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Faschismus: Bestimmung eines unsinnigen Begriffes

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Entgegen der politischen Tendenz, aus rein opportunistischen Gründen den „anderen“ eine Faschismusnähe vorzuwerfen, was durch linke, aber auch durch „patriotische“ Bewegungen passiert, muss eine Politik mit Bedacht und Tiefgang die effektiven Grundlagen erörtern.

Der inflationäre Gebrauch des Faschismusvorwurfs führt dazu, dass er seine Wirkung verliert und politische Diskussionen entgleist werden. Infolgedessen wird der Begriff „Faschismus“ heute fast ausschließlich aktivistisch ohne kritische Überorüfung benutzt. Es ist demgegenüber bedeutend, den Begriff des Faschismus sorgfältig und genau zu verwenden, um Missverständnisse zu vermeiden und eine konstruktive Debatte zu ermöglichen. Letztlich liegt es am Rechtsstaat, faschistische Tendenzen festzustellen und nicht an einer selbsternannten Lynchjustiz. Insbesondere darum, weil Faschismusverdacht potenziell durch die strafrechtliche Gesetzgebung relevant ist.

Die Brisanz des Faschismusvorwurfes liegt auf der Hand. Der „Faschismus“ als das absolut Böse ist für postmarxistische Kreise eine systemimmanente Entwicklung der „kapitalistischen“ Gesellschaftsform. Infolgedessen arbeiten postmarxistische Ideologen spätestens seit 1945 an der Deklaration wesentlicher Institutionen und Werte unserer tradierten Lebenswelt als – potenziell – „faschistisch“. Ob Familie, Heimatliebe, Volksbezug, Hierarchie, Ästhetik, Erziehung, Geschichtsbezug, Tradition oder Geschlechterrollen: Der Faschismusvorwurf ist schnell erhoben.

Vielfach ist die Strategie relativ einfach: Phänomene, die im Faschismus beobachtet werden, werden selektiv je nach Interessenslage als „faschistisch“ deklariert, wenngleich diese Zuordnung fehlerhaft, mangelhaft und unvollständig ist. Andere Phänomene, die in diesem Sinne auch als faschistisch durchgehen könnten, werden bewusst ausgeklammert.

Der deutsche Historiker Wolfgang Altgeld skizziert entsprechend ein interessantes Bild zum italienischen Nationalismus. Der radikale Nationalismus Italiens stützte sich nach Altgeld im wesentlichen auf drei Strömungen: Erstens auf die junge künstlerische und literarische Elite, also auf eine Bewegung von rechts; zum anderen habe sich der italienische Nationalismus durch linke Bewegungen, nämlich aus dem Irredentismus oder Risorgimento-Nationalismus Mazzinis und Garibaldis gespeist. Mazzini hatte wohlgemerkt bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Brennergrenze beansprucht und folglich den Angriff auf nichtitalienische Territorien legitimiert. Drittens habe sich der italienische Nationalismus aus einer konservativen und antisozialistischen Elite gespeist, die sich allerdings seit dem Ersten Weltkrieg zunehmend an die beiden anderen Strömungen anpaßte.

Die oft praktizierte Gleichung, die häufig in Südtirol angewandt wird, Nationalismus sei Faschismus, ist folglich völlig inkorrekt und deplatziert. Es gibt nämlich vielfältige, auch linke und konservative, Nationalismen. Freilich war der Nationalismus das dynamische Moment im Faschismus, allerdings in Form eines Sozialismus und Kollektivismus, der Volk und Staat gleichschaltete, dabei Individuelles kaum walten ließ.

Faschistische Bewegungen haben im 20. Jahrhundert in verschiedenen europäischen Ländern an Einfluss gewonnen, darunter Italien, Deutschland, Spanien, Österreich, Großbritannien, Ungarn, Rumänien, Kroatien, Bulgarien, Dänenark, Frankreich, Irlamd, Island, den Niederlanden, Polen, Schweiz oder Finnland. Folglich bildete nahezu jedes europäische Land Bewegungen heran, die als faschistisch einzustufen sind, wenngleich nicht alle ein Regime bildeten.

