Die Waalwege, die an den Waalen im Vinschgau und Burggrafenamt entstanden sind, zählen zu den wichtigen Landschaftselementen. Faszinierend daran ist, dass diese Waale ohne wesentliche Steigungen angeordnet wurden. Viele der Waale wurden bereits im 13. Jahrhundert erwähnt.
Auszug aus Klaus Fischer: „Der Obervinschgau – Ein landeskundliche Überblick“:
„Die Eismassen haben die Täler umgeformt, die Talhänge zurückverlegt und die Talböden vertieft, stellenweise sogar übertieft. Nach dem Schwinden des Eises erfolgte — zumindest beim Talboden — ein umgekehrter Vorgang: Die an den Hängen liegenden Schutt- und Moränenmassen wurden im Talgrund angehäuft, der sich dadurch erhöhte. Diese Massenumlagerung erfolgte besonders nach starkem Regen oder rascher Schneeschmelze in Form gewaltiger Murgänge, die in große Murkegeln auslaufen.
Innerhalb kurzer geologischer Zeit sind nach dem Weichen der großen eiszeitlichen Talgletscher gewaltige Massen von Lockermaterial bewegt worden. Die Murkegel haben bei der Besiedlung des Tales große Bedeutung erlangt. Sie sind zu den wichtigsten Standorten der Siedlungen und des Ackerlandes geworden, weil sie trocken und relativ sicher sind. Zwar haben Muren immer wieder Felder und Orte verwüstet, aber die Gefahr und Häufigkeit der Hochwasser in der flachen Talsohle war ungleich höher
Neben den Siedlungen und Ackerflächen tragen die Murkegel noch ein außerordentlich dichtes und fein verzweigtes Netz von Bewässerungskanälen, die im Vinschgau und Oberinntal die Bezeichnung Waale führen. Von Etsch und Stillebach sowie ihren Nebenflüssen werden die sogenannten Tragwaale abgeleitet und auf die Murkegel geführt, wo sie sich alsbald in einzelne Zweigwaale aufteilen.
Von diesen wird das Wasser dann auf die sogenannten Ilzen ausgekehrt. Diese Bewässerungskultur ist sehr alt. Sie wurde schon von den Rätoromanen ausgeübt, von denen auch die Namen vieler „Waale stammen. So führen z. B. alle Tragwaale auf der Maiser Heide vordeutsche Bezeichnungen, wie Teschg-, Largin-, Margrin- und Malgriawaal.
Dort, wo sich von den Ilzen das Wasser auf die Felder verteilt, ist es im Laufe der Jahrhunderte zur Ablagerung des vom Wasser mitgeführten Sandes gekommen, zum Aufsanden der sogenannten Bichl (oder Bühel).
Die Bewässerung der Wiesen und Äcker geschieht nach uralten Rechten. Diese sind auf Grund mündlicher Überlieferung, in Dorfchroniken und Wasserbüchern verankert. Die Wasserrechte sind für jede einzelne Parzelle auf die Minute festgelegt und werden von Waalhütern überwacht.
Die Bewässerung auf den Murkegeln ist schon deshalb notwendig, weil die lockeren und porösen Schuttmassen der Murkegel und die dünne Bodendecke sehr wasserdurchlässig sind und alsbald austrocknen. Zudem gehört der Vinschgau in die Reihe der trockensten Alpentäler überhaupt. Im Mittel werden auf dem Kloster Marienberg (1333 m) 680 Millimeter Niederschlag gemessen (zum Vergleich Innsbruck, 600 Meter hoch: 994 Millimeter; München, 520 Meter hoch: 904 Millimeter).
Die Niederschlagsmenge würde für den Ackerbau an sich ausreichen, wenn nicht die nördliche Windrichtung vorherrschend wäre. Die aus Norden kommenden Luftmassen müssen, wenn sie den Alpenhauptkamm überstiegen haben, nach Süden absteigen. Dabei kommt es zu Erwärmung und Austrocknung mit Wolkenauflösung und Aufklarung. Diese Fallwinde entsprechen dem Föhn auf der Alpennordseite, nur werden sie im Obervinschgau nicht als warme Luftströmung empfunden, da ihre Fallhöhe noch zu gering ist. Dieser von den Talbewohnern als Ober- oder Reschenwind bezeichnete Fallwind herrscht an über 300 Tagen des Jahres (Kloster Marienberg 334 Tage) und hat infolge dieser Beständigkeit zu einer starken Deformation der Baumkronen im Bereich des Talbodens geführt. Er spielt auch eine ziemliche Rolle beim Bodenabtrag auf der Maiser Heide.
Bedingt durch die siedlungsgeschichtliche Entwicklung finden sich heute drei verschiedene Siedlungsformen im Obervinschgau: eng zusammengebaute Dörfer, Weiler und Einzelhöfe.“

Kurt Rosenberger befasst sich mit der künstlichen Bewässerung im oberen Vinschgau. Die Grundlage stellt die Geologie dar, die wie folgt zu charakterisieren ist:

Neben der Geologie sind die Oberflächenformen, die Geomorphologie bedeutend, woraus sich die natürliche Entwässerung ergibt.
Zudem führt Rosenberger die unterschiedlichen Typologien im Waalbau dar:

Zudem listet Rosenberger die Längen der Waale auf:
- Tscharser Schalswaal: 10.800 Meter
- Etschwaal Marein – Tabland : 10.400 Meter
- Wiesenwaal (Matsch): 9.800 Meter
- Zaal (Schlanders): 8.900 Meter
- Mareinwaal (Morter): 7.600 Meter
- Marlingerwaal: 12.000 Meter
- Neuwaal (Obermais): 8.500 Meter
- Spronserwaal (Tirol): 8.100 Meter
- Schönnaerwaal: 7.700 Meter
- Algunder Etschwaal: 6.500 Meter
Interessanterweise werden auch die bewässerten Flächen in Südtirol und deren mögliche Ausdehnung angeführt:

Literatur:
[1] Klaus Fischer: „Der Obervinschgau – Ein landeskundliche Überblick“, Jahrbuch des Österreichischen Alpenvereins, Innsbruck 1965
[2] Kurt Rosenberger: „Die künstliche Bewässerung im oberen Etschgebiet“, Engelhorn Verlag, Stuttgart 1936


Hinterlasse einen Kommentar