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Wer war Anton von Gasteiger?

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Die Schützenkompanie Villanders ist nach Anton von Gasteiger benannt. Über dessen erste Lebenshälfte als Tiroler Freiheitskämpfer ist viel bekannt, über dessen Laufbahn als Beamter und – insbesondere – über seine Aktivitäten als Deutschfreiheitlicher eher weniger, was durchaus an den Gedchichtsschreibern liegt. Insbesondere der Historiker Franz-Heinz Hye machte leider weite Umwege um deutschfreiheitliche Bestandteile der Tiroler Geschichte.

Anton von Gasteiger wurde am 31. Mai 1780 in Rechegg bei Klausen geboren. Er war Sohn des Landrichters Cajetan von Gasteiger und wurde im Alter von 16 Jahren Schütze der Schützenkompanie von Villanders, um im Jahr 1796 in den Kampf gegen die vorrückenden französischen Truppen zu treten.

Während des Kriegsjahres 1809 wurde Gasteiger von den Schützen von Villanders und Barbian zum Hauptmann gewählt, führte im Mai den rechten Flügel des Landesverteidigungskorps am Berg Isel an.

Im Jahr 1810 wurde Gasteiger zunächst als Landgerichtsaktuar in Klausen angestellt, bald darauf zum Landrichter befördert. In den Jahren 1812 bis 1813 wirkte er als Landgerichtsverweser in Welsberg, 1813 als Landrichter im Stubaital, 1817 in Rattenberg. Schließlich wurde er 1830 auf den angesehenen Posten eines Kreishauptmannes für Unterinntal und Wipptal nach Schwaz berufen. Anton von Gasteiger war es, der Hermann von Gilm bewusst nach Bruneck versetzte. An Gasteiger lag es, den Befehl der Regierung durchzusetzen, um die Protestanten aus dem Zillertal auszuweisen, der kaum in seinem Sinne gewesen sein dürfte, handelte es sich nämlich um ein Unrecht sondergleichen.

Weniger bekannt ist, dass Anton von Gasteiger ein enger Verbündeter des späteren, deutschnationalen Bozner Bürgermeisters Joseph Streiters war, in Briefen an Streiter untermauerte, dass es bald „zum freiheitlichen Zeitalter“ in Tirol kommen werde. Wenngleich diese politische Komponente in der Geschichtsschreibung (bewusst) ausgeblendet wird, liegt glücklicherweise die Briefkorrespondenz vor.

Gasteiger setzte sich in Tirol energisch für die politische Positionierung Streiters als Schlüsselfigur zur Durchsetzung freiheitlicher Anliegen ein. In diesem Sinne war Gasteiger einer jener Beamten, die im Kaisertum Österreich dezidiert freiheitliche und deutsche Positionen an den Tag legten.

Im März 1848 schrieb Gasteiger an Joseph Streiter: „Das Vaterland ruft alle seine braven Söhne auf. Unter ihnen stehen Sie in erster Reihe„. Gasteiger erhoffte sich, das antiquierte hierarchische System in Tirol politisch zu überwinden, um einen Landtag zu schaffen, „der die Interessen mehrerer Bevölkerungsgruppen bestmöglich vertritt“ [1]. Das waren frühe republikanische Ideen.

Gasteiger drängte Streiter dazu, jene „Wünsche der Tiroler an den Kongreß 1848“ zu formulieren, die per Flugblatt in Tirol zirkulierten und so etwas, wie Wahlkampf für freiheitliche Kandidaten und Positionen darstellten. Das Ziel der Petition war die „Unterstützung der Tiroler Revolutionäre in Wien“ und eine erfolgreiche Umsetzung derer Forderungen, auch in Tirol. Die größte Gefahr sahen Gasteiger und Streiter „im ultramontanen Katholizismus der konservativen Partei“ [1].

Der Ultramontanismus ist eine fragwürdige politische Haltung, die die Autorität des Papstes über alle staatlichen Einflüsse stellt, und die Ideologie der Klerikalen in Tirol darstellte, kurzum: Papst statt Nation.

In den „Wünschen der Tiroler an den Kongress 1848“, die Streiter auf Drängen von Gasteiger formulierte, waren folgende freiheitliche Punkte enthalten:

  • Öffentlichkeit der ständischen Verhandlungen
  • Verbesserte Wahlordnung
  • Trennung der Landeshauptmannsstelle von der des Landesgouverneurs
  • Vermehrte Vertretung des Bürger- und Bauernstandes und Vertretung der Universität auf dem Landtag
  • Herabsetzung des Salzpreises
  • Aufhebung der Verzehrungssteuer
  • Entwurf eines neuen, einfachen Stempelgesetzes
  • Ablösung des Zehenten nach einem festzusetzenden billigen Maßstabe
  • Gemeindegesetz
  • Verbesserung des Volksschulwesens
  • Herabsetzung der Kapitulationszeit auf vier Jahre und Verminderung des stehenden Heeres durch allgemeine Volksbewaffnung
  • Anschluß an den deutschen Zollverein
  • Aufrichtiges und wirkliches Anschließen an den Deutschen Bund.

Gasteiger wollte erreichen, dass Joseph Streiter für die Frankfurter Nationalversammlung kandidiert. Letztlich scheiterte Streiters Kandidatur aufgrund der (üblichen) klerikalen Propaganda und Intrigen, in deren Zuge kirchliche Amtsträger das Volk aufhetzten, anstatt eine offene politische Debatte zu führen.

Anton von Gasteiger verstarb am 16. Juli 1860 in Innsbruck im Alter von 80 Jahren. Bekannt ist heute vorwiegend nur seine erste Lebenshälfte, während die zweite gezielt unterschlagen wurde.

Insgesamt untermauert Anton von Gasteiger, wie auch Joseph Ennemoser und andere, dass die Motive zum Tiroler Freiheitskampf in erster Linke politische waren – und nicht religiöse.

Literatur:

[1] Maria Lisa Mayr: „„Hochverehrter Freund!“ Das Wirken Joseph Streiters und seine Brieffreundschaften in der Revolution 1848/49“, Universität Innsbruck, Innsbruck 2024

[2] Josef Fontana: „Der Kulturkampf in Tirol 1861-1892“ (Schriftenreihe des Südtiroler Kulturinstitutes), Athesia-Tappeiner Verlag, Bozen 2007

[3] Christine Mumelter: „Joseph Streiter 1804–1873: Ein vergessener Bürgermeister?“, Athesia Verlag, Bozen 1998

Eine Antwort zu „Wer war Anton von Gasteiger?”.

  1. Avatar von Tirol 1848, die deutsche Revolution und die Nationalversammlung in Frankfurt – Demanega

    […] Jugend mit Joseph Streiter verbunden war, verhinderte nicht nur einen Abgeordneten Joseph Streiter (Anton von Gasteiger setzte sich energisch für Streiter ein), sondern agitierte in Tirol heftigst gegen den […]

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