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Was tun bei Schimmelschäden in der Wohnung?

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Schimmelschäden sind ein häufiger Grund für Beanstandungen, letzten Endes aber auch für juristische Streitigkeiten im Hochbau. Die vermeintlich „Schuldigen“ sind oberflächlich zumeist schnell gefunden, die Sachlage sieht allerdings effektiv oft anders aus.

Befasst man sich mit der Statistik, so gehen 45 bis 55 Prozent der Schimmelprobleme auf [1]:

  • Baumängel und gleichzeitig
  • Falsches Lüftungs- und Nutzverhalten zurück.

Fraunhofer identifiziert die folgenden Ursachen:


© Fraunhofer IBP: Gründe für Schimmel bedingte Schäden in gut gedämmten Gebäuden.

Schimmelpilze generieren ab größeren Konzentrationen erhebliche gesundheitliche Probleme. Die Problematik besteht darin, dass Schimmelpilze bereits ab geringer Feuchtigkeit gute Lebensbedingungen vorfinden.

Die Lebensbedingungen für Schimmelpilze liegen bei:

  • Minus 8 bis plus 60 Grad Celsius
  • Relative Feuchte an der Bauteiloberfläche von 70 bis 100 Prozent
  • Nährstoffe wie Staub, Gipskarton oder Dispersionsfarbe.

Sind die Raumfeuchten zu hoch, ist die Raumtemperatur zu niedrig, ist der Luftwechsel zu gering, ist die Wandoberfläche zu tief, etwa durch geometrische Schwachstellen, durch eine mangelnde oder falsch angeordnete Wärmedämmung (Innendämmung), durch Überdeckungen (Einrichtungsgegenstände) oder treten Wasserschäden auf, ist das Risiko groß, dass Schimmelpilze entstehen. Gerade bei Einrichtungsgegenständen ist bei Radiatorenheizungen selbst bei Wandabständen von 5 bis 10 cm die Wärmeausbreitung beeinträchtigt, weil die Luftzirkulation beschränkt ist.

Die bauphysikalischen Zusammenhänge können im Enthalpie-Feuchtegrad-Diagramm (Mollier-Diagramm oder h-x-Diagramm) dargestellt werden. Die absolute Luftfeuchte wird darin als konstant angenommen. Wird im Rauminneren bei einer relativen Luftfeuchte von 75 % eine Temperatur von 18 Grad Celsius gemessen, dann ergibt sich in einem Bereich, in dem die Oberflächentemperatur 15 Grad Celsius erreicht, eine relative Luftfeuchte von 85 %. Bei ungedämmten Außenwänden sind Wandoberflächentemperaturen realistisch, die 5 bis 10 Grad Celsius unter der Raumluft liegen.

h-x-Diagramm

Die Problematik der hohen Luftfeuchte ergibt sich besonders in Nassräumen. Hinzu kommt physikalisch, dass – wie am h-x-Diagramm abzulesen ist – der Feuchtegehalt bei hohen Temperaturen höher ist, sodass bei tieferen Temperaturen bei Erreichen des Taupunktes (100 Prozent relative Luftfeuchtigkeit), der Wasserdampf in Form von Feuchtigkeit abgesetzt wird.

Gemäß einschlägiger Baunormen beträgt der notwendige Luftwechsel 0,5 h^-1, das bedeutet, dass pro Stunde das halbe und alle 2 Stunden das ganze Luftvolumen auszutauschen wäre. Im Altbau wird ein Teil des Luftwechsels durch die undichte Außenhülle sowie die undichten Fenster gewährleistet. Im hochwertigen Neubau sind entweder umfangreiches Lüften oder eine mechanische Entlüftung notwendig.

Die nicht sachgerechte Sanierung verstärkt unter Umständen die Probleme. Werden in einem Altbau neue Fenster eingebaut, so bewirkt die höhere Dichtigkeit potenziell einen Schimmelbefall im Bereich der Fensterleibungen.

Problematisch sind Kellerräume. Das Lüften im Sommer bewirkt, dass wärmere, feuchtehaltige Luftmassen in die Keller strömen. Die warme Luft kondensiert an kalten Stellen. Es ist folglich zu verhindern, dass warme Luftmassen einströmen, sodass das Lüften an kühlen Sommertagen oder nachts denkbar ist.

