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Wer war Roman Weinberger?

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Der Meraner Anwalt Roman Weinberger (* 1852 + 1915) war von 1890 bis 1914 Bürgermeister der Stadt Meran, übte das Amt fast 25 Jahre lang aus und gestaltete die Kurstadt Meran politisch, infrastrukturell und kulturell maßgeblich – und zwar nicht nur die Stadt selbst, sondern auch Merans Peripherie.

Weinberger war seit April 1882 als Anwalt in Meran zugelassen. 1890 wurde er zum Bürgermeister gewählt. In einer Epoche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruchs setzte Weinberger entscheidende Impulse, die Merans Entwicklung zu einem der bedeutendsten Kurorte Österreichs förderten. Insbesondere der Status Merans als Kurstadt war von Anfang an ein Politikum.

Ein zentrales Anliegen Weinbergers war der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Unter Weinbergers Ägide wurde das zuvor schwer zugängliche Passeiertal durch eine moderne Straße erschlossen. Die neue Verbindung von Meran nach St. Leonhard in Passeier war ein technisches und logistisches Meisterwerk der Zeit und wurde 1899 im Beisein von Kaiser Franz Joseph I. und Erzherzog Franz Ferdinand feierlich eröffnet.

Ähnlich verhält es sich mit der Gampenpassstraße. Der Bau einer Straße von Meran nach Fondo wurde 1896 begonnen, ohne den Gampenpass zu erschließen. Im Juli 1896 drängte eine Gruppe rund um Roman Weinberger auf den Ausbau der Gampen-Trasse auf, welche große Resonanz fand. Am 4. März 1897 wurde die Gampenpass­straße vom Tiroler Landtag in das Straßenbauprogramm übernommen.

Diese Maßnahme hatte enorme Auswirkungen: Sie erleichterte nicht nur den Güter- und Personenverkehr, sondern förderte auch den Tourismus in einem Tal, das bis dahin nur über beschwerliche Saumpfade erreichbar war.

Karl Wolf schreibt zu dieser Leistung: „Der schaffensfreudige und unermüdliche Bürgermeister des Kurortes Meran Herr Dr. Roman Weinberger hat dieses Werk, trotz mancher Gegnerschaft, durchgesetzt und damit den ersten Grund zu einem neuen Straßenzug gelegt, welcher zu den interessantesten des Landes zählen wird. Diese neue Straße wird vom Fuße des Brenners bei Sterzing über den Jaufen führen, in ihren Serpentinen, gegen Passeier zu abfallend, einen herrlichen Ausblick in das Etschthal gewähren. Man erreicht das sonnige Meran, durchquert den Fruchtgarten des Burggrafenamtes, um bei Lana, in die Hohe steigend, durch ein Mittelgebirge von entzückender Scenerie, endlich die Höhe des Gampens zu gewinnen und mit ihr den Anschluß an die prächtigen Alpenstraßen Welschtirols.“

In Weinbergers Zeit fällt die Gründung der Etschwerke. Im Gesellschaftsvertrag der Etschwerke vom 4. März 1897, unterschrieben von den amtierenden Bürgermeistern Roman Weinberger (Meran) und Julius Perathoner (Bozen), beide Angehörige der Deutschliberalen Partei, heißt es: „Die Städte Bozen und Meran vereinigen sich zum Baue und Betriebe eines Elektrizitätswerkes unter Benützung der an der Töll über Meran zu gewinnenden Wasserkraft der Etsch zum Zwecke der Versorgung der Städte Bozen und Meran, sowie deren Umgebungen, besonders der Gemeinden Zwölfmalgreien und Gries, Obermais, Untermais und Gratsch etc. mit elektrischer Energie, insbesondere Licht und Kraft, etc. Der Sitz dieser Gesellschaft ist alljährlich wechselnd in Bozen oder in Meran.“ Die beiden deutschfreiheitlichen Stadtoberhäupter positionierten sich dadurch als Motoren des Fortschritts im Gegensatz zu einer rückwärtsgewandten klerikal-konservativen Elite.

Weinberger war nicht nur als Stadtoberhaupt aktiv, sondern engagierte sich auch überregional. Im Jahr 1899 trat er gemeinsam mit dem Bozner Bürgermeister Julius Perathoner politisch hervor, beide waren Mitglieder der Deutschfreiheitlichen Partei: Beide unterzeichneten eine Denkschrift an den Tiroler Landtag, in der sie die Angliederung deutschsprachiger Gemeinden wie Laurein, Proveis, St. Felix und Unsere Liebe Frau im Walde an die Bezirke Lana bzw. Neumarkt forderten. Diese Initiative verfolgte das Ziel, die sprachlich-kulturelle Geschlossenheit des deutschsprachigen Tirols zu bewahren und zu stärken – ein Thema, das in der zunehmend konfliktreichen Nationalitätenpolitik der Monarchie hohe Bedeutung hatte.

