Steigende Strompreise beeinträchtigen zahlreiche Technologien. Auf der anderen Seite setzen wir heute auf immer mehr Technologien, die auf immer mehr elektrischen Strom angewiesen sind. Daraus ergibt sich eine empfindliche Abhängigkeit vom Energiemarkt sowie die Problematik kritischer Infrastruktur.
Eine der aufregendsten Fragen unserer Zeit ist, wie wir garantieren können, dass elektrischer Strom leistbar bleibt und wie Regionen, die ohnehin viel Strom produzieren, durch billigen Strom an den Gewinnen der Stromproduktion beteiligt werden können. Die Fragestellung ist essenziell politisch, an der Fragestellung selbst scheiden sich die politischen Geister und werden die grundsätzlichen Positionen ersichtlich: Zentralismus oder Dezentralismus, (inter)nationale Integration oder Regionalisierung und Föderalismus sowie viele weitere Fragestellungen, die die Frage betreffen, wie ein Staat, eine Region und ein Gemeinwesen sich am besten energiepolitisch organisieren sollen.
Der Großhandelspreis für Strom wird auf dem Strommarkt ermittelt, wo sich Angebot und Nachfrage treffen. Am Strommarkt wird das Prinzip der Grenzkostenbepreisung angewandt. Das bedeutet, dass der Preis der teuersten Kilowattstunde den Preis für die gesamte Strommenge setzt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt auf dem Strommarkt verfügbar ist. Demgemäß bestimmt der Preis des teuersten, noch benötigten Kraftwerkes, den Strompreis.
Bei geringem Netzbedarf laufen jene Kraftwerke mit geringen Grenzkosten, die die Grundlast abdecken. Steigt der Bedarf, werden nacheinander teurere Kraftwerke in Betrieb genommen, die sich durch den höheren Preis zunehmend auszahlen. Insofern Kraftwerke zu einem Preis produzieren können, der unter dem aktuellen Grenzmarktpreis liegt, werden Überschüsse eingefahren. Der Strompreis ist kein Herstellungspreis, sondern ein Marktpreis. Tendenziell können die Grenzkosten für erneuerbare Energie gering sein. Da bei hoher Nachfrage tendenziell immer noch teure Gaskraftwerke den Strommarkt stützen, besteht die Abhängigkeit des Strompreises vom Gaspreis.
Strom wird über direkte Verträge oder an Börsen beschafft. Da elektrischer Strom derzeit technologisch noch kaum gespeichert werden kann, verfügt der Stromhandel über Besonderheiten. Gehandelt wird Strom an gesetzlich geregelten Börsen sowie außerbörslich Over the Counter (OTC – über den Tresen). An den Börsen wird Strom langfristig gehandelt, also Monats-, Quartals- oder Jahresverträge, auch Futures genannt. Außerbörslich wird Strom bilateral oder über Broker gehandelt. Am Spotmarkt wird Strom kurzfristig gehandelt, am Vortag oder am gleichen Tag. Wird kurzfristig eine höhere Energiemenge benötigt, kommt Regelenergie ins Spiel, indem Energiereserven beansprucht werden.
In Deutschland beträgt das Stromvolumen, das OTC gehandelt wird, rund 75 Prozent.
In die Berechnung des Strompreises fließen folgende Bestandteile ein:
- Die Kosten für Beschaffung und Vertrieb, folglich wettbewerbsbedingte Bestandteile
- die Entgelte für die Netznutzung
- Staatliche Preisbestandteile wie Steuern und Abgaben.
Die Physik bestimmt den Herstellungspreis: Wind- und Solarenergie sind intermittierende Energiequellen; das Potential ist zeitlich schwankend. Daraus folgt, dass es inebsondere darauf ankommt, auf Speichertechniken zurückzugreifen, um die zeitlichen Schwankungen zwischenzuspeichern. Dazu eignen sich Batterien oder Wasserstoff und folglich Methan. Daneben ordnen sich die Energiequellen an, die die Grundlast abdecken, deren Anpassungsfähigkeit an zeitlich erhöhten Energiebedarf jedoch nur sehr gering ist. Dazu gehören beim Thema Wasserkraft die Laufwasserkraftwerke ohne Speichervolumen, Steinkohle, Erdgas, Biomasse, Erdöl und Kernkraft. Letztlich haben Speicherwasserkraftwerke das größte Potential, weil sich diese sowohl zur Abdeckung des Grundbedarfes als auch der zeitweiligen Spannungsspitzen eignen, weil der Durchfluss zeitlich erhöht werden kann.
Imsbesondere in Ländern, die viel elektrischen Strom produzieren, stellt sich die Frage, inwiefern eine direkte Beteiligung an den Gewinnen der Stromproduktion gelingen kann.
Die Dezentralisierung des Strompreises ist in zahlreichen europäischen Ländern als Aufteilung in kleinstrukturiertere Tarifzonen, in denen sich unterschiedliche Großhandelsstrompreise einstellen können, ein politisches Thema, etwa Nord- und Süddeutschland oder auch mehrere Strombörsen. Derzeit sind die Strompreise durch die nationalen Strombörsen zentralisiert. Somit kann eine Entkopplung von großräumigen Preisbildungen bewirkt werden, entsprechend wird ein Vorteil für Regionen erzielt, die mehr und effizienter Strom produzieren.
Eine Energiegemeinschaft ist ein lokaler oder regionaler Zusammenschluss mehrerer Akteure, die Energie produzieren, speichern, verbrauchen oder verkaufen. Die Möglichkeit der Gründung von Energiegemeinschaften geht auf die EU-Energieeffizienz-Richtlinie im Jahr 2018 zurück. Energiegemeinschaften oder Energiegenossenschaften bestimmen den Preis selbst. Um maximale Vorteile zu generieren, müssen sich die Produktionsanlagen und die Verbraucher im Einzugsgebiet einer Primärumspannungskabine (Konvertierung Hochspannung auf Mittelspannung) befinden. Die Leistung einer Einzelanlage ist in der Regelbegrenzt (etwa auf 1.000 kW).
In größerem Maßstab ist von Bürgerenergiegemeinschaften die Rede. Durch die größeren Entferungen fallt in der Regel die Netzgebühr an, tendenziell auch staatliche Abgaben.
Literatur:
[1] Panos Konstantin: „Praxisbuch Energiewirtschaft – Energieumwandlung, -transport und -beschaffung, Übertragungsnetzausbau und Kernenergieausstieg“, Springer Verlag, Berlin 2017


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