Um Immobilienbewertungen und Immobilienschätzungen in Italien und in der Folge auch in Südtirol durchzuführen, legt die italienische Norm UNI 11558:2014 “Valutatore immobiliare – Requisiti di conoscenza, abilità e competenza” die Anforderungen an die Immobilienbewertung fest.
Zur Bewertung von Immobilien ist eine Eintragung als Immobilienmakler, eine Eintragung als Gutachter bei den Handelskammern oder eine Eintragung in die Berufsalben notwendig, zu denen die Ingenieure und Architekten, aber auch die Geometer, gehören.
Die Schätzung einer Immobilie einem Bautechniker wie einem Bauingenieur zu übertragen hat genauso seine Vorteile wie die Übertragung an einen Immobilienmakler. Beim Immobilienmakler ist die enge Verbindung zum Immobilienmarkt gegeben, folglich eine Abschätzung der Nachfrage am Markt. Beim Techniker, speziell dem Bauingenieur, ist hingegen die direkte Verbindung zum Bauwesen gegeben, sodass bauliche Eingriffe zur Umnutzung, zur Instandhaltung oder Instandsetzung direkt bewertet werden können. Insbesondere bei Bestandsobjekten ist eine solche Bewertung notwendiger, aber auch möglicher baulicher Eingriffe das Um und Auf, um nicht nur die Investitionskosten abzuschätzen, sondern um auch und vor allem das Potential einer Immobilie richtig einzuordnen.
Ein aktiver Ansatz besteht dabei darin, die eigenen Bedürfnisse an das Bauliche im Vorfeld festzulegen und sodann mögliche Immobilien nach der Kompatibilität mit diesen Anforderungen zu vergleichen. Daraus ergibt sich ein mehr oder weniger großer baulicher Eingriff, um diese Anforderungen umzusetzen, der in die Immobilienbewertung einzurechnen ist. Die eine Immobilie mag die Anforderungen bereits ohne baulichen Eingriff erfüllen, während die andere Immobilie zwar weitaus günstiger ist, aber größere Eingriffe erforderlich macht. Immer wichtiger sind dabei auch die Anforderungen an das barrierefreie und altersgerechte Wohnen.
In diesem Sinne geht es um ein regelrechtes und professionelles „Bestandsprojektmanagement“ [1], bei dem nach einer umfangreichen Bestandsanalyse mit einer Bewertung des Tragwerks sowie aktueller Anforderungen an die Bauphysik und an den Brandschutz, die Investitionsrisiken und -kosten abzuklären sind. Daraus ergibt sich ein Kostenprogramm sowie ein Zeitprogramm mit laufenden Kostenverfolgungen und Einhaltung der zeitlichen Meilensteine.
Nach einer Bewertung des baulichen Bestandes und der baulichen Substanz geht es folglich darum, den Immobilienwert realistisch einzuschätzen. Dabei sind die notwendigen Umbaukosten einzubeziehen, welche allerdings erst mehr oder weniger weit in der Zukunft liegen können. Ist der Rahmen klar, ist die Baufinanzierung notwendig. Umso realistischer das Bauvolumen eingeschätzt wird, umso geringer sind die zahlreichen erwartbaren Probleme.
Neben der Beauftragung von Planern und Fachplanern ist die richtige Wahl des ausführenden Unternehmens wesentlich, um Mängel und Ärgernisse auszuschließen. Der Bauleitung obliegt dabei auch das Erfassen von Mängeln, das Abnehmen von Baufortschritten sowie der schnelle Eingriff und die direkte Kommunikation bei Abweichungen vom Plan-Soll.
Um Immobilien zu bewerten, stehen normierte Verfahren zur Verfügung. Diese Methoden sind: Vergleichswertverfahren, Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren. Während sich das Sachwertverfahren auf die Vergangenheit bezieht (Welche Herstellungskosten?), bezieht sich das Vergleichswertverfahren auf die Gegenwart (Welcher derzeitiger Verkehrswert?) und das Ertragswertverfahren auf die Zukunft (Welcher zu erwartender Nutzen, welche Erträge?) [1].
Der Ertragswert summiert die realistischen Erträge, die in einem Betrachtungszeitraum erzielbar sind. Vorausgesetzt, es sind Erträge erfassbar, die allerdings vielfach auf recht statischen Annahmen gründen. Gerade bei Anlageobjekten ist das Ertragswertverfahren wesentlich.
Das Sachwertverfahren erfasst die Herstellungskosten einer Immobilie oder den Wiederbeschaffungswert und schlägt Alterungsfaktoren ab. Geeignet ist das Verfahren nur zum Teil. Die Eignung betrifft eher Objekte, bei denen kein wirklicher Markt vorhanden ist. Nützlich ist das Verfahren zur Beurteilung von Sanierungsmaßnahmen.
Das Vergleichsverfahren stellt die zu bewertende Immobilie in ein Verhältnis zu marktüblich erzielbaren Preisen. Dazu ist es notwendig, dass die Vergleichbarkeit gegeben ist, was wiederum besonders bei Grundstücken eher der Fall ist und bei besonderen Bauwerken eher nicht. Grundsätzlich bildet das Vergleichswertverfahren den Markt allerdings am besten ab. Mit dem Marktwert allerdings auch die Schwankungen desselben, die vielfach von externen Faktoren abhängen.
Darüber hinaus stehen nicht-normierte Verfahren zur Verfügung, welche insbesondere in der Projektentwicklung Anwendung finden. Diese sind: das Residualwertverfahren, die Discounted-Cash-Flow-Methode, die Hedonistische Bewertung, die Monte-Carlo-Methode und das Investmentverfahren. Die Discounted-Cash-Flow Methode setzt sich aus dem Barwert der Erträge der ersten 10 bis 15 Jahre sowie aus dem Barwert des Marktwertes oder Restwertes der Immobilie zusammen. Damit sind flexible Prognosen erzielbar.
Literatur:
[1] Bert Bielefeld & Mathias Wirths: „Entwicklung und Durchführung von Bauprojekten im Bestand Analyse – Planung – Ausführung“, Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden 2010
[2] Willi Alda & Joachim Hirschner: „Projektentwicklung in der Immobilienwirtschaft: Grundlagen für die Praxis“. Springer Vieweg, Wiesbaden 2016


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