Das Fire Safety Engineering (FSE), in deutsch „Ingenieurmethoden im Brandschutz“, umfasst innovative Modelle zur brandschutztechnischen Beurteilung der Sicherheit eines Gebäudes oder einer Tätigkeit. Der Beginn des FSE liegt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der wissenschaftlichen Brandschutzforschung mit der Erkenntnis, dass Vorschriften nicht für die Brandsicherheit von komplexen Gebäuden ausreichend sind.
Statt starrer Sicherheitsziele, wie diese zum Teil in Normen und Vorschriften enthalten sind, gründet das FSE auf einem „Performance-Based Design“. Performance-Based Design ist ein ziel- und leistungsorientierter Ansatz im Brandschutz. Im Gegensatz zum vorschriftenbasierten Design (Prescriptive Design) wird nicht strikt festgelegt, wie gebaut werden muss, sondern welches Sicherheitsniveau erreicht werden soll.
Der derzeitige italienische Brandschutzkodex schafft die grundsätzlichen Grundlagen für das Fire Safety Engineering, indem Leistungsniveaus (Sicherheitsniveaus) zentral und „alternative Methoden“ vorgesehen sind. Die Vorgaben zur Verwendung der alternativen Methoden sind in den Kapiteln M1, M2 und M3 enthalten.
Die maßgebenden Bemessungsbrandszenarien werden anhand von qualitativen Bewertungen und quantitativen Berechungen identifiziert. Aus der Vielzahl potenmtiell möglicher Brandszenarien werdenjene identifiziert, die für die jeweiligen brandschutztechnischen Problemstellungen zu ausreichend sicheren Brandschutzkonzepten führen (design fire scenarios).

Als Modelle sind denkbar:
- Mathematische Modelle
- Experimentelle Modelle
Die Grundlage der Zonenmodelle basiert auf der Trennung zwischen einer wärmeren Rauchgasschicht und einer darunterliegenden kälteren Luftschicht, die rauchfrei oder raucharm ist:

Feldmodelle werden auch als CFD-Modelle (Computational Fluid Dynamics) bezeichnet. Dabei werden Probleme aus dem Bereich der Strömungsdynamik numerisch gelöst, indem das Berechnungsgebiet räumlich und zeitlich diskretisiert wird.

Sicherheitskonzepte beziehen sich im Wesentlichen auf zwei Ziele:
- die Gewährleistung ausreichender Sicherheit für Gebäudenutzer und Einsatzkräfte der Feuerwehr sowie
- die Dimensionierung der Brandschutzmaßnahmen, so dass Todesopfern und Verletzten vorgebeugt wird und Folgen eines Konstruktionsversagens minimiert werden.
Bauteile und Tragwerke können im Wesentlichen über die brandschutztechnischen Bemessungsregeln im Teil 1-2 der Eurocodes nachgewiesen werden. In bestimmten Fällen (zum Beispiel Holzbaudetails) wird man sich auf Literaturangaben oder Laborproben verlassen müssen, um Brendverhalten oder Feuerwiderstand nachzuweisen.
Im Bereich der Ingenieurmethoden ist es möglich, anstatt der sehr restriktiven Nominalbrandkurve, die Naturbrandkurve zu verwenden, die die reale Brandlast berücksichtigt und vielfach günstiger ausfallen wird. Allerdings reicht es nicht mehr aus, ein einzelnes Bauteil im Brandfall nachzuweisen, sondern es sind Bauwerksteile oder das gesamte Bauwerk nachzuweisen.

In der Regel tritt ein Konstruktionsversagen zu einem Zeitpunkt ein, in dem Rauchgase oder Wärmeübertragung bereits ein Niveau erreicht haben, welches die sichere Evakuierung der Personen verhindert. Infolgedessen ist die Dimensionierung der Bauteile und Tragwerke alles andere als ausreichend.
Während in der Prä-Flashover-Phase das Brandverhalten der Materialien sowie die Evakuierung zentral sind, geht es in der Post-Flash-Over-Phase, in der menschliches Überleben nicht mehr möglich ist, um den Feuerwiderstand und die Standsicherheit.
Bei den Nachweisen zur Personensicherheit besteht der internationale Stand der Technik derzeit darin, die verfügbare Räumungszeit (engl.: ASET – Available Safe Egress Time) mit der für die Räumung benötigten Zeit (engl.: RSET – Required Safe Egress Time) zu vergleichen. Beide Zeiten werden über Simulationen ermittelt, wobei ASET das Minimum der ermittelten Werte ist.
Die verfügbare Räumungszeit ASET wird eingeschränkt durch:
- Höhe der raucharmen Schicht
- Optische Rauchdichte / Erkennungsweite
- Rauchgastoxizität / Gaskonzentrationen
- thermische Einwirkungen aus Wärmestrahlung und Konvektion.
Die erforderliche Räumungszeit RSET setzt sich zusammen aus der Zeitspanne vom Beginn des Brandes bis zur Detektion des Brandes, der Zeitspanne von Detektion bis zum Auslösen des Alarms, einer Reaktionszeit vom Auslösen des Alarms bis zum Beginn der Fluchtbewegung und der Zeit vom Beginn der Fluchtbewegung bis zum Erreichen eines sicheren Bereiches.
Die Bewegungszeit umfasst auch eine Fremdrettung. Mikroskopische Modelle sind in der Lage, die Bewegungszeit oder die Fluchtzeit (Reaktionszeit plus Bewegungszeit) aus der individuellen Bewegung aller beteiligten Personen zu bestimmen.
Makroskopische Modelle berechnen die Bewegungszeit als Überlagerung einer für das Zurücklegen des Weges notwendigen Zeit und einer für das Passieren der geometrischen Engpässe erforderlichen Zeit.
Das wesentliche Kriterium ist, dass die für eine Selbstrettung der Personen benötigte Zeitspanne RSET kleiner ist als die Zeitspanne, innerhalb derer die Belastung durch Rauch- und Wärmeausbreitung innerhalb akzeptabler Grenzen bleibt ASET.
Weil Modellberechnungen bei fehlerhafter Festlegung der Parameter jedes, nahezu beliebiges, Ergebnis liefern können, sind die Ergebnisse zwingend zu validieren.
Ziel des FSE ist es, das Brandverhalten realistischer abzubilden und dadurch effizientere Lösungen zu finden.
Literatur:
[1] Kevin LaMalva, Danny Hopkin: „International Handbook of Structural Fire Engineering“, Springer, Cham 2022
[2] Morgan Hurley: „SFPE handbook of fire protection engineering“, Springer, New York 2016
[3] Technisch-Wissenschaftlicher Beirat (TWB) der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V.: „Leitfaden Ingenieurmethoden des Brandschutzes“, Münster 2020


Hinterlasse einen Kommentar