Wieso kann ich mein Grundstück nicht durch die Gemeinde in Bauland umwidmen lassen? Eigentlich eine interessante Fragestellung. Würde die Gemeinde mir zugestehen, das Grundstück, das in meinem Eigentum steht und – Stand jetzt – zum Beispiel als landwirtschaftliches Grün deklariert ist, in Bauland umzuwidmen, dann wäre das natürlich ein konkreter Beitrag zum leistbaren Wohnen.
Dieser Diskurs ist gar nicht einmal so absurd, wie er scheint: Richard Theiner, Landesrat für Raumordnung, Natur- und Umweltschutz legte die Absurdität in der Wochenzeitung FF 37 / 2017 wie folgt in einer imaginären Dialogform dar:
– Du, Bürgermeister, könntest du nicht meine Wiese als Wohnbauzone ausweisen? Mein Sohn könnte bauen und auch andere. –
– Du spinnst, das kriegen wir bei den grün angehauchten Typen in Bozen nie durch, deine Wiese liegt ab vom Schuss und mitten im landwirtschaftlichen Grün. –
– Bürgermeister, du weißt, ich hab dich immer unterstützt und nie etwas verlangt, aber diesmal musst du mir helfen: Du musst mir diesen Grund umwidmen! –
– Also gut, wir können es probieren, aber du weißt, das hängt nicht von mir ab, entscheiden tun die in Bozen drinnen. –
Richtet man sich nach den Richtwerten für Enteignungen, die das Land Südtirol jährlich herausgibt, so beläuft sich der Grundstückswert im Weinbaugebiet beispielsweise bei 29 Euro pro Quadratmeter als Höchstwert. Die Marktwerte sind freilich vielfach deutlich höher. Nach einer Umwidmung wäre ein und derselbe Grund in Tramin im Bereich der Richtwerte für Enteignungen hingegen 360 bis 540 Euro pro Quadratmeter wert.
Würde die Gemeinde jedem Bürger ein Mal eine solche Umwidmung zugestehen, dann wäre das Wohnproblem gelöst. Auf der anderen Seite wäre das Land wie ein Fleckerlteppich verbaut und wir hätten alles, nur keine Ordnung in der Raumordnung. Darüber hinaus wären natürlich diejenigen in besonderen Maßen privilegiert, die die Grundstücke besitzen.
Hinzu kommt, dass die Gemeinde vielleicht bereits neue Wohnbauzonen ausgewiesen und teuer
Das Südtiroler Landesraumordnungsgesetz „Raum und Landschaft“ 9/2018 legt die folgenden Grundsätze für die Flächenwidmung fest:
- Baugebiete sind homogen, kompakt und geschlossen abzugrenzen. Die jeweiligen urbanistischen Parameter werden so festgelegt, dass die Einfügung in die umliegende Siedlungsstruktur und Landschaft sichergestellt ist.
- Neue Baugebiete müssen an bestehende Baugebiete und/oder an verbaute Flächen anschließen.
Das größere Ganze stellt allerdings die Gemeindeplanung dar. Das „Gemeindeentwicklungsprogramm für Raum und Landschaft“ stellt ein langfristiges Planungsinstrument dar und befasst sich mit einem Entwicklungsprogramm für mindestens 10 Jahre. Grundsätzlich wären wohl 20 bis 30 Jahre ratsam, jedoch stellen 10 Jahre politisch zweckmäßige Zeiträume dar. Das Gemeindeentwicklungsprogramm befasst sich mit einer nachhaltigen Siedlungsplanung, deckt Entwicklungsziele, den Bedarf, den Leerstand, die Ensembles, die Siedlungsgrenzen, die Mobilitäts- und Erreichbarkeitskonzepte, das Tourismusentwicklungskonzept sowie die land- und forstwirtschaftlichen Kulturarten ab.
