Das Bauen im mehrgeschossigen Holzbau macht umfangreiche Überlegungen zu den Themen Tragwerk, Feuchteschutz, Wärmeschutz, Schallschutz und Brandschutz notwendig. Nur wenn das Bauwerk bis ins letzte Detail geplant ist, sind die Grundlagen für einen nachhaltigen und dauerhaften Holzbau geschaffen.
Unser modernes Bauen wird heute im Wesentlichen durch den Wärmeschutz sowie durch den Brandschutz geprägt. Infolgedessen wirken – neben der Tragwerksplanung – Bereiche des Ingenieurwesens wesentlich architektonisch formgebend. Dies gilt umso mehr im Holzbau, wo mit dem Holz ein Werkstoff konstruktiv verbaut wird, der naturgemäß brennt.
Potenziert werden die Anforderungen an den Brandschutz in einer heutigen Zeit, in der das Sicherheitsbedürfnis, aber auch die Sorgen und Risiken, im Steigen sind. Der Brandschutz ist grundsätzlich baulich, anlagentechnisch sowie betrieblich. Der bauliche Brandschutz sieht die Zugänglichkeit im Brandfall, Rettungskonzepte und Rettungswege sowie die konstruktive Bemessung der Bauteile im Brandfall vor. Neben der Ausbreitung des Feuers ist die Ausbreitung des Rauches zu unterbinden und es ist die Rettung von Menschen durch eine ausreichende zeitliche Tragfestigket sicherzustellen.
Beim Thema Brandschutz ist die Klassifizierung von Baustoffen und Bauteilen relevant. Baustoffe werden in brennbar und nicht-brennbar sowie nach ihrem Beitrag zum Brandgeschehen in verschiedene Klassen eingeteilt und dann auch noch nach ihrem Rauchverhalten und dem Abtropfverhalten klassifiziert. Für Bauteile gelten hingegen andere Anforderungen. Bauteile müssen in der Bemessungszeit ihre festgelegten Eigenschaften, also ihre Feuerwiderstandsdauer erhalten. Die europäische Klassifikation REI unterscheidet R – Tragfähigkeit, E – Raumabschluss und I – Wärmedämmung. Aus dem Französichen ergeben sich die Begriffe R (Résistance), E (Etanchéité) und I (Isolation). REI 90 bedeutet die Erfüllung dieser Kriterien für zumindest 90 Minuten.
Trotz der Brennbarkeit spricht grundsätzlich für Holz im Hochbau, dass Holz relativ kontrolliert brennt und die Abbrandraten folglich rechnerisch angesetzt werden können. Bei zunehmender Temperatur trocknet das Holz vorerst aus, ab 100 Grad Celsius beginnt eine langsame Zersetzung, und ab 2710 Grad Celsius beginnt die Holzkohlebildung, die den Brand verzögert. Ab 400 Grad Celsius brennt das Holz mit offener Flamme. Gemäß Eurocode 1995-1-2 werden die entweder die ideellen Abbrandtiefen angesetzt und ein Restquerschnitt ermittelt oder die genauere Methode unter Verwendung reduzierter Eigenschaften geführt.
Auf Seiten des semiprobabilistischen Nachweiskonzeptes ändern sich allerdings einige Annahmen. Im Grenzzustand der Tragfähigkeit werden die Nachweise auf Widerstandsseite mit dem 5%-Quantilwert geführt, wonach nur 5% der Werte schlechter sein dürfen. Diese charakteristischen Widerstände werden dann für den Grenzzustand der Tragfähigkeit noch einmal mit Teilsicherheitswerten dividiert – und somit verkleinert -, um ungünstige wahrscheinliche Streuungen zu berücksichtigen. Im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit werden die Nachweise auf Widerstandsseite mit dem Mittelwert geführt. Im Brandfall, der eine außergewöhnliche Beanspruchung darstellt, ist das Sicherheitsniveau auf Widerstandsseite geringer und es sind die 20%-Quantile unter Normaltemperatur anzusetzen.
Vorteilhaft ist auch, dass die Einwirkungen im Brandfall geringer ausfallen und keine Teilsicherheitsbeiwerte anzusetzen sind. Die charakteristischen Werte der Einwirkungen betreffen das 95%-Quantil. Die Einwirkungen betragen vergleichsweise zum Grenzzustand der Tragfähigkeit nur noch rund 60 Prozent. Neben den Querschnittsnachweisen sind auch die Stabilitätsnachweise zu führen, für welche die Knick- und Kippbeiwerte für den Brandlastfall zu bestimmen sind. Die Lagerungsbedingungen werden normgemäß günstiger angesetzt.
