Brunnen hatten ursprünglich einen wirtschaftlichen Nutzen. Menschliches Leben und menschliches Wirtschaften hingen und hängen eng mit der Verfügbarkeit von Wasser ab: Wasser muss in genügender Menge und in genügender Qualität zur Verfügung stehen.
Brunnen nehmen aber auch eine ästhetische Dimension ein, wird mit dem detailliert gestalteten Bauwerk nämlich die Ressource Wasser in besonderem Maße geehrt. Bautechnisch bestanden Brunnen in der Antike aus übereinanderstehenden Schalen, wobei das Wasser von der ersten in die zweite Schale befördert wurde. Mit der Gotik weicht die Horizontale der Vertikalen [1], der Brunnen ragt wie der gotische Turm in die Höhe.
Walter Kiewert schreibt zu der Schönheit der Brunnen: „Radikalen Wandel der Formen schafft die Renaissance. Die gotische Pyramide verschwindet, und an ihre Stelle tritt die gerade Säule, deren Kapitell meist den Sockel einer Figur bildet. Diese Figur wird gern der antiken Mythologie, dem christlichen Kult, aber auch dem Zeitgeschehen entnommen. Oder man greift zu Tierplastiken: zu Wappenlöwen, Bären, Adlern, Delphinen. Vielfach ist der untere Säulenschaft überdies mit Figurengruppen umgeben“ [ii].
Mit dem Barock wird das Dekorative naturgemäß noch viel weiter getrieben: „Das Barock treibt diese Entwicklung noch weiter voran. Den Architekten interessiert nicht mehr die Einzelheit, das Zierliche, Ziselierte, die Feinheit des Details: Er will bezwingen, hinreißen, durch Wucht und Masse betäuben. Wo bislang ein bescheidener Strahl plätscherte, müssen jetzt breite Wassermengen schäumen, müssen Kaskaden rauschen oder mächtige Fontänen emporschießen. Nirgendwo findet sich das Prinzip theatralisch-pompöser Gestaltung augenscheinlicher verkörpert als in Rom, der brunnenreichsten Stadt der Erde. Hier bleibt das Wasser nicht mehr architekturbelebendes Element, es wird selber Architektur, flüssiger Baustoff und verschmilzt mit der steinernen Plastik zur untrennbaren Einheit. Licht- und Schattenwirkung tritt hinzu, wie bei der riesigen Fontana die Trevi, die eine ganze Palastfront ausfüllt“.
Brunnen im Stadtraum sind dabei immer auch ein raumbildendes Element. In den rätoromanischen Dörfern wurden die Häuser rund um einen Platz mit dem zentralen Brunnen angelegt. Beim so genannten „Engadinerhaus“ sind alle Hauseingänge zum Brunnen hin gerichtet.
„Der Brunnen als Kunstwerk folgt eigenen Architekturgesetzen. Von entscheidender Wichtigkeit bleibt seine richtige Aufstellung, die überzeugende Eingliederung in seine räumliche Umrahmung. Während man ihn in Italien mit Vorliebe genau in die Mitte symmetrischer Plätze setzte, bevorzugten die deutschen Architekten der Vergangenheit mit ausgezeichnetem Raumgefühl meistens die Platzränder und malerischen Häuserwinkel, wie in Nürnberg, Rothenburg, Dinkelsbühl, Goslar, Lüneburg“ [1].
Mit dem Landschaftsgarten wird später die „wilde“ Natur als Ideal dargestellt.
Literatur:
[1] Walter Kiewert: „Der schöne Brunnen“, VEB Verlag der Kunst, Dresden, 1956


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