zeit-)historische Bedeutung beigemessen wurde“ [1].

In Bregenz fanden rund 3.500 Südtiroler Optanten eine neue Heimat. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg jeder fünfte Bregenzer. Die Südtiroler haben Vorarlberg nach dem Zweiten Weltkrieg folglich stark geprägt, stellten in Bregenz eine starke Bevölkerungsgruppe. Daneben verdeutlichen die Südtiroler Siedlungen die starke Solidarität für Südtirol, die auch in der Nachkriegszeit an den Tag gelegt wurde.

Zahlreiche Südtiroler Familiengeschichten haben einen starken Bezugspunkt zu den Südtirolersiedlungen in Österreich, mit denen das Schicksal Südtirols und vieler Familien eng verwoben ist.

Durch den Abriss der Südtiroler Siedlung in Bregenz steht nicht nur das kollektive Bewusstsein zur Disposition, sondern es wird auch wieder einmal ein Stück Südtirol in Österreich entfernt. Gegen diese Tendenz gilt es Strategien zu ergreifen. Zudem verkörpert die Südtiroler Siedlung in Bregenz einen architektonischen Traditionalismus, der Bauwerk und Natur bestmöglich im Sinne der Gartenstadt verbindet. Es handelt sich um eine Bauqualität, die im Neubau kaum noch erreicht wird.

Erhaltenswerte und denkmalgeschützte Bauwerke

Literatur:

[1] Catherine Sark: „Die Südtiroler Siedlungen in Vorarlberg – Geschichte, Gegenwart und Zukunft“, Technische Universität Wien, Wien 2024