Die Tiroler standen 1848, 1859 und 1866 für das deutsche Tirol in Waffen. Die Tiroler Grenzkämpfe sind nicht weniger bedeutend, als der Tiroler Freiheitskampf 1809. Im Gegenteil: Hätte Österreich die Gefahr aus dem Süden wahrnehmen wollen, wären unheilvolle Entwicklungen vielleicht zu verhindern gewesen.
1866 spitzte sich der Konflikt zwischen Österreich du Preußen rund um die Vorherrschaft im Deutschen Bund zu.
Aus österreichischer Sicht galt Preußen als Unruhestifter, weil es die Ordnung des Deutschen Bundes immer aggressiver unterlief. Preußen strebte wirtschaftlich und politisch nach oben, baute sein Heer massiv aus.
Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck verfolgte ein klares Ziel: Österreich aus der deutschen Politik verdrängen und Preußens Vormachtstellung sichern.
Schleswig-Holstein wurde der konkrete Anlassfall. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg wurden Schleswig von Preußen und Holstein von Österreich verwaltet. Preußen versuchte wiederholt, ohne Zustimmung des Deutschen Bundes, im eigenen Interesse, politischen und militärischen Einfluss in Schleswig und Holstein zu sichern.
Provokant wirkte der preußische Einmarsch in Holstein entgegen dem von Österreich eingeschlagenen Weg über den Bundestag, was als Verletzung des Bundesrechts verstanden wurde.
Darüber hinaus betrieb Preußen eine ausgeklügelte Bündnispolitik. Der italienische König Viktor Emanuel verbündete sich mit Preußen, Bismarck sicherte zwar Venetien zu, setzte aber an den Grenzen des Deutschen Bundes eine Grenze. Unverbindlich sicherte er zu, dass er sich einer italienischen Besetzung des Trentinos nicht widersetzen werde. Österreich verbündete sich hingegen mit Frankreich und sicherte den Franzosen die deutschen Gebiete links des Rheins zu.
Am 14. Juni 1866 beschloss der Deutsche Bundestag in Frankfurt auf Antrag Österreichs, die Bundestruppen gegen Preußen zu mobilisieren, da Preußen mit dem Einmarsch in Holstein gegen Bundesrecht verstoßen habe. Dieser Beschluss kam einer bundesrechtlichen Kriegserklärung gegen Preußen gleich. Preußen wies die Entscheidung zurück, erklärte daraufhin am 15. Juni, der Deutsche Bund sei durch das Vorgehen Österreichs aufgelöst, und begann militärische Operationen gegen verschiedene Bundessstaaten. Österreich seinerseits erklärte Preußen am 17. Juni offiziell zum Feind des Bundes und machte damit den Krieg formell.

