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Lichtfest in Bozen, Dunkelschießen in Lana

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In Bozen ist eine der zentralsten Gassen, die parallel zur Laubengasse verläuft, dem ehemaligen Bürgermeister Joseph Streiter gewidmet. Joseph Streiter (1804–1873) war ein bedeutender Jurist, Politiker und Schriftsteller aus Bozen, der im 19. Jahrhundert eine zentrale Rolle in der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung Südtirols spielte.

Der so genannte „Tiroler Kulturkampf“ ist zentral, wenn es darum geht, Tirol – und in der Folge auch Südtirol – zu verstehen. Als „Tiroler Kulturkampf“ wird der klerikal-konservative Widerstand gegen die Modernisierung der österreichischen Staatsordnung mit religiöser Säkularisierung und Religionsfreiheit verstanden, aber auch die politische Auseinandersetzung zwischen Konservativen und Freiheitlichen.

Der 100. Geburtstag Friedrich Schillers 1859 stellte überall als Schillerfest in Deutschland ein nationales Bekenntnis dar und wurde in Österreich explizit als Deutschbewusstsein zelebriert. Zudem jährte sich die Revolution von 1848/49 zum 10. Mal. So auch in Bozen. Joseh Streiter verfasste den Prolog der Schillerfeierlichkeiten im Stadttheater, in dem er Schiller „als Schöpfer deutschen Nationalbewusstseins“ verherrlicht.

Insbesondere die „Bozner Zeitung“ war das intellektuelle Medium des freiheitlichen Lagers.

Höhepunkt des Kulturkampfes war das „Bozner Lichtfest“. Mit dem Lichtfest zelerierte das freiheitliche Bürgertum den technologischen Fortschritt in Form der Gasbeleuchtung. Das „Licht“ sollte aber auch symbolisch für den republikanischen Fortschritt stehen. Provokant war die Abhaltung eines Freischießens, womit die ländliche Bevölkerung eingebunden wurde. Joseph Streiter beendete die Eröffnungsrede zum Freischießen mit den Worten: „Es lebe die deutsche Treue, die deutsche Bruderliebe, die deutsche Einigkeit!“

Das Lichtfest fand am 10. November 1861 in Bozen statt, nicht zufällig der Geburtstag Martin Luthers, und wurde durch Musikkapellen und Schützenkorps eröffnet. Die Konservativen und Klerikalen reagierten harsch auf die freiheitliche Initiative, waren erbost, dass Schützen und Musikkapellen zahlreich in Bozen erschienen waren und veranstalteten eine Gegenveranstaltung, ein Gedenkschießen in Lana unter dem Motto „Für Gott, Kaiser und Vaterland“.

Die Gegenveranstaltung wurde spöttisch als „Dunkelschießen“ abgewertet. Wer am Bozner Schießen teilnahm, durfte nicht am Schießen in Lana teilnehmen. Organisiert wurde das Dunkelschießen in Lana vom feudalen Landadel und Klerus.

Während als Preis beim Bozner Schießen anlässlich des Lichtfestes eine deutsche und österreichische Fahne ausgewiesen wurden, wurden für das Schießen anlässlich des Dunkelfestes in Lana die Papst-Fahne, die Österreich-Fahne und die Tiroler Fahne gewählt.

Insgesamt zeigt sich eine politische Divergenz: Die einen orientierten sich am Deutschtum, die anderen am Vatikan. Diese Divergenz kennzeichnete den Tiroler Kulturkampf, bedingte aber auch das Zurückdrängen des Deutschtums im Unterland, das die Klerikalen hinnahmen und aus Sicht des Brixner Bischofs sogar befürworteten.

Literatur:

[1] Christine Mumelter: „Joseph Streiter 1804–1873: Ein vergessener Bürgermeister?“, Athesia Verlag, Bozen 1998

[2] Josef Fontana: „Der Kulturkampf in Tirol 1861-1892“ (Schriftenreihe des Südtiroler Kulturinstitutes), Athesia-Tappeiner Verlag, Bozen 2007

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