Es entspricht dem Lebensgefühl unserer Zeit, im Bereich von Bauwerken auf Robustheit, Ehrlichkeit der Konstruktion und Dauerhaftigkeit setzen zu wollen. Beton und Sichtbeton nehmen darin eine Schlüsselrolle ein. Insbesondere die Analogie des „rohen“ Betons zum Naturstein wirkt attraktiv und es kann infolgedesssen beim modernen Bauen von einem „neuen Brutalismus“ die Rede sein.
Die Attraktivität von Beton ergibt sich aus dem industriellen Charme. Das Sichtbare ist das Funktionelle und Tragende. Zudem ist Beton – innerhalb von Grenzen – flexibel gestaltbar und flächig anwendbar. Zu bedenken ist allerdings, dass die Betonoberfläche zwar flexibel wirkt, dahinter allerdings eine Bewehrung anzuordnen ist, die in der Regel nicht flächig ist, sondern in zwei Richtungen wirkt.
Holz und Beton sind faktisch keine Konkurrenten. Da und dort kann bestimmt Holz gegenüber Beton der Vorzug gegeben werden. Ob Holz, Beton, Stahl oder Glas, zunehmend aber auch Baumaterialien wie Lehm: Jeder Werkstoff hat seine spezifischen Vorteile. Im Hybridbau werden die Grenzen ohnehin „gesprengt“.
Die Oberflächengestaltung von Beton ist in verschiedenen Varianten möglich:
- Sichtbeton mit Schalungstextur (klassischer Sichtbeton)
- Sichtbeton mit glatter Schalung
- Steinmetzartige Bearbeitung von Betonoberflächen
- Bearbeitung von Betonoberflächen mit Strahlmitteln (Kugelstrahlen, Sandstrahlen), um die oberste Mörtelschicht zu entfernen und das Korngerüst freizulegen
- Waschbeton, bei dem die oberste Mörtelschicht ausgewaschen und das Korngerüst freigelegt wird
- Geschliffene und polierte Betonoberflächen (Terrazzo)
- Beschichtete Betonoberflächen
Sichbeton ist in diesem Kontext ein Meisterwerk, weil Ausführungsplanung, Ausschreibungsplanung, Tragwerksplanung, Bewehrungs- und Schalpläne, Betontechnik, Schaltechnik, Nachbehandlung, Mängelbeseitigung Hand in Hand gehen müssen.


Versagt das Bauteil, weil die Verformungen zu groß werden und sich Risse öffnen, ist damit tauch der ästhetische Charakter der Sichtbetonoberfläche beeinträchtigt. In der Regel muss dann irgendjemand zur Rechenschaft gezogen werden, am Naheliegendsten ist es der Tragwerksplaner. Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht, weil sich die Frage stellt, was genau in welcher Qualität ausgeschrieben und was letztlich vertraglich geschuldet war.
Ganz am Beginn stehen die eindeutigen, vollständigen, nachprüfbaren und unmissverständlichen Vereinbarungen und Festlegungen zur Oberflächenbeschaffenheit des Betons.
Literatur:
[1] Martin Peck (Hrsgb.): „Atlas Moderner Betonbau: Konstruktion, Material, Nachhaltigkeit“, Detail Verlag, München 2013


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