Manche Erfolge sind uns nicht vergönnt. Oder vielleicht – so sagt man uns – streben wir die Erfolge auch zu sehr an. Und dann wird es nichts. Die Fixierung auf ein Ziel blockiert uns innerlich, weil wir ständig in der Angst leben müssen, das Ziel zu verfehlen oder zu sehr nachzuhinken.
Vergleichen wir uns mit anderen, dann besteht viel Grund zur Sorge. Der oder die eine sind schon viel weiter. Der oder die eine hatten mehr Glück, die richtigen Beziehungen, die Unterstützung, das Parteibuch, das Startkapital. Das Haus, das Auto, das Einkommen, die Position, das Kapital, je mehr wir uns vergleichen, umso verzwickter wird es. Im Grunde hinken wir immer nach. Je mehr wir uns vergleichen, umso mehr verzagen wir innerlich und werden unrund. Bis zur Resignation, also bis dorthin, wo wir uns dann selbst sagen müssen, es ist vorbei, wir erreichen die selbst gesetzten Ziele ohhnehin nie und der Vergleich mit anderen geht immer verloren. Es fließt die eine oder andere Träne. Was wir uns als Kinder gewünscht haben: Unerreichbar. Zerplatzte Träume. Verkorkste Wege.
Blöd. Umso blöder in einer vermeintlichen Leistungsgesellschaft. Mit Haken. Vielen Haken.
Doch kein Grund zur Sorge. Die Ziele sind es nicht. Der Weg ist es. Der Weg, der hinter uns liegt, der Ort, an dem wir gerade stehen und der Weg, der vielleicht noch vor uns liegt und den wir gerne gehen. Weil uns jeder Meter in unserem Streben nach Erkenntnis weiter bringt. Und weil wir uns nicht blenden lassen von Ablenkungen und von dem vermeintlich schnellem Glück. Im Nachhinein geht es darum, dass das Leben reich ist an Erfahrungen, Begegnungen, Rückschlägen, Neubeginnen, Zuversicht und dass uns das Lächeln nie vergeht. Oder anders gesagt: Was nützen uns die „Reichtümer“ und vermeintlichen „Erfolge“, die scheinbar alle anstreben, wenn wir uns dafür verbiegen, verstecken, anpassen, einordnen und verleugnen müssen und nicht mehr ehrlich lachen können?
Das Lachen des Scheiterns und des Neubeginns. Das Lachen der Freien. Leben ist nur die kurze Unterbrechung des Nichts. Wenn wir uns in das Überzeitliche einordnen, in das Heldentum vergangener Tage, relativiert sich ohnehin alles. Wenn wir unserem Nachwuchs in die Augen blicken, der uns stolz und liebevoll ansieht, wenn wir uns vergewissern, was wir unseren Nachkommenden alles an Immateriellem weitergeben können und wollen, dann macht uns das unsterblich und unendlich (glücklich).
Das Gehen lieben. Darum geht es. Nicht um Vergleiche und um Zahlen. Nicht um willkürliche Ziele, die ungerecht sind und bleiben. Da hilft letztlich kein Glück der Welt und auch keine Eingebung von oben. Für bestimmte Entwicklungen und Erkenntnisse, für Einsichten und Kompetenzen tieferer Bedeutung ist der ganze Weg notwendig, die ganze Erfahrung. Niemand findet Abkürzungen oder Schnellstraßen, auch keine Tricks.
Für mich persönlich gilt: Was ich mir selbst beibringe, kann mir (fast) niemand nehmen. Das ist mein Kapital. Dafür kaufe ich viel zu viele Bücher. Dafür „verschwende“ ich viel zu viel Zeit. Aber langfristig ist es das wert. Weil ich das, was ich mir geistig erarbeite, weitergeben kann und werde. Es ist das immaterielle Erbe, das wertvoller ist als alles weltliche. Weil es nichts Banales ist, sondern eine ganze Welt für sich und in sich.
Das Materielle ist richtungslos und irreführend, wer es beansprucht, kann scheinbar alles kaufen, welch Fanal und Zerstreuung, wie kurzlebig und verfliegend; das Immaterielle und Geistige weist uns hingegem einen Weg, und eine Richtung, webt den menschlichen Geist in das Schicksal ein, ist die Kraft, von der wir immer zehren. Welch unschätzbarer Wert in Zeiten wie diesen.
Das alles ist darum von Bedeutung, weil diese dunklen, neugierigen, liebevollen Kulleraugen alles dankend und liebevoll aufschnappen, was man ihnen beibringt. Neugier gewinnt. Die Freude am Lernen. Die Entdeckung der Welt. Für die Welt bist Du irgendjemand. Aber für irgendjemanden bist Du die Welt, meine liebe Amalia. Und bin ich die Welt. Damit gilt es verantwortungsvoll umzugehen. Diesem Anspruch gilt es täglich neu gerecht zu werden.
Es geht um den Stolz darauf, was wir wirklich erreicht und erarbeitet haben. Persönlich und individuell. Unabhängig von den materiellen Erfolgen oder Startvorteilen, von den Zahlen und Zielen. Um den Stolz, unserer Linie, unseren Vorausgehenden und Nachkommenden, gerecht zu werden. Dieser Stolz macht die vielen kleinen Rückschläge wett, kompensiert die Ungeduld und die Unzufriedenheit und lässt uns mit Freude am Leben gehen. Weil das, was zählt, ohnehin überzeitlich ist und sich in langen Zeitabschnitten bewährt und reift.
Und vielleicht reift dann, wenn wir den Weg lieben und die Ziele vergessen, wenn wir uns einer Sache ganz hingeben und nicht mehr abgelenkt werden, der Erfolg ganz von alleine heran.
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