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Sei keine Schildkröte. Krisenmanagement und Krisenkommunikation im Ernstfall.

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Krisen werfen den Normal-Ablauf eines Systems über den Haufen und machen ein Krisenmanagement erforderlich, das darauf abzielt, die Krise zu deeskalieren. In der Regel reichen nämlich mehrere Stunden aus, um eine beginnende Krise in eine ernst zu nehmende existenzielle Krise eskalieren zu lassen.

Was sich in der Politik und bei internationalen Konflikten im Großen abspielt, prägt auch unser Leben im Kleinen. Wer über keine Krisenkompetenz verfügt, wird im Krisenfall regelrecht zermalmt.

Denn der Mensch, der zur schwankenden Zeit auch schwankend gesinnt ist, Der vermehret das Übel und breitet es weiter und weiter; Aber wer fest auf dem Sinne beharrt, der bildet die Welt sich“ schreibt Goethe zum Kernproblem flatterhafter Charaktere.

Krisen potenzieren und dramatisieren vorhandene Probleme: Strukturelle Unzulänglichkeiten wie mangelhafte Führung, Orientierungslosigkeit, Richtungslosigkeit, mangelhafte Reflexionsgabe und prinzipielle Unbelehrbarkeit machen aus der kleinen Krise ein existenzielles Problem für alle Beteiligten. Im Katastrophenfall oder Kriegsfall stehen durch mangelhafte Krisenkompetenz zahlreiche Existenzen auf dem Spiel, doch auch im Kleinen wird eine Implosion von Organisationen riskiert.

Begrifflichkeiten

Krise“ bedeutet eine Störung des Ablaufes innerhalb eines Systems. Daraus ergibt sich der Mangel an Kontrollier- und Steuerbarkeit.

Katastrophen“ stellen einen Spezialfall von Krisen sowie deren einseitige negative Ausprägung dar.

Störungen“ kennzeichnen Brüche im Systemablauf.

Anders als Störungen beziehen sich „Konflikte“ auf Gegensätzlichkeiten in den interpersonellen Beziehungen. Wer Konflikte erkennt und löst, vermeidet die Eskalation zur Krise.

Risiken“ sind die andere Schlagseite von „Chancen“. Die Risikowahrscheinlichkeit sowie die Risikointensität oder Vulnerabilität machen aus dem Risiko eine Gefahr.

Issues“ sind Themen von öffentlichem Interesse, die mit kontroversen Ansichten, Erwartungen, Wertstellungen verbunden werden

Skandale“ haben Ä­hnlichkeiten zu Issues, verursachen allerdings öffentliches Ärgernis und Empörung wegen des faktischen oder vermeintlichen Verletzens moralischer oder ethischer Standards.

Generell unterscheiden sich Krisen gemäß ihrer Entstehung in interne (endogene) und externe (exogene).

Verlauf von Krisen

Die potenzielle Krise stellt die erste Phase dar. Diese ist quasi ein Normalzustand in Systemen, weil Konflikte immer vorhanden sind und eskalieren können. Krisen sind eine tägliche Herausforderung im Sinne eines Krisenmanagement.

In einer zweiten Phase wird die Krise als solche latent erkennbar. „Wegen der in dieser Phase noch bestehenden, relativ großen Bandbreite von Handlungsmöglichkeiten und einem noch nicht akuten Entscheidungs- und Handlungszwang, kommt dieser Phase im Rahmen eines (aktiven) Krisenmanagements eine besondere Bedeutung zu“ [1].

Die latente Krise schwelt weiter in Richtung akuter, wahrnehmbarer, aber beherrschbarer Krise als dritter Phase: „Bei fortschreitender Vernichtung von Handlungsmöglichkeiten, unmittelbarem Zeitdruck und Handlungszwang erhöhen sich hier die Krisenbewältigungsanforderungen an ein (reaktives) Krisenmanagement. Dennoch kann in dieser Phase die akute Krise konstruktiv bewältigt werden, da das vorhandene und/ oder hinzugewonnene Krisenbewältigungspotenzial noch ausreicht, um die akute Krise zurückzuschlagen“ [1].

Es folgt die vierte Phase: „Gelingt die (konstruktive) Bewältigung der Krise nicht, so tritt der Krisenprozess in die vierte Phase der akut/nicht beherrschbaren Unternehmenskrise. In dieser Phase übersteigen die Krisenbewältigungsanforderungen das vorhandene Bewältigungspotenzial“. Die destruktiven Wirkungen machen weitreichende Konsequenzen notwendig, bleiben diese aus, droht die Implosion.

Kernelemente von Krisen

Krisen verfügen über gemeinsame Charakteristika:

  • Relative Unerwartbarkeit: Krisen sind unerwartete Situationen, die innerhalb oder außerhalb des Systems verursacht werden.
  • Existenzbedrohende Entwicklung: Bei Krisen handelt es sich um problematische Entwicklungen mit weitreichenden Folgen, die die Existenz der betreffenden Systeme bedrohen oder zumindest die Zielerreichung gefährden.
  • Zeitdruck: Krisen vollziehen sich innerhalb eines eng begrenzten Zeitrahmens, der den Beteiligten wenig Zeit zum Ergreifen von Gegenmaßnahmen lässt.
  • Ambiguität: Krisen sind Situationen voller Ambiguität, d.h. ihre Ursprünge und Kausalitäten sind nicht spontan und eindeutig zuord- und ergründbar.
  • Öffentlichkeit: Eine Krise ist ein aktueller Vorgang, der die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zieht.

Instrumente

Proaktives Verhalten ist der Versuch, die Deutungshoheit zu erobern und setzt bestenfalls frühzeitig an, indem die strukturellen Gegenmechanismen im Falle einer Krise geschaffen werden. Ziel ist es, gar nicht erst in eine defensive Position gedrängt zu werden und die Krise nicht zur „Krise“ werden zu lassen.

Die Krisenkommunikation minimiert Unwissenheit und Spekulation, weil durch spekulative Elemente die Krise in der öffentlichen Wahrnehmung potenziert wird und kommuniziert tatsachenbasiert mit der relevanten Öffentlichkeit.

Glaubwürdigkeit ist die wesentliche Grundlage für zielführendes Agieren in der Krise. Bestenfalls ist die Krise in ein glaubhaftes Krisenpräventionsprogramm eingegliedert. Systematische Abläufe geben der Krise das Wesen der Alltäglichkeit und Erwartbarkeit, sodass auch gesteuerte Gegenmaßnahmen authentisch sind.

Warnungen, die als Drohungen aufgefasst werden, sind allenfalls das letzte Mittel und münden potentiell in der Eskalationsspirale sowie in der gegenseitigen Destruktivität.

Wesentlich ist die ausreichende Krisenvorsorge in der ersten Phase des Krisen-Managements, die die Krise letztlich auf ein „Restrisiko“ reduziert, das nie auszuschalten ist.

Im Oktober 2022 hatte der Unterfertigte im Rahmen der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit vergeblich ein Krisenkommunikationsprogramm mit Reaktionszeiten im Krisenfall von maximal einem halben Tag vorgeschlagen.

Literatur:

[1] Ansgar Thießen (Hrsgb.): „Handbuch Krisenmanagement“, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2014

Eine Antwort zu „Sei keine Schildkröte. Krisenmanagement und Krisenkommunikation im Ernstfall.”.

  1. Avatar von Konflikte lösen. Oder sinnlos eskalieren. – Demanega

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