Ein Spezialthema ist die Bemessung der Verbindungsmittel im Holzbau im Brandfall. Verbindungsmittel sind im Holzbau m Wesentlichen aus Stahl oder Aluminium ausgeführt. Stahl verliert ab einer Temperatur von 400 Grad Celsius seine Festigkeit drastisch. Da Stahl ein Wärmeleiter ist – und Aluminium noch stärker – wird der Holzabbrand begünstigt. Zudem stellen sich bei erhöhten Temperaturen Fließgelenke in Stahlverbindungen ein. Im Wesentlichen schützt das Holz das Verbindungsmittel.
Grundsätzlich wird der Nachweis der Verbindungsmittel in Relation zur mechanischen Auslastung des Verbindungsmittels unter Normaltemperatur und unter Berücksichtigung des Abstades zur Oberfläche, die dem Brand ausgesetzt ist, geführt. Daraus lässt sich unter Anwendung allfälliger Beiwerte die Widerstandsdauer der Verbindungsmittel berechnen. Der Eurocode 1995-1-2 sieht im Falle von Stahlblechen allerdings nur einfache Fälle mit gerungen Widerstandsdauern vor. Für Fälle, die darüber hinausreichen, werden die erwartbaren Temperaturen ermittelt und die Festigkeitsabminderungen in der Stahlplatte nach Eurocode 1993-1-2 geführt.
Mit den neuen Eurocodes 5 wird auch der Brandschutz neu – und leider restriktiver – geregelt.
Bei aller Komplexität der Gewährleistung der Brandschutzdauer auf Seiten der Tragwerksplanung im Holzbau ist es damit – leider – nicht getan. Weit reichende Auswirkungen hat das Bauen mit Holz natürlich auch auf die Hochbauplanung selbst. Für höhere Holzbauwerke – in der Bundesrepublik Deutschland ab Gebäudeklasse 4 mit einer Höhe von bis zu 13 Metern und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 Quadratmetern – werden tragende und stabilisierende Bauteile dann aus Holz ausgeführt, wenn hochfeuerhemmende mindestens zweilagige Brandschutzverkleidungen und nicht-brennbare Dämmmaterialien ausgeführt werden. Die Fugen müssen besonders berücksichtigt werden. Zudem sind Installationsleitungen in den tragenden Holzbauteilen nur begrenzt möglich.
Inzwischen sind länderbezogen auch Holzbauweisen bei Gebäudeklasse 5 möglich, also Gebäude bis 22 Meter, allerdings nicht vollständig in Holz. Beispielsweise sind die Stiegenhäuser dann in anderen Werkstoffen auszuführen. Stahlbeton ist prädestiniert. Darüber hinaus gehend ist von Sonderbauten die Rede. Mit zunehmender Gebäudeklasse sind die Anforderungen an die Abschottung restriktiver. Sonderbauten können geregelt oder nicht geregelt sein. Bei nicht geregelten Sonderbauten gilt es, bei der Bauaufsichtsbehörde eine Prüfung im Einzelfall mit spezifischen Auflagen zu beantragen.
Bauen mit Holz ist eine grundsätzliche Entscheidung. Auf dem Weg zum „perfekten“ Projekt, bei dem alles passt, ist man dann auch bereit, mehr Anstrengungen in die Planung einfließen zu lassen. Aus Liebe zum Projekt.
Literatur:
[1] Winter, Stefan / Peter, Mandy (Hrsg.): „Holzbau-Taschenbuch: Grundlagen“, Ernst und Sohn Verlag, Hoboken 2021
[2] Helmut Neuhaus: „Ingenieurholzbau – Grundlagen, Bemessung, Nachweise, Beispiele“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2017
[3] Martin Gräfe und Stefan Winter: „Baurechtliche Grundlagen für den mehrgeschossigen Holzbau“, Informationsdienst Holz (Link)
[4] Claus Scheer & Mandy Peter: „Holz Brandschutz Handbuch“, Ernst & Sohn Verlag, Berlin 2009


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