Allerdings war der Faschismus kaum international ausgeprägt – im Gegensatz zur sozialistischen Internationale, sodass kaum von einer einheitlichen Bewegung die Rede sein kann.

Die Begrifflichkeit „fasces“ von Bündel impliziert die Bündelung unterschiedlicher Strömungen im Faschismus und durchaus auch antagonistischer Ideologien, die sich in Zeiten größerer Krisen im sozialistisch ausgelegten Nationalismus zusammenschlossen.

Weltanschaulich gefestigt sein, bedeutet, den Unterschied zwischen Ursache und Symptom zu kennen, Merkmale zu unterscheiden, die immanent faschistisch sind, von jenen, die „auch, aber nicht nur“ faschistisch sind. Der politische Diskurs unserer Tage versteift sich lieber auf kurzsichtige Oberflächlichkeiten, in der Hoffnung, vom Faschismusvorwurf würde schon etwas hängen bleiben und entzieht sich – insofern konservative und patriotische Bewegungen sich im Faschismusvorwurf betätigen – letztlich den Boden unter den eigenen Füßen, weil das Feld ideologisch vermint ist.

Das sollten andererseits auch jene vermeintlich „patriotischen“ Kräfte wissen, die sich im Glauben befinden, den Faschismusvorwurf zum eigenen kurzfristigen Vorteil auszunutzen, die sich allerdings durch den Rückgriff auf postmarxistische Begriffe mittel- und langfristig selbst abschaffen.

Der „Faschismus“ ist im 20. Jahrhundert als autoritäre und totalitäre Herrschaftsform zu verstehen, der darauf abzielt, ein „organisches“ bis intendiert homogenes Volk im Staat zu sozialisieren und unter Unständen zu schaffen. Infolgedessen handelt es sich um eine Idealisierung, die an der Wirklichkeit scheitern muss.

Im Politischen ist Destruktion einfach. Delegitimieren, relativieren, zerstören geht schnell, aufbauen, konstruieren und kultivieren ist komplex und intensiv. Infolgedessen ist es durch oppositionelle Bewegungen ohne Weitsicht recht einfach, per Presseaussendung, Beschlussantrag oder Videobotschaft widersprüchliche, unsinnige und kontraproduktive Dinge zu verlangen, die dem kritischen Blick, den es – mangels Reflexionsfähigkeit – nicht gibt. Konstruktiv und realitätsbezogen ist das aber nicht.

Ernst Nolte prägte einen einflussreichen Ansatz zur Definition des Faschismus. Er betrachtete den Faschismus als eine politische Bewegung, die als Reaktion auf politische und soziale Krisen entstand und oft durch autoritäre Führer und nationalistische Ideologien geprägt war. Nolte betonte die Bedeutung von Charakteristika wie Massenmobilisierung, Führerkult und Ablehnung der Demokratie für das Verständnis des Faschismus. Sein Ansatz zielt darauf ab, den Faschismus als eigenständige politische Ideologie zu definieren, die sich von anderen politischen Systemen wie dem Kommunismus oder dem Liberalismus unterscheidet. Nolte analysierte auch die historischen Ursprünge des Faschismus und seine Auswirkungen auf die moderne Welt, wobei er auf die spezifischen Entwicklungen in Ländern wie Deutschland, Italien und Spanien einging. Insgesamt lieferte Nolte einen umfassenden Beitrag zum Verständnis des Faschismus als historisches Phänomen und dessen Bedeutung für die moderne Politik und Gesellschaft.

Literatur:

[1] Ernst Nolte: „Der Faschismus in seiner Epoche. Action francaise – Italienischer Faschismus – Nationalsozialismus“, Piper Verlag, München 1963

2 Antworten zu „Faschismus: Bestimmung eines unsinnigen Begriffes”.

  1. Avatar von Dr. Josef Noldin: „Ich will nicht Gnade, sondern Recht!“ – Demanega

    […] Verwaltung ist, um einen Ausdruck Josef Fontanas zu verwenden, freilich älter als der italienische Faschismus. Der italienische Faschismus ist eine politische Sammelbewegung (daher die „fasces“), […]

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  2. Avatar von GoldJung
    GoldJung

    Ich liebe Gesichtswurst mit Knorze

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