Österreich war in Tirol wieder einmal zögerlich. In Tirol selbst war man sich seit Langem über die italienischen Aggressionen bewusst. Allerdings ließen es die innenpolitischen Komplikationen in Österreich nicht zu, diese Gefahren offen anzugehen, weil man dadurch den Deutschfreiheitlichen in die Hände gespielt hätte, zumal die Klerikal-Konservativen an ein übernationales Tirol appellierten, das eine Illusion blieb.
Die österreichische Staatsregierung wollte nur in jenen Tiroler Gebieten einen Landsturm bilden, in denen die Gefahr akut war, letztlich blieb es bei Absichten.
Die effektive Initiative zum Grenzschutz kam von Freiwilligenformationen an der Universität Innsbruck. Vertreter der Studentenverbindungen riefen am 11. Mai 1866 die „Freiwillige akademische Scharfschützenkompanie“ ins Leben, der Gymnasiasten aus Innsbruck, Bozen und Meran beitraten. Der Historiker und Burschenschafter Julius von Ficker schloss sich der Kompanie als Ehrenleutnant an. Rückblickend bemerkte von Ficker: „Während Deutschland vom Bruderkriege zerrissen war, nahmen wir an einer durchaus deutschen Aufgabe teil, nämlich an Schutze der Grenze Deutschlands gegen Fremde„.
In Wien entstanden im Mai die „Erste Wien-Tiroler Scharfschützenkompanie“ sowie ein „Zweite Wien-Tiroler Scharfschützenkompanie“. In Innsbruck entstand im Juni die „Erste Freiwillige Scharfschützenkompanie Innsbruck-Sonnenburg“.
In Welschtirol wollten zwar einzelne Gemeinden Landesschützenkompanien bilden, es wurde aber keine Landesverteidigung aufgebaut. Tirol bestand längst aus verschiedenen Realitäten.
Generalmajor Franz Freiherr von Kuhn wurde die Landesverteidigung Tirols anvertraut, der nicht nur drei Kaiserjägerregimenter, sondern 35 Landesschützenkompanien und vier Scharfschützenkompanien befehligte und die wichtigsten Alpenpässe besetzte. Die garibaldinischen Freiwilligen eröffneten erst am 25. Juni, verspätet, das Feuer, kämpften sich voran. Gestoppt wurden die garibaldinischen Heerscharen durch die italienische Niederlage bei Custozza am 24. Juni, sodass die Freiwilligenkorps am 26. Juni zum Rückzug nach Saló und Brescia befehligt wurden.
Feldmarschall Erzherzog Albrecht, der die gesamte österreichische Armee in Italien befehligte, verfolgte die Absicht der Offensive. Die Tiroler sollten vom Stilfser Joch und vom Tonalepass vorrücken. Letztlich waren die Opfer auf beiden Seiten zahlreiche, die italiener konnten am 3. Juli den Monte Suello besetzen.
Die Österreicher waren im Rückzug, erlitten am 3. Juli bei Königgrätz die entscheidende Niederlage gegen Preußen. Feldmarschall Albrecht musste die Truppen vom Süden an die Donau verlegen. In Tirol verblieb ausschließlich ein Korps mit 25.000 Mann.
Bismarck drängte auf rasche Verhandlungen, um eine russische oder französische Intervention zu verhindern. Zudem wollte er Österreich nicht demütigen, verlangte keine Gebietsabtretungen an Preußen. Es ging ihm darum, weitere italienischen Ansprüche gegenüber Österreich, die über Venetien hinaus gingen, abzuwehren. Dem Machtpolitiker Bismarck ging es aber auch darum, seine innenpolitischen Ziele schnell umzusetzen.
Italien wollte gegen den Isonzo und bis nach Wien vorrücken. General Enrico Cialdini sollte mit einer Division von 10.000 Mann über die Valsugana nach Trient rücken und sich mit Garibaldi verbinden, der aus Südwesten anrückte. Die Freischaren Garibaldis umfassten inzwischen 38.000 Mann. Mitte Juli standen die Italiener vor dem Einfall in das Ledrotal.
Erst am 17. Juli 1866 appellierte – äußerst spät – Kaiser Franz Joseph an das Tiroler Volk, den Landsturm zu organisieren. In Nordtirol formierten sich neue Scharfschützenkompanien.
Indessen organisierten sich die Tiroler selbst. Am 31. Juli 1866 wurde im Bote für Tirol und Vorarlberg ein Telegramm veröffentlicht: „Liebe Nordtiroler! Wir deutsche Südtiroler sind in Gefahr. Wir bitten Euch, kommt uns zu Hilfe und rückt schnellstens an unsere Grenze. Die Etschländer Gemeinden.“

Durch gezielte Angriffe versetzten die Tiroler Kompanien und die regulären österreichischen Truppen die Italiener in die Defensive. Der vorläufige Waffenstillstand zwischen Österreich und Italien erfolgte am 12. August.
Im Prager Frieden wurde der Deutsche Bund am 23. August 1866 aufgelöst. Österreich konzentrierte sich in der Folge auf Ungarn und befasste sich mit den vielfältigen und aussichtslosen Problemen des Vielvölkerstaates.
Im Frieden von Wien kam Venetien am 3. Oktober an Frankreich und dann an Italien.

Julius von Ficker bemerkte, dass das politische Deutschland durch den Austritt Österreichs aus dem Deutschen Bund aufgehört habe, zu sein, dass aber das Deutschland der Sprache und des Volkstums, der Kunst und Wissenschaft, der gemeinsamen tausendjährigen Geschichte weiter bestehe, dem Österreich und Tirol angehören.



In Summe ergibt die Übersicht der freiwilligen Kompanien 3.920 Schützen, eingeteilt in Verpflegungsstand (Gesamtbestand) und streitbaren Stand. Hinzu kamen Studentenkompanien und Scharfschützenkompanien, an denen sich die Turner tatkräftig beteiligten. Daraus ergaben sich über 4.500 Schützen.


Österreich stürzte nach den Niederlagen 1859 und 1866 in eine tiefe außenpolitische und innenpolitische Krise.
Literatur:
[1] Josef Fontana: „Geschichte des Landes Tirol, 4 Bände in 5 Teilen“, Athesia-Tyrolia, Bozen-Innsbruck 1985–1990
[2] Verlag des k.k. Generalstabes: „Österreichs Kämpfe im Jahre 1866, Band 2“, C. Gerold’s Sohn, 1869
[3] Ludwig Brunswik von Korompa: „Die kriegerischen Ereignisse in Innerösterreich, Tirol, Vorarlberg und im Isonzo-Gebiet : 1796 – 1866“, Wagner Verlag, Innsbruck 1907


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