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Unvorhergesehenes beim Bauen: Grundwasser und Baugrundrisiko

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Der Grundwasserspiegel sowie der Baugrund sind zwei typische Unsicherheiten bei Baustellen, die Verzögerungen, Mehrkosten und juristische Auseinandersetzungen bewirken können. Es ist von Beginn an wichtig, sich der Verantwortung im Klaren zu sein und sich abzusichern.

Bauprojekte in Bozen hatten in den letzten Jahren unter dem steigenden Grundwasserspiegel zu leiden. Einerseits sind es zunehmende extreme Niederschlagsereignisse, andererseits Bauprojekte, die das Grundwasser stauen und lokal ansteigen lassen. Der mittlere Grundwasserspiegel ist in Bozen seit 2008 um rund 4 Meter von minus 24 auf minus 20 Meter gestiegen, wie die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ 2024 in Bezug auf das Projekt „Walther Park“ berichtete. Hinzu kommen jahreszeitliche Schwankungen, die durchaus 7 Meter ausmachen können.

Werden Bauprojekte geplant, sind folglich die Grundwasserstände in den verfügbaren Piezometern zu messen, aber auch Tendenzen und jahreszeitliche Schwankungen abzuschätzen. Betrachtet werden sowohl durchschnittliche als auch außerordentliche Grundwasserniveaus. Weiters müssten auch noch statistische Schätzungen vorgenommen werden, die sich auf die Entwicklung des Grundwasserstandes mit Bezug auf die Nutzungsdauer des Bauwerkes beziehen.

Auszug Projekt „Walther Park“ Bozen

Liegt der Grundwasserspiegel höher als angenommen, ergeben sich die allfälligen Fragen nach der Haftung für Umplanungen und Verzögerungen. Der Kernpunkt ist die Frage nach der „höheren Gewalt“.

Andererseits ergeben sich beim Bauen naturgemäß Differenzen zwischen Baugrundmodell und Wirklichkeit. Geologische Untersuchungen werden in der Regel punktuell vorgenommen. Es handelt sich in der Regel um Annahmen. Eine „geologische Unvorhersehbarkeit“ („Imprevisto geologico“) kann nur dann auftreten, falls der durchschnittlichen Sorgfaltspflicht nachgekommen wurde. Der Grat zwischen „geologischer Unvorsehbarkeit“ und dem „Planungsfehler“ („errore progettuale“) ist letztlich juristisch zu klären.

Faktisch können diverse Fälle angenommen werden:

  • Geologische Unvorhersehbarkeit ohne oder mit geringer Auswirkung
  • Geologische Unvorhersehbarkeit mit mittlerer Auswirkung
  • Geologische Unvorhersehbarkeit mit großer Auswirkung
  • Geologische Unvorhersehbarkeit mit extremer Auswirkung

Die Einteilung könnte in Relation zur Baukostensteigerung vorgenommen werden.

Die Rechtsprechung definiert jene Umstände als „höhere Gewalt“, die mit einer gewöhnlichen Sorgfalt nicht festgestellt werden konnten („circostanza non vincibile con l’ordinaria diligenza“). In jedem Fall handelt es sich um Umstände, die mit dem spezifischen Baugrund zusammenhängen. Die Überschwemmung eines Flusses in der Umgebung, die Einfluss auf die Baustelle hat, ist in jedem Fall eine höhere Gewalt.

Als höhere Gewalt gelten Schäden an den Arbeiten, die durch unvorhersehbare und außergewöhnliche Ereignisse verursacht werden und bei denen der Auftragnehmer die üblichen Vorsichtsmaßnahmen nicht vernachlässigt hat.

Entsprechen die Annahmen im geologischen und geotechnischen Bericht nicht der Wirklichkeit, haftet in erster Linie derjenige, der das geologische Gutachten erstellt hat. Der Bauherr kann haftbar gemacht werden, wenn er keine sorgfältigen geologischen Untersuchungen ermöglicht hat.

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