Historisch betrachtet waren Kneipen und Kommerse in Tirol bei Studenten, Akademikern, Turnern, Feuerwehren, Radfahrerclubs, Schützen und Gesangsvereinen üblich. Heute scheint man diese Gemeinschaftsveranstaltungen vergessen zu haben oder vergessend gemacht zu haben. Ein Manko. In diesen Sinne: Heil Neujahr!
Eine „Kneipe“ ist eine ritualisierte Gemeinschaftsveranstaltung mit einer Kneipdisziplin. Eine Kneipe wird durch ein Präsidium aus Chargierten geleitet, die der Kneipe vorstehen. Die restlichen Teilnehmer sitzen nach einer bestimmten Sitzordnung. Das Präsidium unterbricht das gesellige Beisammensein durch den „Ruhe“-Ruf („Silentium“), worauf das Gespräch („Silentium ex – Coloqium“) beendet wird, um Lieder zu singen, Begrüßungen abzuhalten oder Reden zu halten. Neben der feierlichen Festkneipe stellt die Trauerkneipe eine ernste Variante dar, um einem Verstorbenen zu gedenken.
Ein „Kommers“ (von lateinisch „commercium“, Verkehr) ist hingegen eine hochoffizielle Feier. Die Form ist ähnlich einer Kneipe, jedoch ist der Anlass festlicher und die Form repräsentativer. Die Lieder- und Redenfolge entspricht dem Anlass. Anlass sind zumeist Stiftungsfeste, Universitätsjubiläen oder historische Ereignisse sowie Gedenken.
Im alten Griechenland wurde das gemeinsame, gesellige Trinken „Symposion“ genannt. Im antiken Rom „Comissatio“. Die Eucharistiefeier ist im Christentum zumindest ansatzweise an diese vorchristlichen Trink- und Essrituale angelehnt. Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelten sich im studentischen Umfeld dementsprechend Kneipen und Kommerse. Auch heute stellt eine Kneipe im Gegensatz zu einer unförmlichen und gestaltlosen Feier einen Rahmen dar, der bleibende Erinnerungen hinterlässt.
Während man in Tirol – heute – glaubt, eine Feier müsse mit einer heiligen Messe umrahmt werden, die auch noch – zumeist – mehr Zeit einnimmt, als die eigentliche Veranstaltung selbst, gibt es mit Kneipen und Kommersen historische Vorbilder und Alternativen, die die Feier in den Mittelpunkt stellen und ihr eine Würde und einen Rahmen geben.















N.B.: Die Sylvesterkneipe des Turnvereins Bozen am 31. Dezember 2025 ist – leider – nur ein Traum.


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