Für den Altbau gelten Mindesttemperaturen. Nur in gut wärmegedämmten Gebäuden ist eine Unterschreitung der Raumtemperaturen ohne Schäden denkbar. Diese Mindesttemperaturen liegen bei 20 Grad Celsius in Wohnräumen, bei 17 Grad Celsius in Schlafräumen und bei 22 Grad Celsius in Bädern [1]. Die relative Luftfeuchte sollte 70 Prozent an den Wänden nicht überschreiten, was bedeutet, dass die Raumfeuchte im Inneren bei 50 bis 60 % liegen muss.

Im sachgemäß gebauten Neubau darf die Differenz zwischen Rauminnererm und Wandflächen in der Regel maximal 2 Grad Celsius betreffen, sodass die Schimmelpilzentwicklung ausgeschlossen ist.

Zu geringe Wandoberflächen haben mit der Bauweise zu tun. An Wandecken oder Balkonen ergibt sich in Relation zur Innenfläche eine deutlich größere Außenfläche, sodass die Wärmeverluste deutlich höher liegen und dementsprechend die Oberflächentemperaturen gering ausfallen. An so genannten Wärmebrücken sind die Isothermen, also die Linien, die die gleichen Temperaturen kennzeichnen, eng beieinander.

Konstruktive Wärmebrücken weisen auf ein unausgeglichenes Verhältnis zwischen Innenfläche und Außenfläche hin. Dadurch, dass die Isothermen zusammenrücken, wird ersichtlich, dass das Wandvolumen größtenteils auskühlt.

Beim Neubau ergibt sich, dass die Baufeuchte, die nach Baufertigstellung entsprechend hoch ist, aufgrund der dichten Außenhülle nur nach innen austrocknen kann, sodass folglich eine entsprechend hohe Lüftung zu gewährleisten ist, um die anfallende Luftfeuchte abzuweisen.

Innendämmungen, die etwa bei denkmalgeschützten Fassaden weitgehend alternativlos sind, bergen ein großes Risiko. Die innenliegende Wärmedämmung bremst den Wärmeaustausch, sodass die Wand kalt bleibt. Der Feuchtetransport durch die Wand ist dadurch problematisch, weil der Wasserdampf potenziell kondensiert. Vielfach entstehen lange Zeit unbemerkt bleibende Feuchteschäden sowie Schimmelplizbefall hinter der Wärmedämmung. Folglich ist bei einer Innendämmung sicherzustellen, dass diese dampfdiffusionsdicht ist.

Eine nachhaltige Bekämpfung von Schimmelpilz setzt bei den Ursachen an, nämlich den geringen Oberflächentemperaturen bei hoher Luftfeuchtigkeit.

In der Baupraxis wird durch chemische Mittel versucht, die Lebensbedingungen von Schimmelpilzen zu zerstören, etwa durch spezielle Kalkfarben. Dadurch werden pH-Werte unter 2 oder über 10 angestrebt, allerdings sind Schimmelpilze anpassungsfähig. In den meisten Wandfarben sind Bestandteile enthalten, die sich günstig auf den Schimmelpilzbefall auswirken. Die Nährstoffe für Schimmelplize sind in der Raumluft stets enthalten. Nur keimfreie Luft wäre nährstofffrei.

Eine technische Möglichkeit besteht darin, die Wände durch Heizbänder zu erwärmen.

Die Thermographie stellt im Bauwesen eine wichtige, zerstörungsfreie Untersuchungsmethode dar, mittels welcher Wärmebrücken und Feuchtstellen lokalisiert werden können. Für verbindliche Aussagen sind allerdings Kalibrierungen durch Temperaturmessungen und Feuchtemessungen wichtig.

Literatur:

[1] Matthias Post , Peter Schmidt: „Lohmeyer: Praktische Bauphysik: Eine Einführung mit Berechnungsbeispielen“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2019

[2] Wolfgang M. Willems: „Lehrbuch der Bauphysik“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2017

[3] Wolfgang M. Willems, Kai Schild, Diana Stricker: „Feuchteschutz. Grundlagen – Berechnungen – Details“, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2017

[4] Kai Schild, Wolfgang M. Willems: „Wärmeschutz. Grundlagen – Berechnung – Bewertung“, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2013

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