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Roger Scruton im Portrait

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Abseits aller politischer Divergenzen, die sich um Südtirol drehen, hätte ich nicht den Verdacht gehabt, dass die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni den britischen Philosophen Roger Scruton als ihren politischen Lieblingsphilosophen bezeichnen würde, den sie allerdings viel zu spät kennengerlernt hatte. Ich habe mich natürlich mit Roger Scruton befasst, konnte auch einiges teilen, verstand Roger Scruton aber doch eher als Vertreter eines langweiligen britischen Konservativismus.

Roger Scruton regte zahlreiche Diskussionen in den Bereichen Politik, Ästhetik, Umwelt, Ethik und Religion an und war als freiberuflicher Schriftsteller und Kolumnist tätig, wodurch er seine Ideen einem breiteren Publikum zugänglich machen konnte.

Scruton vertritt im Rahmen seines Konservativismus die Ansicht, dass gesellschaftliche Institutionen und Traditionen von essenziellem Wert sind und bewahrt werden sollen, da sie die Grundlage für ein stabiles und sinnvolles Gemeinwesen bilden. Diese Betonung der Kontinuität und Stabilität steht im Gegensatz zu progressiven Ansätzen, die unter Überschätzung menschlicher Vernunft blind Veränderung und Innovation priorisieren.

In der politischen Philosophie hat sich Scruton intensiv mit Fragen der Staatsgewalt, der Demokratie und der individuellen Freiheit auseinandergesetzt. Er kritisiert den zunehmenden Einfluss des Staates auf das individuelle Leben und betont die Bedeutung begrenzter Regierungsmacht sowie die Bewahrung der bürgerlichen Freiheiten. Sein Werk „Conservatism: An Invitation to the Great Tradition“ bietet einen tiefgreifenden Einblick in seine politischen Überzeugungen und Argumente.

Scruton argumentiert dafür, dass der Konservatismus eine tiefe Wertschätzung für die organische Entwicklung von Gesellschaften hat, die über Jahrhunderte hinweg gewachsen sind, und dass Veränderungen behutsam und bedacht angegangen werden sollten, um mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden. Er legt Wert darauf, dass der Konservatismus nicht bloß ein Widerstand gegen Veränderung sei, sondern eine positive Vision für eine Gesellschaft bietet, die auf der Würdigung von Tradition, Ordnung und individueller Verantwortung basiert.

Darüber hinaus hat sich Scruton auch mit Fragen der Ästhetik und Kultur beschäftigt. Er verteidigt die Idee, dass Kunst und Schönheit objektive Qualitäten besitzen und nicht nur eine Frage persönlicher Vorlieben sind.

Roger Scruton bemüht beim Thema Schönheit das Begehren nach einer Person. Es gibt Menschen, die uns förmlich „anziehen“ würden. Diese Anziehung vermische sich mit sexuellem Begehren, aber nicht nur. Wenn es sich wirklich nur um eine rein körperliche Begierde handeln würde, wäre es nachrangig, mit wem wir diese Begierde ausleben würden.

Roger Scruton meint: „Man befriedigt das sexuelle Begehren nach einer Person nicht, indem man es mit einer anderen abfackelt. Ebenso wenig befriedigt man bei der Lektüre eines Romans die Neugierde, wie die Geschichte ausgeht, weil man unerwarteterweise plötzlich von einem Spielfilm gefesselt wird“.

Das Begehren nach einer Person sei mit dem sexuellen Akt folglich nicht beendet, sondern entstehe ständig neu. Es gehe im wahrsten Sinne des Wortes um die Konzentration auf ein Objekt, das für uns die Kriterien des „Schönen“ und nicht nur des „Angenehmen“ erfülle. Durch diese Schönheit werde das Begehren ständig neu geweckt und erschließe sich uns nicht. Dieses Begehren nach dem Objekt umfasse die Zeit, die wir daran binden wollen.

Ähnlich sei es in der Kunst. Das Kunstwerk „befriedigt“ unser Bedürfnis nach dem Schönen nicht. Dieses Bedürfnis entsteht immer wieder neu. Wir können uns sichtlich nicht „satt“ sehen. Es gibt keinen anderen Zweck als die Schönheit selbst.

Schönheit ist ein Zweck an sich. Scruton schreibt folgerichtig: „Das Begehren, das sich auf eine andere Person richtet, ist nicht mehr und nicht weniger als das Begehren nach dieser Person. Es ist ein Begehren, das ein Individuum zum Objekt hat, ein Begehren, das sich in sexueller Intimität ausdrückt, aber durch sie nicht erfüllt oder gar zum Verschwinden gebracht wird. Und hier treffen wir möglicherweise wieder auf die Rolle der Schönheit im Bereich des sexuellen Begehrens. Schönheit lässt uns auf das individuelle Objekt achten, wir genießen die Tatsache seiner Gegenwart. Diese Art der Konzentration auf den anderen als Individuum erfasst den Geist und die Wahrnehmung des Liebenden in umfassender Weise“ [1].

Scrutons Analogie zu Nietzsche, der vielleicht das interessantere Vorbild im Philosophischen wäre, sticht durch: „Der Zweck des Schönen ist zum Dasein verführen“.

Ein weiteres wichtiges Thema, dem Scruton seine Aufmerksamkeit gewidmet hat, ist die Umweltethik. Er argumentiert für eine konservative Herangehensweise an Umweltfragen, die auf dem Prinzip der Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen und der Bewahrung natürlicher Ressourcen basiert. Scruton warnte vor den Gefahren einer rein instrumentellen Einstellung zur Natur, die den Wert der Umwelt lediglich in ökonomischen Begriffen misst.

Faktisch ist Umweltschutz nur aus einem organischen Weltbild heraus denkbar und kaum aus einem plumpen Marxismus heraus zu begründen, worin auch der Hauptgrund liegt, weshalb der Umweltschutz – abgesehen vom „Greenwashing“ – eine derart marginale Stellung einnimmt.

Roger Scruton liefert als Philosoph interessante Ansätze, die allerdings eher passiv sind und keine proaktive und heroische Herangehensweise an das Leben und an die geltenden Weltbilder kennzeichnen.

Literatur:

[1] Roger Scruton: „Schönheit – Eine Ästhetik“, Diederichs Verlag, München 2012

[2] Roger Scruton: „Grüne Philosophie – Ein konservativer Denkansatz“, Diederichs Verlag, München 2013

[3] „Conservatism: An Invitation to the Great Tradition“, All Points Books, New York 2018

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