Wir haben diesen Boden uns erschaffen
Durch unsrer Hände Fleiss, den alten Wald,
Der sonst der Bären wilde Wohnung war,
Zu einem Sitz für Menschen umgewandelt,
Die Brut des Drachen haben wir getötet,
Der aus den Sümpfen giftgeschwollen stieg,
Die Nebeldecke haben wir zerrissen,
Die ewig grau um diese Wildnis hing,
Den harten Fels gesprengt, über den Abgrund
Dem Wandersmann den sichern Steg geleitet,
Unser ist durch tausendjährigen Besitz
Friedrich Schiller, „Wilhelm Tell“

Friedrich Schiller wurde am 10. November 1759 in Marbach am Neckar (im heutigen Baden-Württemberg) geboren und starb am 9. Mai 1805 in Weimar.
Schiller studierte zunächst Rechtswissenschaften, promovierte in Medizin, wandte sich jedoch bald der Literatur zu. Mit seinem Drama „Die Räuber“ wurde er 1782 schlagartig bekannt und prägte den Sturm und Drang. „Die Räuber“ wurde als Kampf für Freiheit und gegen die Tyrannei interpretiert.
Schiller lernte später Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder und Johann Wolfgang von Goethe in Weimar kennen, mit denen er die deutsche Klassik entscheidend prägte. 1783 folgten die Arbeiten am Don Karlos.
Die Weimarer Klassik beabsichtigte im Gegensatz zur Romantik die Erziehung des Menschen zu einem moralisch gebildeten, freien Individuum im Einklang mit Natur und Geist. Dabei orientierte sie sich an antiken Idealen wie Schönheit, Humanität, Maß, Ordnung, Harmonie, Bildung und Tugend. Literatur sollte den Menschen veredeln und zur moralischen Reife führen. Im Gegensatz zur Klassik betonte die spätere Romantik das Individuelle und Gefühlvolle, wandte sich der Natur, dem Unbewussten, dem Mystischen und der inneren Welt zu und kritisierte die einseitige Vernunftorientierung.
Bedeutend sind die historischen Dramen Wallenstein, Maria Stuart, Die Jungfrau von Orleans und Wilhelm Tell.
Nichtswürdig ist die Nation, die nicht Ihr Alles freudig setzt an ihre Ehre.
Friedrich Schiller in „Die Jungrau von Orleans“
Friedrich Schiller leistete einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des deutschen Nationalbewusstseins. Schiller verstand Kultur, insbesondere Literatur und Theater, als Mittel zur sittlichen und politischen Erziehung des Menschen. Seine Werke riefen nicht nur zur individuellen Freiheit und moralischen Verantwortung auf, sondern thematisierten auch den Widerstand gegen Tyrannei und Fremdherrschaft und damit Motive, die im Kontext der napoleonischen Besatzung Deutschlands eine Brisanz erhielten.
Im Unterschied zu Johann Wolfgang von Goethe, der eine eher distanzierte, unpolitische Haltung zur französischen Revolution und zur Gestalt Napoleons einnahm und diesen zeitweise sogar bewunderte, entwickelte Schiller eine tiefgreifende Ablehnung gegenüber Napoleon Bonaparte. Für Schiller verkörperte Napoleon nicht den aufgeklärten Reformer, sondern den Tyrannen. Schiller sah in der Unterdrückung durch äußere Mächte wie Frankreich eine Bedrohung für die kulturelle und geistige Eigenständigkeit des deutschen Volkes.
Das Drama „Wilhelm Tell“, das den Freiheitskampf der Eidgenossen gegen die habsburgischen Vögte und ihre Tyrannei darstellt und ein Recht auf Widerstand untermauert, wurde unter Habsburg zensiert.
Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, In keiner Not uns trennen und Gefahr.
Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.
Wir wollen trauen auf den höchsten Gott Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.
Friedrich Schiller in „Wilhelm Tell“
Was auch draus werde – Steh zu deinem Volk, Es ist dein angeborner Platz.
Friedrich Schiller in „Wilhelm Tell“
In seinen philosophischen Schriften wie den „Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen“ argumentierte Schiller, dass nur ein durch Kunst und Bildung veredelter Mensch frei und staatsfähig sein könne. Schiller schreibt, dass der „Bau einer wahren politischen Freiheit das vollkommenste aller Kunstwerke“ sei.
Schiller entwarf das Bild einer aufgeklärten Nation, die sich nicht durch gemeinsame politische Strukturen, sondern durch gemeinsame Werte, Sprache und Kultur definiert.
Schiller ist das eine. Die Schiller-Rezeption das andere. 50 Jahre nach Schillers Tod sollten 1859 im gesamten Deutschland die Schiller-Feierlichkeiten als nationale Demonstration begangen werden (Schillerfest). Zugleich wurde an allen deutschen Universitäten an 10 Jahre Revolution von 1848/49 gedacht. Der Schillertag, der 10. November, wurde zum Symbol, insbesondere in Zeiten der Repression im neoabsolutistischen Österreich 1859.
Deutsches Reich und deutsche Nation sind zweierlei Dinge. Die Majestät des Deutschen ruhte nie auf dem Haupt seiner Fürsten. Abgesondert von dem politischen hat der Deutsche sich einen eigenen Wert gegründet und wenn auch das Imperium unterginge, so bliebe die deutsche Würde unangefochten. Sie ist eine sittliche Größe, sie wohnt in der Kultur und im Charakter der Nation, der von ihren politischen Schicksalen unabhängig.
Friedich Schiller im Gedichtfragment „Deutsche Größe“
Schillers Werk war für die deutsche Nation von größter Bedeutung, weil er mit seinen Dramen, Gedichten und philosophischen Schriften das nationale Selbstbewusstsein stärkte und das geistige Fundament der deutschen Klassik bildete.
Stürzte auch in Kriegesflammen
Deutschlands Kaiserreich zusammen
Deutsche Größe bleibt bestehn.Friedich Schiller im Gedichtfragment „Deutsche Größe“
Literatur:
Norbert Nemeth: „Schillers Freiheitsideal“, Eckartschrift 261, Wien 2025


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