Der Gemeindeplan für Raum und Landschaft laut Artikel 52 ( der bisherige „Bauleitplan“) bestimmt die Abgrenzung und Nutzung der einzelnen urbanistischen Gebiete und erlässt die jeweiligen Bau- und Nutzungsvorschriften zum Zweck einer umfassenden und einheitlichen oder auf spezifische Gebietsbereiche bezogenen Regelung. Festgelegt werden auch Mindestabstände zwischen Bauwerken, die die grundsätzlich geltenden 10 Meter unterschreiten. Der Gemeindeplan beinhaltet den Bericht, die Flächenwidmungspläne, Vereinbarungen, den Plan der technischen Infrastrukturen, die technischen Durchführungsbestimmungen zum Plan sowie das Umsetzungsprogramm.
Der Entwurf für das Gemeindeentwicklungsprogramm sowie der Gemeindeplan für Raum und Landschaft werden vom Gemeinderat nach Anhörung der Gemeindekommission Raum und Landschaft beschlossen. Die Landeskommission für Raum und Landschaft gibt ihre Stellungnahme innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt sämtlicher Unterlagen ab. Innerhalb von 90 Tagen ab Erhalt der Stellungnahme der Landeskommission beschließt der Gemeinderat definitiv über den Entwurf unter Erwägung dieser Stellungnahme und der eingegangenen Anmerkungen. Allfällige Abweichungen von der Stellungnahme der Landeskommission sind ausdrücklich zu begründen. Die Gemeinde übermittelt den Ratsbeschluss mit der erforderlichen Dokumentation unverzüglich der für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zuständigen Landesabteilung.
Die Landesregierung genehmigt das Programm oder den Plan innerhalb von 30 Tagen ab Erhalt der Dokumentation. Sie kann begründete Änderungen anbringen, um Folgendes zu gewährleisten: Die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen sowie der Vorgaben des Landesstrategieplanes und der Fachpläne; die koordinierte rationelle Unterbringung der Einrichtungen, Bauten und Anlagen, die für den Staat, das Land und die Bezirksgemeinschaften von Interesse sind; die Übereinstimmung mit den Vorgaben des Gemeindeentwicklungsprogramms und der Landschaftsplanung.
Gemäß Landesgesetz sind zwei Verfahren möglich, um Gemeindepläne abzuändern. Ausgangspunkt sind grafische und normative Ausarbeitungen durch einen Techniker, welche auf eine Änderung des Gemeindeplans abzielen.
Das kurze Verfahren (Artikel 54, Absatz 1) findet innerhalb der verbauten Ortskerne Anwendung. Zur Anwendung gebracht wird dabei das Verfahren, das auch für die Verfahren der Genehmigung der Durchführungspläne (Artikel 60) gilt, wobei bei Durchführungsplänen in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern der Gemeindeausschuss zuständig ist, bei Änderungen an Gemeindeplänen immer der Gemeinderat: Nach Erstellung von Gutachten der Fachämter sowie der Gemeindekommission für Raum und Landschaft folgt ein Beschluss des Gemeindeausschusses und ein Beschluss des Gemeinderates.
Das lange Verfahren (Artikel 54, Absatz 2) findet außerhalb der verbauten Ortskerne Anwendung. Das Verfahren entspricht dem allgemeinen Verfahren zur Genehmigung des Gemeindeentwicklungsprogramms und des Gemeindeplans für Raum und Landschaft, der Entwurf wird allerdings vom Gemeindeausschuss beschlossen. Nach Erstellung von Gutachten der Fachämter sowie der Gemeindekommission für Raum und Landschaft folgt ein Beschluss des Gemeindeausschusses, eine Übermittlung an das Amt für Gemeindeplanung, ein Gutachten der Landeskommission für Raum und Landschaft, ein Beschluss des Gemeinderates und ein Beschluss der Landesregierung.
Raumordnung kann nur ihrem Namen gerecht werden, wenn sie eine langfristige Ordnung verwirklicht , die weder Partikularinteressen noch die Spekulation berücksichtigt, sondern das große Ganze im Blick behält, das als „Heimat“ an die nächste Generation weitergegeben wird. Es geht um einen Ordnungsrahmen für das Ganze und um einen Willen zur kollektiven Gestaltung.


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