Weinberger erkannte das wirtschaftliche Potenzial des aufstrebenden Kurwesens in Meran früh. Er unterstützte den Ausbau von Parks, Promenaden und Infrastruktur für Kurgäste aktiv. Dabei arbeitete er eng mit dem Arzt, Botaniker und Anthropologen Franz Tappeiner zusammen, der unter anderem den heute noch berühmten Tappeinerweg – eine Höhenpromenade über der Stadt – 1891 initiierte. Weinberger schrieb das Projekt Tappeinerweg öffentlich aus.

Franz Tappeiner (1816 – 1902), der aus Laas stammt und in Wien promovierte, gilt als Begründer des Kurwesens in Meran. Tappeiner kandidierte vergeblich für die Deutschliberalen für die Frankfurter Nationalversammlung 1848, setzte sich für einen starken deutschen Bundesstaat mit republikanischen Zügen ein, unterlag letztlich aber Beda Weber. Ab 1848 praktizierte Tappeiner in Meran, 1855 wurde Meran Kurstadt. Tappeiner erlangte als Augenarzt Ansehen. Als 1855 die Cholera in Meran ausbrach, beruhigte er die Bevölkerung durch Aufklärung.

Insgesamt avancierte Tappeiner zu einer Institution des Kurwesens, bot ganzheitliche medizinische Behandlungen sowie eine humanistische Weltanschauung an. Tappeiner kann wohl als ein früher Vertreter der Reformbewegung betrachtet werden: Gesundheit werde nicht nur durch Medizin, sondern durch Natur, Licht und Bewegung gefördert.

Als Anthropologe sammelte Tappeiner rund 1.122 Tiroler Schädel, die er 1898 dem Naturhistorischen Museum in Wien stiftete. Zudem war Tappeiner als Archäologe tätig.

Merans Aufstieg zur Kurstadt bedingte zahlreiche bauliche Investitionen, wie Promenadenwege oder die Kanalisation. Insbesondere die Klerikal-Konservativen befürchteten (sic!) durch die Etablierung Merans als Kurstadt den Zuzug deutscher Protestanten nach Meran. Dank der Maßnahmen unter Bürgermeister Weinberger und der Initiativen Tappeiners etablierte sich Meran als eine erste Adresse für Erholungssuchende aus dem gesamten deutschen Raum. Tappeiner entwickelte sich zum Mäzen und förderte soziale Initiativen sowie bauliche Initiativen wie den Ausbau der Gilf-Promenade, die Errichtung von Hallen und Pavillons oder des Höhenwegs am Küchelbergs, des besagten Tappeinerwegs. Eingeweiht wurde der Tappeinerweg 1893. Roman Weinberger hielt die Festrede, ehrte Tappeiner mit den Worten „Vater Tappeiner“ – dieser war abwesend, seine Bescheidenheit zog das Fernbleiben vor.

Tappeiner wurde Ehrenbürger Merans, 1887 wurde ihm vom Kaiser der Orden der „Eisernen Krone“ verliehen, 1898 wurde er geadelt. Das Krankenhaus Meran ist heute nach Franz Tappeiner benannt.

Kaiserin Elisabeth (Sissi) kurte schließlich 1870 und 1889 in Meran auf Schloss Trauttmansdorff. Die Kurstadt Meran erlangte dadurch enorme Bekanntheit.

Roman Weinberger schied 1914 aus dem Amt – kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Seine Amtszeit bleibt jedoch als eine Phase der Erneuerung und Weichenstellung in Erinnerung.

Auf Roman Weinberger folgte Josef Gemaßmer, der ebenso der Deutschfreiheitlichen Partei angehörte. Bis heute ist Weinberger Ehrenbürger Merans.

Literatur:

[1] Karl Wolf: „Aus Andreas Hofers Heimatsthal“, Ernst Keil Verlag, Leipzig 1899

[2] Tageszeitung „Dolomiten“ am 17. und 18. August 2002

6 Antworten zu „Wer war Roman Weinberger?”.

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    […] Roman Weinberger, der von 1890 bis 1914 freiheitlicher Bürgermeister in Meran war, trug federführend zur touristischen Entwicklung und Modernisierung Merans wesentlich bei, sehr zum Widerstand der Konservativ-Klerikalen, denen die Öffnung, Modernisierung und Erschließung durch den Fremdenverkehr nicht ins ideologische Konzept passten, wollten sie nämlich Tirol von der Außenwelt geistig abschotten. […]

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    […] abgehalten. 1886 wurde der Turnverein Meran neu gegründet, der freiheitliche Bürgermeister Roman Weinberger regte die Gründung […]

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    […] der Maßnahmen unter Bürgermeister Roman Weinberger, der ab 1890 Bürgermeister war, und der Initiativen Tappeiners etablierte sich Meran als eine […]

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