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Grundbuch und Kataster in Südtirol (und Italien)

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Das Grundbuch ist ein öffentliches Verzeichnis, in welchem alle dinglichen Rechte, etwa Eigentum und Rechte auf Eigentum Dritter, sowie Belastungen aufgezeichnet sind, die mit einer Liegenschaft zusammenhängen. Liegenschaften sind als Bauparzellen oder Grundparzellen definiert. Das Grundbuch erfüllt die Funktion der Offenkundigkeit und bietet Rechtsschutz, um Eigentumsverhältnisse sowie dienende und lastende Rechte zu erkennen.

Der Gesetzgeber geht in diesem Sinne davon, aus dass jedermann die Inhalte des Grundbuchs kennt.

Der Kataster stellt hingegen eine mengenmäßige und wertmäßige Erfassung und graphische Darstellung des Liegenschaftsbesitzes zum Zweck der Besteuerung des Einkommens dar, der sich aus dem Grundbesitz und Gebäudebesitz ergibt. 1760 wurde im Königreich Lombardei, das im Spanischen Erbfolgekrieg 1714 an Österreich übergegangen war, zum Zweck der Besteuerung des Grundes ein Grundkataster eingeführt.

Der so genannte „theresianische Kataster“ wurde später in anderen Teilen des Habsburgerreiches durchgesetzt und kennzeichnete sich durch eine graphische Darstellung. In Österreich wurde der Kataster 1817 eingeführt.  Im Rahmen der Einigung Italiens wurde in Italien 1886 ein Grundkataster eingeführt, der sich allerdings vom österreichischen unterscheidet, der in Südtirol gültig ist. Dieser hat bis heute keine rechtliche Beweiskraft, sondern entstammt dem Zweck der Besteuerung. 1939 wurde in Italien ein Gebäudekataster eingeführt. Einen solchen gibt es in Österreich nicht.

Der Gebäudekatasters hat in Südtirol den Zweck der Besteuerung von städtischen Liegenschaften, während der Gebäudekataster in Italien zusätzlich die Realrechte auf Immobilien abbildet, was in Südtirol durch das Grundbuch geschieht.

Das Grundbuch entstammt dem österreichischen Recht und wurde 1871 eingeführt. Das Königreich Italien behielt 1929 das Grundbuch in den ehemaligen österreichischen Gebieten bei und brachte dieses mit dem Zivilgesetzbuch in Einklang. Im italienischen Zivilgesetzbuch ist hingegen ein System der Eintragung (trascrizione) vorgesehen, woraus sich das Liegenschaftsverzeichnis (registro immobiliare, art. 2643 ff. Codice civile) ergibt.

Die Eintragung im Grundbuch hat rechtsbegründenden Charakter. Durch einen Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer besteht eine schuldrechtliche Rechtswirkung. Die dinglichen Rechte an der Liegenschaft werden allerdings erst durch die Eintragung in das Grundbuch vollzogen.

Das Liegenschaftsverzeichnis laut Zivilgesetzbuch hat einen personellen Charakter. Registriert sind die Rechtshandlungen von Personen. Das Grundbuch hat hingegen einen realen Charakter und deklariert die Rechtssituation von Liegenschaften. Diese Transparenz ist bei Liegenschaften in Italien nicht gegeben. Wird eine Immobilie in Italien erworben, sind verschiedene Dokumente notwendig, nämlich:

  • Atto di provenienza (Herkunftsnachweis)
  • Visura catastale (Katasterauszug): Liefert allerdings keine Informationen rechtlicher, sondern technischer Natur
  • Visura ipotecaria (Hypothekenauszug)
  • Dichiarazione di abitabilità (Bewohnbarkeitserklärung)

Mit Grundbuch und Liegenschaftsverzeichnis werden die folgenden Prinzipien der Offenkundigkeit gewahrt:

  • Rechtswirkung der Eintragung
  • Kontinuität der Eintragungen: Ununterbrochene Folge der Eintragungen
  • Priorität der Eintragungen: Nicht der Zeitpunkt des Kaufs, sondern der Zeitpunkt der Eintragung ist rechtswirksam.

Das Grundbuch setzt sich zusammen aus dem Hauptbuch, das nach Katastralgemeinden getrennt ist und Bestände, aktive Rechte, Eigentümer, Dienstbarkeiten und Belastungen anführt, sowie ais der Urkundensammlung.

Grundbuch und Kataster gingen 1978 mit Dekret des Präsidenten der Republik an die Autonome Region Trentino-Südtirol über. Seit 2004 sind die Verwaltungsbefugnisse im Bereich Grund- und Gebäudekataster auf die Autonome Provinz Bozen übergegangen.

Literatur:

[1] Gottlieb Pomella: „Das Bauwesen und seine Gesetze“, Edition Raetia, Bozen 1990

Eine Antwort zu „Grundbuch und Kataster in Südtirol (und Italien)”.

  1. Avatar von Erhaltenswerte und denkmalgeschützte Bauwerke – Demanega

    […] Ein Denkmalschutz ist nicht zwingend notwendig, insofern ein Bauprojekt dem kulturellen Interesse Rechnung trägt. Der Denkmalschutz besteht letztlich in einem „harten“ Schutz, insofern davon auszugehen ist, dass ein Bauprojekt das kulturelle Interesse gefährdet. Der Denkmalschutz wird als Bindung im Grundbuch eingetragen. […]

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